Kuriose Wendungen im Liga-FinaleFC kann Bayer zum Couch-Meister machen – Stöger-Wende beim VfL Bochum

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Peter Stöger, Trainer von Ferencvaros Budapest, gibt im Oktober 2021 am Spielfeldrand Anweisungen.

Peter Stöger bisher letzte Trainerstation war Ferencvaros Budapest (bis Dezember 2021), aktuell ist der frühere FC-Coach als Sportdirektor bei Admira Wacker und als TV-Experte tätig.

Köln kann Nachbar Leverkusen schon am Samstag zum Meister machen, beim VfL Bochum galt bis Montagabend der frühere FC-Trainer Peter Stöger als Wunschkandidat.

Die aktuelle Bundesliga-Saison ist reich an Überraschungen und Kuriositäten, doch die teilweise unfassbaren Wendungen am vergangenen Spieltag setzten dem Ganzen noch die Krone auf. Der 1. FC Köln, der nach dem dramatischen 2:1-Sieg in der Nachspielzeit gegen den VfL Bochum wieder größere Aussichten auf den Klassenerhalt hat, spielte und spielt da eine nicht ganz unwesentliche Rolle.

Die 2:3-Niederlage des FC Bayern nach scheinbar sicherer 2:0-Führung beim Aufsteiger Heidenheim machte es möglich, dass ausgerechnet der FC den Nachbarn und Rivalen Bayer 04 Leverkusen zum Couch-Meister machen kann. Für die Werkself, die bei nur noch sechs ausstehenden Spieltagen jeweils 16 Punkte Vorsprung auf Bayern und den VfB Stuttgart hat, wäre es die erste und sehnsüchtig erwartete Meisterschaft der Vereinsgeschichte. Der wenig schmeichelhafte und 2002 unrühmlich erlangte Spitzname „Vizekusen“, den sich Bayer 04 selbst patentieren ließ, würde der Vergangenheit angehören.

Das Leverkusener Wunschszenario ist es sicher, den Titel aus eigener Kraft mit einem Sieg am Sonntag (17.30 Uhr, Dazn) gegen Bremen perfekt zu machen. Doch sollte der FC einen Tag zuvor (Samstag, 15.30 Uhr, Sky) tatsächlich bei den Bayern gewinnen und am späteren Abend auch Stuttgart gegen Frankfurt nichts Zählbares holen, wäre die Werkself schon vor ihrem eigenen Auftritt durch. In dem Fall wäre die Freude in Leverkusen zwar sicherlich nicht einen Deut getrübt, doch die Aussicht auf spontane Feierlichkeiten am Sonntag wäre perdu.

1. FC Köln: Stürmer Tigges über Schützenhilfe für Nachbar Leverkusen

„Es wäre sicher allen lieb, wenn wir da Schützenhilfe leisten“, sagte Kölns Stürmer Steffen Tigges, der mit seiner Mannschaft aber erst einmal Eigeninteressen verfolgt. Denn im Kampf um die Rettung wird jeder Punkt benötigt. Sport-Geschäftsführer Christian Keller hält die Lage für seinen FC beim kriselnden Rekordmeister nicht für aussichtslos: „Dass die Bayern in Heidenheim nach einem 2:0 noch verlieren, hätte niemand gedacht. Heidenheim hatte 33 Prozent Ballbesitz, trotzdem gewinnen sie es. Mal schauen, was Bayern nächste Woche macht. Wir wissen schon, wo wir hinfahren und wie die Kräfteverhältnisse eigentlich sind. Trotzdem muss jedes Spiel erst gespielt werden. Uns ist es schon einmal gelungen, das ist noch nicht allzu lange her, dort 1:1 zu spielen. Warum sollte es nicht noch einmal gelingen, dort was mitzunehmen?“

Am 24. Januar 2023 war dies der Fall. Und beinahe hätte der FC sein Gastspiel sogar gewonnen, nach dem 0:1 durch Ellyes Skhiri rettete Joshua Kimmich die Bayern erst durch einen Gewaltschuss in der 90. Minute.

Diesmal gibt es zwei völlig unterschiedliche Szenarien: Die Münchner sind noch am Dienstagabend in der Champions League gefordert. Die Aufgabe im Viertelfinal-Hinspiel beim FC Arsenal, dem Tabellenführer der Premier League, ist zwar alles andere als leicht, doch die Königsklasse bietet den Bayern die einzige Chance, eine titellose Saison noch zu verhindern. Möglich ist also, dass ihr Fokus fast nur noch auf der Champions League liegt.

