FC in der AnalyseErfolg ohne jubelnde Profis – Baumgarts Team rennt vergeblich an

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Jubelnde Fans Ordner

Fans des 1. FC Köln feiern im Innenraum des Stadions.

Köln – Nach vier Siegen in Folge musste der 1. FC Köln am Samstagnachmittag wieder eine Niederlage einstecken, doch trotz des 0:1 vor 50.000 Zuschauern gegen den VfL Wolfsburg spielt die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart in der kommenden Spielzeit wieder im Europapokal.

Das Wichtigste zuerst

Unmittelbar nach dem Schlusspfiff gab es bei tausenden Kölner Fans kein Halten mehr. Sie stürmten den Platz und wollten ihre Mannschaft feiern, die gegen Wolfsburg immer wieder leidenschaftlich angerannt war, aber am Ende kein Fortune hatte. Das Kölner Team tat dem Anhang allerdings nicht den Gefallen und verschwand in der Kabine, was Stadionsprecher Michael Trippel auch durchsagte. Schützenhilfe leistete an diesem 33. Spieltag ausgerechnet der ungeliebte Nachbar: Da Bayer 04 Leverkusen mit 4:2 bei der TSG Hoffenheim gewann, können die Kraichgauer am letzten Spieltag den FC nicht mehr von Platz sieben verdrängen, der zur Teilnahme an den Playoffs zur Conference League berechtigt.

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Auch die Europa League ist für den FC noch möglich, doch das haben die Kölner nicht mehr in der eigenen Hand. Union Berlin gewann überraschend mit 4:1 in Freiburg, hat nun zwei Punkte mehr als der FC auf dem Konto und erwartet nun an der Alten Försterei den geretteten VfL Bochum, für den es um nichts mehr geht. Der Rückstand auf Freiburg beträgt drei Zähler, allerdings haben die Breisgauer ein um neun Treffer besseres Torverhältnis. Damit lassen sich die Hoffnungen der größten Kölner Optimisten, die noch auf die Champions League spekulierten, nicht mehr realisieren. Voraussetzung dafür, dass der FC doch noch in die Europa League kommt, ist ein Sieg am letzten Spieltag bei Alexander Wehrles VfB Stuttgart, der allerdings im Kampf gegen den Abstieg selbst unter immensem Druck steht.

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Das Tor

Das Goldene Tor erzielte ausgerechnet ein Spieler, der über 13 Jahre das FC-Trikot getragen hatte. Nmecha steckte in der 43. Minute auf Wind durch, der wiederum per Querpass den mitgelaufenen Yannick Gerhardt bediente, der aus rund acht Metern zur Führung der Gäste traf.

Gerhardt nach Tor

Yannick Gerhardt lächelt nach einem Tor in Köln.

Das war gut

Die Leidenschaft und Unermüdlichkeit der Kölner. Immer wieder rannten sie an, wollten es erzwingen. Was den Einsatz betrifft, konnte keiner der Kölner Mannschaft einen Vorwurf machen. Allerdings fehlten an diesem Tag die Konsequenz, ein paar Ideen und etwas das Glück. Manches wirkte zu umständlich. Eine bewegende Aktion, ein starkes Signal, gab es bereits vor dem Anpfiff: Die Kölner hatten 235 Plüschtiere von Maskottchen Hennes an den Spielfeldrand gelegt - als Mahnmal für die 235 im Krieg in der Ukraine getöteten Kinder. Zudem wurden über das Stadion-TV die Namen dieser Kinder eingeblendet. Der Mittelkreise war zudem als Friedenszeichen gekreidet.

Das war schlecht

Auf der Südtribüne war vor dem Anpfiff wieder eine sehenswerte Choreographie präsentiert worden, die Stimmung in der Arena war erneut bombastisch. Auf das permanente Abbrennen von Pyrotechnik hätte die Ultras allerdings verzichten können. Den ohnehin nicht auf Rosen gebetteten Verein erwartet nun eine Geldstrafe. Und dass einige Anhänger beim Platzsturm auch noch beide Tore abmontierten, sind fragwürdige Aktionen.

