SinnfrageSind Männer arm dran, Herr Verhoeven?

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Regisseur Simon Verhoeven spricht über Männlichkeit. (Bild: dpa)

Regisseur Simon Verhoeven spricht über Männlichkeit. (Bild: dpa)

KÖLNER STADT-ANZEIGER In Ihrem Film probieren die Protagonisten verschiedene Interpretationen von Männlichkeit. Wie ist denn der Mann von heute so?

SIMON VERHOEVEN Den Mann von heute gibt es gar nicht. Die Lebensmodelle und Prototypen, an denen man sich orientieren kann, sind so vielfältig geworden - man kann den Mann von heute nur porträtieren, wenn man unterschiedliche Geschichten erzählt.

Haben es die Männer deswegen heute schwerer?

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VERHOEVEN Schwerer würde ich nicht sagen. Früher mussten sie viel schneller erwachsen werden, mussten ins Berufsleben gehen, Verantwortung übernehmen, weil sie früher geheiratet haben und automatisch der Ernährer waren. Ich finde, es ist eine spannende Zeit, um Mann zu sein - einerseits sind wir alle mittlerweile erzogen zu frauenverstehenden Sensibelchen, andererseits wollen Frauen auch immer noch ein bisschen den Kerl. Wenn wir zu verständnisvoll sind, ist die Frau plötzlich weg. Ich finde, es ist nicht schwerer geworden, sondern spannender. Und verwirrender.

Sie haben eine romantische Komödie gemacht - für Männer.

VERHOEVEN Frauen gefällt der Film aber auch! Außerdem: Männer sind schon sehr romantisch, sie trauen sich nur manchmal nicht richtig, weil sie mal eins auf die Glocke bekommen haben. Männer sind ja sonst in romantischen Komödien immer entweder der Typ, bei dem von Anfang an klar ist, der ist der Richtige, oder sie sind der böse Macho, der sich dann aber wandelt. Aber so wirklich realistisch mit all ihren Widersprüchlichkeiten und Unsicherheiten tauchen Männer da nie auf. Ich wollte schon auch ein bisschen Verständnis wecken - bei Frauen hat man das schließlich auch.

In Ihrem Film übernehmen die Männer sogar die Frauenrolle: Sie suchen nach der großen Liebe.

VERHOEVEN Stimmt - es ist ein bisschen wie Sex and the City über Männer. Nur: Männer reden eben nicht ganz so viel über die große Liebe - und sie haben auch nicht unbedingt so einen klaren Plan. Frauen wissen oft schon früher im Leben, dass man nicht so viele Wege gleichzeitig gehen kann - vielleicht auch, weil sie biologisch eher daran erinnert werden, dass das ganze nicht nur Jux und Dollerei ist.

Stichwort große Liebe: Ihre Eltern sind seit über 40 Jahren verheiratet. Glauben Sie, dass das bei Ihnen auch klappt, mit der großen Liebe?

VERHOEVEN Meine Eltern werden oft nach einem Rezept gefragt, aber sie haben keins. Meine Eltern haben sich einfach gefunden. Das ist einfach Glück, jemanden zu treffen, bei dem so klar ist, dass man das Leben mit ihm verbringen möchte. Klar wünsche ich mir das auch. Aber mir ist mittlerweile auch klar - ich habe ja schon ein paar gescheiterte Beziehungen hinter mir - dass man so etwas nicht erzwingen kann.

Haben Sie denn durch den Film zumindest ein bisschen Klarheit gewonnen?

VERHOEVEN Christian Ulmen meint, ich müsste multiple Persönlichkeiten haben. Weil ich mich wirklich mit allen Figuren identifizieren konnte. Für mich ist es so, als würde ich gerade erst wieder zu mir kommen und mich fragen: Wow - und was sagt das jetzt über dich? Und wie geht's jetzt bei dir weiter? Du musst ja jetzt auch mal zu Potte kommen.

Das Interview führte Silke Offergeld

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