Nach 1:2-Pleite in BremenSamstag droht dem 1. FC Köln die Einstellung des Negativ-Rekords

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Kölns Offensivspieler Faride Alidou hadert nach dem Abpfiff mit der 1:2-Niederlage in Bremen.

Enttäuschung pur: Kölns Offensivspieler Faride Alidou hadert nach dem Abpfiff mit der 1:2-Niederlage in Bremen.

Beim FC grassiert nach dem 1:2 in Bremen Fassungslosigkeit auf allen Verantwortungsebenen. Jetzt kommen die starken Stuttgarter nach Köln.

Die Kölner konnten auch eine ganze Weile nach dem Schlusspfiff in Bremen noch nicht begreifen, was ihnen da passiert war. „Wir haben eine sehr gute erste halbe Stunde gespielt. Die zweite Halbzeit war aber nicht annähernd das, wie ich mir Fußball vorstelle. 30, 40 Minuten reichen nicht aus, um ein Bundesligaspiel zu gewinnen“, fasste Steffen Baumgart nach der 1:2 (1:1)-Niederlage des 1. FC Köln im Weserstadion zusammen.

Der FC hat mir nur einem Punkt aus fünf Spielen einen kapitalen Fehlstart hingelegt. Nur einmal starteten die Kölner in der Historie schlechter in eine Saison. Kommenden Samstag (15.30 Uhr) im Heimspiel gegen den furios gestarteten VfB Stuttgart droht die Einstellung des Negativ-Rekords (sechs Spiele, ein Punkt).

Nach dem Abpfiff in Bremen grassierte Fassungslosigkeit auf allen Verantwortungsebenen. Beim Trainer, bei den Spielern. Und auch bei Christian Keller, dem Geschäftsführer. „Die Bremer haben uns aufgefressen“, sagte der 44-Jährige. „Extrem große Abstände“ hätten die Kölner in der zweiten Halbzeit gehabt, den Ball nicht mehr gewollt. Symptome einer womöglich tieferen Problematik. „Ich kann die Fehler nennen. Aber ich kann nicht erklären, warum wir uns nichts mehr zugetraut haben. Wenn ich nur die erste Halbzeit nehme, gehen wir als klarer Sieger vom Platz. So aber sind wir der verdiente Verlierer, und das ist bitter.“

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Nach einer starken halben Stunde hatte Davie Selke per Kopf das 1:0 erzielt, sieben Minuten später aber zeigte sich eine erste Lücke im Kölner System, als Marvin Ducksch im Mittelfeld zu viel Raum und damit die Gelegenheit hatte, Borré mit einem perfekten Steilpass einzusetzen. Weil die letzte Kölner Abwehrreihe zu tief stand und trotzdem noch versuchte, auf Abseits zu spielen, hatte der Kolumbianer freie Bahn und glich aus. Zwar blieb die Partie bis zur Pause ausgeglichen. Doch zum dritten Mal in dieser Saison hatte Köln eine Führung hergegeben. Der Trend zeigte erneut nach unten.

In der zweiten Halbzeit zeigte sich dann eine Kräfteverteilung, die man zuvor beiden Mannschaften nicht zugetraut hätte: Weder den Bremern, die in rätselhafter Formation begonnen hatten, was offenbar daran gelegen hatte, dass Trainer Ole Werner seine Mannschaft nach dem 2:4 in Heidenheim tüchtig umgebaut hatte. Noch von Köln, das an die ordentliche Vorstellung beim 1:3 zu Hause gegen Hoffenheim anzuknüpfen schien. Nur diesmal gegen eine schwächere Mannschaft. „Wir sind brutal enttäuscht, denn wir hatten erstmals nach fünf Spieltagen einen Gegner, der uns auch von der Kaderstärke auf Augenhöhe begegnet.“

1. FC Köln: Nach guter erster Halbzeit kollabiert das Spiel der Baumgart-Elf

Während das Kölner Spiel kollabierte, wuchs Werder über sich hinaus. Romano Schmid, am Osterdeich zuletzt für seine Harmlosigkeit kritisiert, sah im zweiten Durchgang plötzlich aus wie ein Weltstar. Der 1,68 Meter kleine Österreicher gewann nach der Pause vier seiner fünf Dribblings und ließ die Leute auf den ausverkauften Tribünen staunen. Und Köln verlor jeden Mut.

Christian Keller sprach später bei der Beschreibung der Kölner Taktik von „vermeintlichen“ Führungsspielern, was die Enttäuschung des Chefs dokumentierte. Der FC hatte es in Bremen mit einer neuen Variante im Mittelfeld versucht. Kapitän Florian Kainz, im Verlauf der vergangenen Saison von der linken Seite auf die zentrale Offensivposition gewechselt, spielte am Samstag im defensiven Mittelfeld, zum ersten Mal überhaupt in seiner Profikarriere.

Steffen Baumgart sah die Ursachen der Niederlage allerdings nicht in der neuen Rollenverteilung, obgleich die mangelhafte Raumaufteilung im Zentrum der Schlüssel zum Bremer Sieg gewesen war. „Florian hat es aus meiner Sicht sehr gut gemacht. Trotzdem haben wir die Räume zu groß werden lassen, was aus meiner Sicht aber mit dem gesamten Mannschaftsverhalten zu tun hat“, sagte Baumgart.

Auch Neuzugang Luca Waldschmidt kann nicht überzeugen

Kainz selbst befand, man habe es in der ersten Halbzeit „ganz gut gemacht“. Keller beschrieb ungewollt das Dilemma des Kölner Kaders, der trotz des Schwerpunkts auf dem Flügelspiel im Sommer durch den Zentrumsspieler Luca Waldschmidt seine prominenteste Ergänzung erhielt. So ging es für den FC am Samstag darum, Waldschmidt und Kainz irgendwie gemeinsam auf dem Platz haben zu wollen, ohne den Tempo-Aspekt auf den Flügeln außer Acht zu lassen. Das Ergebnis dieser Überlegung war die Variante mit Kainz im Defensivzentrum hinter Waldschmidt und den Sprintern Maina und Ljubicic auf den Außen. Doch Waldschmidt enttäuschte auch in Bremen, was Keller offenbar zu seiner Aussage von den „vermeintlichen Führungsspielern“ animierte.

Nach 65 Minuten bauten die Kölner ihre Formation wieder zurück. Waldschmidt ging vom Platz, enttäuscht. Kainz rückte auf die Zehnerposition, Alidou auf die rechte Seite, Ljubicic ins Zentrum. Die Hoffnung hielt nur für Sekunden. Dann verlor Ljubicic einen entscheidenden Zweikampf im Mittelfeld, Bremen traf zum 2:1-Siegtreffer. „Wir wollten drei Punkte. Das ist nicht gelungen, und am Schluss auch zurecht, weil Bremen besser war“, schloss Keller.

Davie Selke blickte da schon wieder nach vorn. Die Kölner müssten nun „arbeiten und weniger reden“, sagte der Mittelstürmer. Die Mannschaft habe in der ersten Hälfte bewiesen, dass sie „jedes Spiel erfolgreich bestreiten“ könne. Nun gehe es darum, Ruhe auszustrahlen „und am Samstag gegen Stuttgart einen dreckigen Sieg zu holen“.


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