„Muss man erstmal so machen“FC-Trainer Baumgart glücklich über verdienten Derbysieg

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Steffen Baumgart jubelt nach dem Schlusspfiff.

Steffen Baumgart jubelt nach dem Schlusspfiff.

Der 1. FC Köln gewinnt völlig verdient mit 3:1 gegen Gladbach und verlässt Platz 18.

Es waren Szenen vollendeten Glücks am Sonntagnachmittag in Müngersdorf. Nach dem Schlusspfiff des 114. Derbys zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach ließen sich FC-Profis ihre Kinder reichen, führten den Nachwuchs an der Hand über den Rasen des Stadions, auf dem sich zuvor ein zeitweise dramatisches Geschehen abgespielt hatte. 3:1 (1:0) gewann Köln am Ende, es war ein großer Sieg für Steffen Baumgarts Mannschaft, die im achten Saisonspiel den ersten dreifachen Punktgewinn feierte, den letzten Tabellenplatz verließ und mit nun mit vier Punkten eine deutlich verbesserte Perspektive hat als nach ihrem historisch schlechten Saisonstart.

Nach hervorragendem Beginn hatte Kapitän Florian Kainz per Handelfmeter zum 1:0 getroffen, anschließend waren die Kölner allerdings trotz deutlicher Überlegenheit nicht in der Lage gewesen, ihre Führung auszubauen. Nach einer Stunde hatte Elvedi für chancenlose Gäste nach einem Eckball den Ausgleich erzielt, die Partie drohte zum Spiegelbild der bisherigen Kölner Saison zu werden.

Doch der FC verzagte nicht, erhöhte noch einmal den Druck auf den Gegner und profitierte davon, dass Manu Koné nach einem brutalen Foul gegen Dejan Ljubicic vom Platz gestellt wurde. Drei Minuten später räumte Gladbachs Torhüter Moritz Nicolas Kölns Luca Waldschmidt im Strafraum ungeschickt ab und hätte seinen Patzer beinahe wieder gutgemacht. Doch bevor er Kainz' schwach geschossenen Strafstoß hielt, hatte er seinen Posten auf der Torlinie zu früh verlassen. Der Elfmeter wurde wiederholt, den nächsten Versuch versenkte Kainz sicher zum 2:1.

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Sehenswertes Tor von Luca Waldschmidt

Auch am dritten Kölner Treffer war Waldschmidt beteiligt, diesmal traf Kölns Regisseur mit einem sehenswerten Linksschuss flach ins entfernte Eck. Das war die Entscheidung, der Rest war großer Jubel. „Wie die Jungs hier trotz der vergangenen Wochen mit Selbstvertrauen und Selbstverständnis ins Spiel gegangen sind, muss man erstmal so machen. Die erste Halbzeit war sehr dominant, die zweite dann ausgeglichener. Es war ein sehr verdienter Sieg“, sagte Baumgart nach dem Schlusspfiff.

Der Trainer hatte seine Mannschaft nach dem 0:3 in Leverkusen umgestellt. Im Derby setzte der Trainer auf zwei Mittelfeldspieler vor der Abwehrkette und verzichtete damit auf eine zweite Spitze. Nach dem Aufwärmen hatten sich die FC-Profis noch einmal vor der Südtribüne einen zusätzlichen Schub abgeholt und Geschlossenheit gezeigt. Ein besonderer Moment dieses Derbys, das wenig später mit einer Choreographie der Südtribüne eröffnet wurde. „Es gibt heute nur einen Sieger, 11 rot-weiße Krieger“, war dort zu lesen, was angesichts der Weltlage ein eher unglücklicher Slogan war. Es folgte ein gewaltiges Feuerwerk der Kölner Fans, das angesichts der Rauchentwicklung für eine gut fünfminütige Verspätung des Anpfiffs sorgte. Als wieder freie Sicht war, entwickelte sich die von Kölner Seite erhoffte Partie.

