Gegen den Mitabsteiger aus Hessen erlebte der 1. FC Köln einen der schwärzesten Tage der jüngeren Geschichte.
Offene Kölner Rechnung gegen Darmstadt?Christian Kellers Blick geht nur kurz zurück
Wenn der 1. FC Köln am Freitag (18.30 Uhr, Sky) beim SV Darmstadt 98 antritt, dürfte beim Anpfiff fast alles vergessen sein, was war. Dann steht am stimmungsvollen Böllenfalltor das für beide Klubs schon richtungsweisende Zweitliga-Duell im Fokus. Dennoch könnte sich zumindest in den Tagen zuvor der eine oder andere Spieler oder Verantwortliche des FC an das letzte Aufeinandertreffen der Klubs in der Bundesliga erinnern. Schöne Erinnerungen sind es nicht.
Zum einen ist es noch nicht so lange her, am 20. April standen sich beide Teams in Müngersdorf gegenüber. Zum anderen standen damals 17 Profis im 20-Mann-Kader, die auch heute noch beim FC unter Vertrag stehen. Aber der Tag blieb vor allem in Erinnerung, weil er sportlich eine der schwärzesten in der jüngeren Vereinsgeschichte und am Ende auch mitentscheidend für den Abstieg war.
Dabei hatten die Kölner vor diesem 30. Spieltag in Köln im Kampf um den Klassenerhalt noch einmal Hoffnung geschöpft. Im Heimspiel zuvor war die damals von Timo Schultz trainierte Mannschaft im Keller-Duell gegen den VfL Bochum nach einer wundersamen Nachspielzeit noch durch die Treffer von Steffen Tigges und Luca Waldschmidt zu einem 2:1-Sieg gekommen. Es folgte ein überraschend guter Auftritt in München, wo der FC den großen Bayern lange Paroli bot (0:2). Da die Konkurrenz im Abstiegskampf größtenteils ebenfalls dilettierte und nicht wirklich davonzog, durften sich die Kölner trotz nur 22 Punkten und 29 Toren noch Chancen auf die Rettung ausrechnen.
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Gegen das abgeschlagene Schlusslicht Darmstadt sollte der erste große Schritt in Richtung sportliches Wunder gelingen. Heraus kam allerdings einer ins Verderben. Der FC musste sich nach einem indiskutablen Auftritt den „Lilien“ nach Treffern von Christoph Klarer (57.) und Oscar Vilhelmsson (90.) mit 0:2 geschlagen geben. Für den späteren Mitabsteiger war es der erste Erfolg nach 22 sieglosen Spielen. Und die Stimmung in Müngersdorf schlug um. Die FC-Fans hatten bis dato trotz aller Unzulänglichkeiten und Enttäuschungen wie eine Wand hinter ihrer Mannschaft gestanden, doch nach dem Abpfiff reagierte des Volkes Zorn. Und viele Anhänger sahen dabei in Sport-Geschäftsführer Christian Keller einen der Schuldigen.
1. FC Köln: „Absoluter Tiefpunkt“ gegen Darmstadt
Keller erinnert sich gegenüber dieser Zeitung: „Wir haben in der vergangenen Saison leider viele schwache Leistungen unserer Mannschaft gesehen, aber dieser Auftritt war einfach desolat. Nach dem Last-Minute-Sieg gegen Bochum und der ordentlichen Vorstellung in München hatten wir wieder Hoffnung geschöpft, bei uns war Emotionalität drin – da bedeutete diese Niederlage eine herbe Enttäuschung und einen schweren Rückschlag. Es war ein absoluter Tiefpunkt. Es war klar und verständlich, dass dann auch bei vielen Fans, die uns vorher so großartig unterstützt hatten, die Dämme gebrochen sind und die Stimmung gekippt ist. Auch mir gegenüber.“
Doch Revanche-Gefühle hält der Sportchef mit Blick auf Freitag für wenig sinnvoll – auch wenn er ehrlich zugibt: „Ich habe mich jetzt bei einer längeren Autofahrt noch mal kurz an das Spiel erinnert und da kamen noch einmal Emotionen hoch im Sinne einer offenen Rechnung. Doch das Denken in solchen Kategorien hilft uns überhaupt nicht weiter. Die Spiele und Ausgangssituationen lassen sich auch überhaupt nicht vergleichen. Bei Darmstadt hat sich zudem personell sehr viel verändert.“
40 Transfer-Bewegungen gab es im vergangenen Sommer im Kader, 20 Spieler verließen die Hessen nach dem Abstieg, 20 kamen. Und auch der Trainer wechselte nach schwachem Saisonstart. Florian Kohfeldt übernahm Anfang September für Torsten Lieberknecht, der zuvor über drei Jahre lang am Böllenfalltor tätig war. Eine echte Trendwende konnte der 42-jährige Ex-Bremer und -Wolfsburger zwar noch nicht einleiten, doch seine Elf zeigt sich verbessert. Bei Schalke 04 gelang den Darmstädtern nach einem 0:3-Rückstand ein irrwitziger 5:3-Sieg, gegen die formstarken Magdeburger hielten sie lange gut mit (1:2), bei Top-Team Karlsruhe (3:3) waren sie über weite Strecken das bessere Team.
Herausragender Akteur ist bisher Isac Lidberg (26), der für die Ablöse von einer Million Euro aus Utrecht verpflichtete schwedische Stürmer, der in sechs Ligaspielen sechs Mal traf. „Die Darmstädter scheinen nach schwachem Start wieder im Aufwind zu sein“, sagt Keller, „ich erwartete ein emotionales, kampfbetontes Spiel vor einer lautstarken Kulisse.“
Huseinbasic' Spiel in der Heimat
Für Denis Huseinbasic ist es eines an alter Wirkungsstätte und in der Nähe seiner Heimat Erbach. „Meine ganze Familie und meine Freundin sind im Stadion“, sagt der Mittelfeldspieler, der in der Jugend zwei Jahre für die „Lilien“ auflief. Der Nationalspieler Bosniens, der beim 1:2 gegen Deutschland 65 und beim 0:2 gegen Ungarn 25 Minuten zum Einsatz kam, fordert eine ähnlich konzentrierte Vorstellung wie gegen Ulm. „Nicht jedes Spiel muss ein Spektakel sein, wir müssen Siege holen. Darmstadt ist gut drauf, das wird eine harte Aufgabe – und wie immer sehr physisch. Aber wir schauen auf uns, wissen, was wir können.“ Das muss definitiv mehr sein als beim bis dato letzten Vergleich.