„So kann es nicht weiter gehen“Der FC macht sich für Reformen und Task-Force stark

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt (2)

Die Verantwortlichen des 1. FC Köln zeigen sich zuversichtlich, dass zum Saisonstart Mitte September zumindest eine Teil-Rückkehr der Fans ins Stadion möglich sein wird. Die aktive Fanszene allerdings hat andere Vorstellungen.

  • Inmitten der Pandemie geht das Ringen um einen anderen Profifußball weiter.
  • Vor allem die Fans, die zuletzt aus Sicherheitsgründen aus den Stadien verbannt wurden, wollen deutlich mehr gehört werden.
  • FC-Sportchef Horst Heldt macht sich für die geplante Task-Force zur Zukunft des Profi-Fußballs stark. Er sagt, wer dieser angehören und was sich verändern soll.

Köln – Die Bundesliga-Saison 2019/2020 in Corona-Zeiten ist seit knapp einem Monat Vergangenheit, die neue befindet sich mitten in der Planung. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat den Bundesligisten einen Leitfaden für die Teilrückkehr von Fans in die Stadien an die Hand gegeben. Die Vereine können auf Grundlage des Leitfadens Konzepte entwickeln, wobei die finale Entscheidung den Gesundheitsbehörden vor Ort obliegt.

Inmitten der Pandemie geht allerdings das Ringen um einen anderen Profifußball weiter. Vor allem die Fans, die zuletzt aus Sicherheitsgründen aus den Stadien verbannt wurden, wollen deutlich mehr gehört werden. Die Corona-Krise hat in ihren Augen die Symptome des erkrankten Systems nur noch deutlicher gemacht.

96 FC-Fanklubs unterstützen neues Bündnis

„Wir wollen nicht zurück zu einem kaputten System. Wir fordern Vereine und Verbände auf, vor dem Beginn der kommenden Saison zu handeln“, heißt es in einem Aufruf des neuen Fan-Bündnisses „Unser Fußball“. Es fordert ein Umdenken beim Verband und bei den Vereinen. Die Zukunft des Fußballs müsse grundlegend neu gestaltet werden. Das Bündnis hat eine Erklärung mit Forderungen verabschiedet (fairer Wettbewerb, gesellschaftliches Vorbild, demokratisch und wirtschaftlich nachhaltig, der Fußball lebt durch seine Fans) und übergibt diese der DFL und dem DFB. Die Erklärung wird von einer durchaus breiten Masse getragen, bisher haben es rund 2400 Fanklubs unterschrieben, darunter 96 des 1. FC Köln.

Während Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge das Bündnis bereits kritisierte und der aktiven Fanszene eine zu fordernde Haltung vorwarf, stießen die Forderungen bei anderen erst einmal auf Verständnis. Doch nicht nur beim Bündnis wartet man nach dem Verständnis auch auf Taten.

Horst Heldt: Der Fußball kann sich jetzt verändern

Horst Heldt, der Sportchef des 1. FC Köln, ist der Meinung, dass es ein „Weiter so“ im Profifußball nicht mehr geben kann. Er habe die Hoffnung und würde „sich freuen“, wenn sich der Fußball in und nach der Pandemie verändere. Der 50-Jährige macht sich im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ noch einmal explizit für die von DFL-Geschäftsführer Christian Seifert ins Spiel gebrachte Task Force „Zukunft Profifußball“ stark, die zum Ligastart im September ihre Arbeit aufnehmen soll. „Ich glaube, dass der Fußball jetzt die Chance hat, sich neu zu justieren. Man muss natürlich definieren, wie man den Fußball verändern will. Und deshalb bin ich für die Task Force, die wertneutral und unabhängig an das Thema herangehen sollte.“

Dort sollten nicht nur Experten aus dem Fußball vertreten sein. Der Manager denkt neben den Fans an aktuelle und ehemalige Verantwortliche, an Spieler, Medien, Politiker und Ethiker. „Wir dürfen keinen vergessen“, sagt Heldt, der konstatiert: „Der Fußball steht in der berechtigterweise in der Kritik. Ihm wird vorgeworfen, den Kontakt zur Basis verloren zu haben. Das ist die Wahrnehmung vieler Menschen. Und deshalb muss man sich fragen, warum das so ist. Daher ist es lohnenswert, sich Gedanken zu machen. Jeder soll seine Position oder sein Anliegen vertreten, aber er muss auch bereit sein, Kompromisse zu schließen. Wir müssen uns dafür die Zeit nehmen, es richtig zu machen.“

Was sich konkret verändern muss, dem wollte Heldt noch nicht vorgreifen. Nur so viel: „Der Fußball sollte so sein, dass es wieder einfacher wird, sich dauerhaft mit ihm zu identifizieren.“ Man solle zudem anerkennen, dass der Fußball in der Mitte der Gesellschaft stehe und ein wichtiger Faktor sei. Um Themen wie 50 plus 1 und die Einführung von Gehaltsobergrenzen gehe es ihm aber nicht. „Die Bundesliga muss auch international konkurrenzfähig bleiben.“

Unterschiedliche Sichtweisen bei Fan-Rückkehr

Die Einführung von Gehaltsobergrenzen würden europäische Top-Klubs auch kaum mittragen. Der Weg zu echten Reformen ist sehr lang, wenn diese ihn torpedieren. Doch Hoffnung macht schon mal, dass sich die Bundesliga-Macher angesichts der Krise bereits beim Neustart auffallend demütig gaben. Und auch einige Profis haben offenbar gelernt. Es waren zuletzt nicht mehr so oft die für viele abstoßenden Fotos von protzenden Spielern zu sehen, sondern auch welche von nachdenklichen und engagierten Spielern, die wie Joshua Kimmich und Leon Goretzka eine Spendenaktion für soziale Einrichtungen initiierten.

Das könnte Sie auch interessieren:

Doch schon beim Thema der Rückkehr der Fans wurden auch beim 1. FC Köln die unterschiedlichen Sichtweisen deutlich. Die vom Verein vorgestellte Dauerkarten-Regelung stieß auf teilweise heftige Kritik. Die als Südkurve Köln zusammengefassten Fans, die auch die Ultra-Gruppen vertreten, gaben sich verstimmt. Für einen Teilzugang stünden die Ultras aber ohnehin nicht zur Verfügung. Ihr Motto: alle oder keiner.

Horst Heldt will um jeden Zuschauer „kämpfen"

Doch einen Saisonstart mit allen in vollen Stadien wird es nicht geben. Horst Heldt ist allerdings zuversichtlich, dass die Geisterspiele ein Ende haben und überhaupt wieder Zuschauer ins Kölner Stadion zurückkehren. „Das ist unser Ziel. Ausgehend vom DFL-Leitfaden arbeiten wir an einem Konzept. Die Gesundheitsbehörden vor Ort sind die Entscheidungsträger. Wir möchten gerne Zuschauer bei uns haben – und zwar so viele wie möglich, jeder einzelne Fan ist wichtig für uns. Dafür kämpfen wir. Ich hätte gerne 50.000 Fans und ein volles Haus – am liebsten ab September. Doch die Welt ist im Moment eine andere, das müssen wir respektieren.“

KStA abonnieren