17 FC-Heimspiele, nur vier SiegeEin Jahr in Müngersdorf, das nicht zufrieden stimmt

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Die FC-Spieler bedanken sich nach dem letzten Kölner Heimspiel in diesem Jahr bei den Fans.

Die FC-Spieler bedanken sich nach dem letzten Kölner Heimspiel in diesem Jahr bei den Fans.

In der Hinrunde gewannen die Kölner sogar nur ein Heimspiel. Zwar zeigte sich der FC zuletzt in der Defensive stabiler, doch nach vorne geht so gut wie gar nichts.

Michael Trippel ist in der 25. Saison in Folge im Rhein-Energie-Stadion am Mikrofon. Der Stadionsprecher des 1. FC Köln, der sich zudem seit vielen Jahren in den Klub-Gremien engagiert und früher selbst erster offizieller Fanbeauftragter des FC war, hat ein Gespür für die Situation und die Stimmung im Fanlager. Und letztere war am Sonntag nach dem 0:0 gegen den FSV Mainz 05 ambivalent.

Die FC-Spieler bedankten sich nach dem Abpfiff noch mal kurz bei den Fans, untermalt von der FC-Hymne in ruhiger Version. Während zum Beispiel Nachbar Bayer 04 Leverkusen mit den Partien gegen Molde, Frankfurt und Bochum noch drei Heimspiele in diesem Jahr hat, war die Partie gegen Mainz für die Kölner, die noch zweimal auswärts in Freiburg und bei Union Berlin antreten müssen, die letzte in Müngersdorf im Jahr 2023. Der Abschied verlief leise, doch Trippel richtete sich noch einmal an die Anhängerschaft. „Vielen Dank für Ihre Unterstützung in diesem Jahr – und heute insbesondere für Ihre Geduld.“ Geduld – das eine Wort passte perfekt. „Das war ein spontaner Einfall aus der Situation heraus“, sagte Trippel am Tag danach.

Es ist klar, dass Unzufriedenheit da ist. Ich weiß aber nicht, ob man das immer mit Pfiffen ausdrücken muss. Ich würde es nicht tun
Timo Hübers, Verteidiger des 1. FC Köln

Einige Fans hatten diese Geduld nicht mehr aufbringen können. Es waren nach Spielende deutlich Pfiffe zu vernehmen. Kein Pfeifkonzert, aber der Unmut war unüberhörbar. Eher zum Missfallen von Verteidiger Timo Hübers: „Es ist klar, dass Unzufriedenheit da ist. Ich weiß aber nicht, ob man das immer mit Pfiffen ausdrücken muss. Ich würde es nicht tun.“ So sah es auch Torhüter Marvin Schwäbe: „Weil wir als Team, Klub und Stadt zusammenhalten müssen. Dass es kein schöner Fußball war, kann ich aber nicht abstreiten.“ Auch Trainer Steffen Baumgart war nicht begeistert – vom Spiel („ganz schwere Kost“) und den Reaktionen. Auch wenn er so tat, als habe er die nicht registriert: „Ich habe die Südkurve gehört. Und die hat uns 90 Minuten lang unterstützt.“

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Zahlende Zuschauer haben alles Recht der Welt, sich zu artikulieren, solange es im Rahmen bleibt. Aber gegen wen oder was richteten sich diese Pfiffe überhaupt?

Zuerst einmal waren sie die Quittung für den lausigen Kick. Es hat seinen Grund, warum der Drittletzte Köln (nur zehn Treffer in 14 Spielen) und der Vorletzte Mainz (zwölf) die mit Abstand torungefährlichsten Teams der Liga sind. Für die einen war das direkte Duell Abstiegskampf schlechthin, für andere einfach nur Hilflosigkeit pur. Es gilt dabei zu erwähnen, dass die Gäste im ersten Durchgang die deutlich bessere Spielanlage zeigten. Doch sie konnten ihre Dominanz nicht in Treffer ummünzen. Gegen Ende der zweiten Halbzeit war dann ein zumindest teilverbesserter FC dem Sieg eher näher, doch Jan Thielmanns abgerutschte Flanke klatschte an den Innenpfosten.

„Wir haben vieles nicht hingekriegt, was wir uns vorgenommen hatten. Es war kein gutes Spiel, aber uns hilft jeder Punkt. Mainz bleibt hinter uns, das ist ein Teilerfolg“, befand Baumgart. Und auch Hübers versuchte, den positiven Aspekt hervorzuheben. „Hinten haben wir es gut verteidigt“, sagte der Verteidiger, der neben Schwäbe noch der beste Kölner war. Doch er bemängelte auch: „Vorne haben uns Mut und Kreativität gefehlt.“

1. FC Köln: Im Spiel nach vorne geht so gut wie gar nichts mehr

Spielerische Impulse waren Fehlanzeige, echte Torchancen ebenfalls. Die Kölner bauten ihr Spiel viel zu statisch und ohne Ideen auf. Nichts mehr war vom mutigen, aggressivem Stil zu sehen, für den Baumgart lange stand. Stürmer Steffen Tigges, der für den nach einem Infekt noch geschwächten Davie Selke in die Startelf gerückt war, war technisch nicht in der Lage, die Bälle zu sichern, bekam aber auch fast keine brauchbaren Zuspiele. Auch die kreativeren Spieler wie Luca Waldschmidt, Linton Maina und Dejan Ljubicic konnten so gut wie keine Akzente setzen. Mark Uth, erst in der 75. Minute eingewechselt, könnte für mehr Qualität in der Offensive sorgen. Aber ist er nach seiner einjährigen verletzungsbedingten Pause dazu derzeit und überhaupt noch in der Lage?

Die Pfiffe hatten aber auch mit der Kölner Situation zu tun. Im gesamten Jahr 2023 gelangen dem FC in 17 Heimspielen gerade einmal vier Heimsiege und insgesamt 17 Punkte. 23 Treffer erzielte Baumgarts Team, allein sieben davon zu Beginn des Jahres beim Kantersieg gegen Bremen. Es ist keine Weiterentwicklung zu erkennen, nicht mal Stagnation, sondern ein Rückschritt.

Dafür machen etliche Fans Sport-Geschäftsführer Christian Keller und die Vereinsführung samt ihrem strikten Sparkurs verantwortlich. Der geht auf Kosten des Kaders, der deutlich schwächer geworden ist. Aber auch Baumgart bläst zunehmend der Wind ins Gesicht. Seine personellen und taktischen Entscheidungen sind nicht unumstritten. Mittlerweile wird Baumgart sogar mit dem Vorwurf konfrontiert, mit den Gedanken nicht mehr vollends beim 1. FC Köln zu sein. Nach Gesprächen auch mit seinem Umfeld kann konstatiert werden: Dieser Vorwurf entspricht nicht der Wahrheit. Derzeit ist Baumgart, der den FC nach seiner Amtsübernahme 2021 geweckt und mit ihm Erfolg hatte, auch ein Verwalter des Mangels.

Doch mit der Geduld ist es so eine Sache. Sollte es für die Kölner gar nicht mehr vorangehen, könnte sie irgendwann aufgebraucht sein. Nicht nur bei den Fans, sondern auch bei den Bossen und Baumgart. Der Trainer arbeitet daran, dass es gar nicht erst so weit kommt.

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