„Der, der zu Köln gehört“Der FC probiert es bei Skhiri mit Emotionalität

Lesezeit 4 Minuten
Ellyes Skhiri applaudiert den Fans nach dem 3:0-Sieg des 1. FC Köln gegen Eintracht Frankfurt.

Ellyes Skhiri nach dem 3:0-Sieg seiner Kölner gegen Eintracht Frankfurt

Ellyes Skhiri überragt auch beim 3:0-Erfolg gegen Frankfurt, doch der begehrte Mittelfeldspieler wird über die Saison hinaus kaum zu halten sein.

Michael Trippel, der Stadionsprecher des 1. FC Köln, hatte Ellyes Skhiri am Sonntagabend auf die kölsche Art hochleben lassen. Erst nannte er den Mittelfeldspieler des Bundesligisten bei der Verkündung des Torschützen „den Wunderbaren“, dann rief Trippel nach Skhiris zweitem Treffer zum 3:0-Endstand gegen Eintracht Frankfurt in aller kölschen Bescheidenheit durch die Stadionmikrofone: „Der, der zu Köln gehört.“

Skhiri hatte dem 1. FC Köln mit seinen zwei Treffern und einer erneut überragenden Leistung zwei vorzeitige Geschenke zum 75. Vereinsgeburtstag gemacht, den der Traditionsklub am Montag unter anderem mit einem Empfang im Rathaus und einer großen FC-Party in der Lanxess-Arena beging.

Der tunesische Nationalspieler war der herausragende Akteur beim FC, der weiterhin gegen alle vier deutschen Champions-League-Achtelfinalisten unbesiegt bleibt, die Punkte 24 bis 26 einfuhr, den Abstand auf die gefährdeten Plätze vergrößerte und in der Verfassung nichts mit der Abstiegsfrage zu tun haben dürfte.

Alles zum Thema Ellyes Skhiri

Skhiris Tore vier und fünf in 2023

Für Skhiri waren es in diesem noch jungen Jahr die Treffer vier und fünf. Was Einsatz und Laufbereitschaft angeht, macht ihm sowieso keiner etwas vor. Der 27-Jährige spulte im Spiel gegen die Eintracht mehr als 13 Kilometer ab und ist mit insgesamt über 230 Kilometern der laufstärkste Bundesligaprofi.

Vor dem 2:0 untermauerte er seine physische Extraklasse und seinen Willen mit einem grandiosen Lauf aus dem eigenen in den gegnerischen Strafraum, in dem er dann mit dem Kopf zur Stelle war. Teamkollege Benno Schmitz wurde für seine Verhältnisse gar richtig euphorisch, als er auf Skhiri angesprochen wurde: „Was Ellyes beim 2:0 für einen Weg auf sich nimmt, ist bemerkenswert.“

Voll des Lobes war auch Trainer Steffen Baumgart. Skhiri sei in der Lage, das Tempo in beide Richtungen zu gehen. „Mit solchen Aktionen beeinflusst er unser Spiel. Er macht viel richtig. Wie Ellyes vor dem 2:0 das Ding hinten verteidigt und dann vorne reinmacht, da sage ich: Hut ab!“ Doch von dessen besonderen Qualitäten wird der 1. FC Köln fast sicher nur noch bis Saisonende profitieren. Nach vier Jahren in Köln will der gebürtige Franzose, dessen Vertrag Ende Juni ausläuft, die nächste Stufe auf der Karriereleiter erklimmen – und keiner kann es ihm ernsthaft verdenken.

Der kommende Sommer könne ein ganz wichtiger in seiner Karriere werden, sagte der tunesische WM-Teilnehmer vor wenigen Tagen und wurde dabei konkret: „Mein Wunsch ist es, etwas Neues zu probieren, neue Ziele zu erreichen und Träume zu erfüllen.“ Die Kölner Verantwortlichen würden seine Ambitionen kennen.

Thomas Kessler zählt zu diesen, der Leiter der Lizenzmannschaft zeigte sich erneut beeindruckt davon, wie viel Skhiri für die Mannschaft leiste. Was dessen Zukunft angeht, wollte Kessler aber keine Luftschlösser bauen: „Die Sätze sind von Ellyes klar gefallen. Aber wenn wir eine Chance bekommen, werden wir versuchen, noch einen Fuß in die Tür zu bekommen.“

Eintracht mauert bei Skhiri

Möglicherweise ist der Gegner von Sonntag Skhiris neuer Arbeitgeber, der Mittelfeldspieler wird seit geraumer Zeit in Frankfurt als Neuzugang gehandelt. Die Eintracht sei ein „interessantes Projekt“, sagte Skhiri. Eintracht-Trainer Oliver Glasner ließ sich bezüglich eines Frankfurter Interesses allerdings nicht in die Karten schauen. „Ich habe mich nie zu Ellyes geäußert“, sagte der Österreicher nach der Partie in Köln und wollte auch nicht groß auf die Qualitäten des 27-Jährigen eingehen. Skhiri habe halt dem Spiel mit zwei Toren den Stempel aufgedrückt. Auch Glasner weiß: Dem ablösefreien Skhiri dürften sich in den kommenden Wochen noch deutlich mehr Wechsel-Optionen bieten, bereits jetzt gibt es auch Interesse aus dem Ausland. Mit seinen Qualitäten wäre er jedenfalls für viele Topklubs eine Bereicherung.

Die ist der 1. FC Köln in dieser Verfassung und mit der Begeisterung seiner Fans im Rücken auch für die Bundesliga. Während Mannschaft und Anhänger nach dem Abpfiff vor der Südtribüne des Rhein-Energie-Stadions den Sieg mit dem Höhner-Klassiker „Dat Hätz vun d’r Welt“ feierten, erklang ein paar Minuten später ein sentimentalerer Song aus der Kölner Kabine. Die ganze Mannschaft sang inbrünstig das ihr mittlerweile liebgewonnene Lied „Tommi“ der Kölner Band AnnenMayKantereit. Es handelt von Wegzug, Heimweh, Köln-Verbundenheit, Rückkehr und Kindern, die in Köln geboren sind. Das trifft auf Skhiris erste Tochter zu, alleine deshalb werde er immer einen Verbundenheit nach Köln haben, sagte Skhiri.

Doch ob Stadionsprecher Trippel mit Insiderwissen über die Zukunft des begehrten Mittelfeldspielers ausgestattet sein könnte, was einige aus Trippels Durchsage („Der, der nach Köln gehört“) herausgehört haben wollten, das verneinte Thomas Kessler postwendend: „Unser Stadionsprecher ist sehr emotional. Deswegen sollte man das nicht auf die Goldwaage legen.“

KStA abonnieren