Doch es könnte wiederum genauso gut sein, dass die Bayern nach den vielen Peinlichkeiten zuletzt gereizt sind und sich in der Bundesliga keine Blöße mehr geben wollen. Und auch wenn es kaum einer glauben mag: Die Mannschaft des scheidenden Trainers Thomas Tuchel ist noch nicht wieder für die Champions League qualifiziert und benötigt bei sieben Punkten Vorsprung auf den Fünften Dortmund sicher noch ein paar Zähler.

Nach Drama in Köln: Bochum entlässt Trainer Letsch – und holt nun Stöger?

Der 2:1-Sieg der Kölner durch die Tore in der Nachspielzeit von Tigges und Luca Waldschmidt hatte indes nicht nur Auswirkungen auf die eigene Situation, sondern auch personelle Folgen beim Gegner. Der VfL Bochum, der fünf der letzten sechs Spiele verlor, zog die Reißleine und entließ Trainer Thomas Letsch sowie dessen Assistenten Jan Fießer. „In unserer aktuellen Situation haben wir nicht mehr die Überzeugung, es in der bisherigen Konstellation zu schaffen“, sagte Sportgeschäftsführer Patrick Fabian. Letsch teilte mit, dass er beim VfL „tolle Momente“ erlebt habe. Und nicht nur der Klassenerhalt, dieses „besondere Erlebnis“, werde ihn „immer mit dem VfL, der Stadt und den fantastischen Fans verbinden“, ergänzte er: „Ich wünsche dem VfL Bochum alles Gute für die Zukunft – auf dass er wie aktuell auch am Ende der Spielzeit auf einem Nichtabstiegsplatz steht.“

Als Nachfolger an der Castroper Straße wurde für mehrere Stunden ein Name gehandelt, den rund um den 1. FC Köln jeder kennt. Laut „Sky“ war Peter Stöger, der von 2013 bis Dezember 2017 den FC trainierte und ihn im Mai 2017 erstmals seit 25 Jahren wieder in den Europapokal geführt hatte, der Wunschkandidat des VfL. Und zwar vorerst für eine Interimslösung bis Saisonende. Sky sollte eigentlich nicht so schlecht informiert sein, schließlich ist der 57-Jährige für den Sender als Experte tätig. Angeblich liefen bereits Verhandlungen der Bochumer mit Admira Wacker. Beim Sechsten der zweiten österreichischen Liga ist Stöger als Sportchef tätig.

Doch beim Verein aus Maria Enzersdorf wusste man nichts von einer Offerte. „Das kann nur eine Ente sein“, zitierte die „Krone“ Admira-Geschäftsführer Niklas Belihart und Sportvorstand Philipp Thonhauser. Stöger, der kurz nach seinem FC-Job den BVB trainierte und als bisher letzte Mannschaft Ferencvaros Budapest betreute, war für diese Zeitung bisher nicht erreichbar.

Peter Stöger sagt dem VfL Bochum am Montagabend noch ab

Eine Ente war es zwar nicht, es gab Kontakt zwischen Stöger und Bochum. Doch am Montagabend kam es zur Wende, der frühere Kölner Trainer sagte dem VfL schließlich ab:  „Es war ein super Gespräch, aber zu kurzfristig“, sagte der 57-Jährige gegenüber dem österreichischen Portal „Heute“. „Es wäre auch sehr interessant und für mich spannend gewesen. Ich habe überlegt, den Job anzunehmen, um mich wieder ins Gespräch zu bringen. Aber die Kurzfristigkeit hat am Ende dagegen gesprochen.“

Laut diverser Medien soll zudem Stefan Kuntz ein Kandidat sein, der in seiner aktiven Zeit für den VfL gespielt und zudem als Manager im Klub gearbeitet hatte. Zuletzt hatte der Europameister von 1996 die türkische Nationalmannschaft betreut, der Verband hatte sich im September von dem 61-Jährigen getrennt. Auch Ex-Union-Trainer Urs Fischer wird gehandelt, dieser soll jedoch bereits abgesagt haben.

Doch ganz gleich, wer es auch wird: Der Klassenerhalt, so VfL-Sportdirektor Marc Lettau, sei „weiterhin aus eigener Kraft zu erreichen“, durch einen Trainerwechsel wolle der Verein „einen entscheidenden Impuls“ setzen. Der 1. FC Köln wird allerdings alles daransetzen, die Bochumer vielleicht doch noch zu überholen. Denn auch die direkte Rettung ist seit dem verrückten vergangenen Spieltag nicht mehr utopisch.

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