Der FC präsentierte sich wild entschlossen, schon nach drei Minuten beförderte Timo Hübers einen Kopfball neben das Tor, Leart Pacarada hatte zuvor die Ecke geschlagen. Köln setzte sich in der Mönchengladbacher Hälfte fest, übte viel Druck aus und wurde bald belohnt: Keine zehn Minuten waren absolviert, als Luca Waldschmidt abschloss und Konés Arm traf. Schiedsrichter Aytekin entschied sofort auf Handspiel, seine Helfer am Bildschirm in Deutz bestätigten, dass die Berührung im Strafraum stattgefunden hatte. Elfmeter für Köln, Kainz verwandelte sicher (9.). Die Gastgeber erspielten sich weitere aussichtsreiche Aktionen, und als Jeff Chabot in der 13. Minute nach Pacaradas Flanke an die Latte köpfte, hätte Köln eine höhere Führung verdient gehabt. Mönchengladbach zeigte Nerven, spielte extrem fehlerhaft und hatte zudem Schwierigkeiten, den Kampf anzunehmen. Der FC gewann alle relevanten Zweikämpfe und hatte die Lage vollends unter Kontrolle.

Gladbach kommt verbessert aus Kabine

Allerdings hatte der Kölner Wirbel auch eine Schattenseite. Der FC war in die Partie gegangen, ohne zuvor einen Sieg geholt zu haben. Der verschwenderische Umgang mit den Torchancen ließ bei allem Ballbesitz Raum für Zweifel. Offensiv waren die Kölner erneut nicht zwingend genug, um sich für ihren Aufwand zu belohnen. Als Luca Waldschmidt in der 41. Minute mit einem Rechtsschuss aus der Distanz den Innenpfosten traf und der Ball wie in Zeitlupe die Torlinie entlang rollte, war eine höhere Führung längst überfällig. Waldschmidts Versuch war der 15. Kölner Torschuss der ersten Halbzeit. Nach dem Seitenwechsel lockerte Köln ein wenig den Griff, während Mönchengladbach nach zwei Wechseln verbessert aus der Kabine kam. Der FC, bis dahin ohne Sieg und mit nur vier Toren aus sieben Spielen, schien ins gewohnte Muster zu verfallen. In diesen Momenten schien Köln an einem Kipp-Punkt. Ein Unentschieden nach diesem Spielverlauf, womöglich gar eine Niederlage – womöglich würde der FC einen weiteren Rückschlag nur schwer wegstecken können.

Doch dann fuhr der FC auch den Lohn für seinen weiterhin kämpferischen Auftritt ein. Als Koné in Ljubicic grätschte und den Kölner mit der offenen Sohle oberhalb des Sprunggelenks traf, war eine Rote Karte zwingend. Gegen eine Mönchengladbacher Mannschaft in Unterzahl hielt der FC den Druck hoch und erzwang einen weiteren Strafstoß, weil Gladbachs Keeper Moritz Nicolas eine riskante Abwehraktion gegen Waldschmidt starten musste.

Am Ende brauchte Köln zwei Versuche vom Punkt, um noch einmal in Führung zu gehen – doch nach Waldschmidts Treffer zum 3:1 in der Schlussminute ließ alle Zweifel vergessen und Müngersdorf im Jubel versinken. „Wir sind sehr erleichtert, sehr froh, dass wir den ersten Dreier haben und auch das Derby gewonnen haben“, kommentierte Florian Kainz. Baumgart war ebenfalls erleichtert. „Wenn man noch zweimal die Latte trifft, wäre ein früheres zweites Tor beruhigend gewesen. Gladbachs erster Kopfball geht dann ins Tor. Umso wichtiger, dass die Jungs drangeblieben sind. Heute hatten wir das Quäntchen, das wir zuvor nicht hatten.“

Nächste Woche geht's nach Leipzig

Köln reist nun als Tabellen-Sechzehnter zum komplizierten Spiel nach Leipzig, hat aber mit nun vier Zählern aus acht Partien den Bann gebrochen. „Das ist ein schwerer Brocken. Wir waren bis auf Leverkusen in keinem Spiel schlechter, haben aber nicht die Dreier geholt. Wir werden uns gut vorbereiten und mit einem positiven Gefühl nach Leipzig fahren“, sagte Kainz.

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