FC Jubel von oben

Kölner Fans stürmen das Stadion nach Abpfiff des letzten Heimspiels.

Spieler des Spiels

Pavao Pervan. Der Torhüter des VfL Wolfsburg, eigentlich nur der Vertreter von Stammtorwart Koen Casteels, hielt alles, spielte fehlerlos und brachte die Kölner damit vor allem im zweiten Durchgang zur Verzweiflung.

Momente des Spiels

Es gab gleich zwei wesentliche Aktionen, die vom Videoassistenten entschieden wurden. Einmal hatte der FC Pech mit dem VAR, da Torschütze Gerhardt hauchdünn nicht im Abseits stand. Das vermeintliche 2:0 durch Lukas Nmecha kassierte Schiedsrichter Tobias Stieler in der 55. Minute aber zu recht wegen einer Abseitsstellung aber wieder ein. Ebenfalls eine Sache von Zentimetern.

Das sagen die Trainer

Steffen Baumgart (Trainer 1. FC Köln): „Mir fällt es etwas schwer, jetzt Euphorie zu empfinden über den siebten Platz. Natürlich freut es mich, dass wir mindestens in einer internationalen Qualifikation spielen. Aber wenn ich so ein Spiel verliere, dann ärgert mich das erstmal. Mir ist heute nicht nach feiern zumute, aber wenn ich auf die Tabelle gucke, dann sehen Sie mich innerlich grinsen. Zur Leistung habe ich meiner Mannschaft gratuliert, sie haben nicht viel falsch gemacht.“

Florian Kohfeldt (Trainer VfL Wolfsburg): „Es ist eine Riesensache für die Kölner, dass sie wieder europäisch spielen. Und es ist für uns eine Riesensache, dass wir dieses Spiel gewonnen haben. Das mussten wir uns erarbeiten, es war ein wichtiger, guter Auswärtssieg. Ob er verdient war, lassen wir mal dahingestellt. Aber wir hatten die richtige Mentalität auf dem Platz.“

Das sagen wir

Vor dem Spiel waren die Träume beim 1. FC Köln groß, nach dem Abpfiff stand trotz einer Niederlage fest, dass der FC in der kommenden Saison auch wieder international spielen wird. Dafür gebührt der Mannschaft und ihrem Trainer ein großes Kompliment. Wer das nach zwei Spielzeiten, in denen die Kölner jeweils auf den letzten Drücker und auch mit reichlich Glück dem Abstieg gerade noch so entkommen waren, im vergangenen Sommer prophezeit hätte, wäre wohl mit der Zwangsjacke abgeführt worden. Doch Steffen Baumgart riss in dieser Saison alle mit, mit teilweise begeisternden, aber immer mutigen Fußball hat sich die Mannschaft mit Europa zurecht für eine überragende Saison belohnt. Viele Spieler entwickelten sich unter dem Coach deutlich weiter. Doch auch bei der Mannschaft sind durch ihre beeindruckenden Leistungen die Ansprüche gestiegen.

Vor dem 33. Spieltag war die Europa League möglich, die ist zwar immer noch drin, doch die Teilnahme an der Conference League ist jetzt wahrscheinlicher. Einige Fans konnten es schwer verstehen, dass sich die abgekämpfte Mannschaft nach dem Spiel nicht mehr den Fans zeigte. Doch man muss die Spieler und ihren ehrgeizigen Trainer verstehen: Sie hatten alles investiert, aber soeben ein Spiel verloren und haben noch ein wichtiges am letzten Spieltag in Stuttgart zu absolvieren. So ticken Sportler, und deshalb war es auch absolut verständlich, dass die Mannschaft auf das Abfeiern verzichtete. Fußball ist immer noch ein Wettkampf und weniger ein Event. Nach dem letzten Spiel wird die Feier dann nach der Rückkehr nach Köln nachgeholt. Sie würde noch größer, sollten die Kölner doch noch direkt in die Europa League einziehen.

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