FC-Rückkehrer Timo Hübers„Steffen Baumgarts Art ist fordernd und fördernd"

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FC-Verteidiger Timo Hübers im Gespräch mit Trainer Steffen Baumgart

Köln – Herr Hübers, Sie sind nach fünf Jahren zum 1. FC Köln zurückgekehrt. Hat sich der Verein verändert?

Timo Hübers: Auf jeden Fall gleich geblieben ist die Infrastruktur am Geißbockheim (lacht). Auch damals war schon eine Erweiterung und Modernisierung der Anlage im Gespräch. Es sind seitdem natürlich viele Spieler und Mitarbeiter gewechselt. Gleich geblieben ist auch, dass mich damals wie heute Jörg Jakobs nach Köln gelotst hat. Dass man in Köln gefühlt jeden Tag über den FC spricht und der Verein viele Emotionen weckt, das war auch schon damals der Fall. Der Verein ist vielleicht noch ein bisschen größer geworden.

Kam das FC-Interesse überraschend?

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Das war damals keine Flucht von mir nach Hannover, sondern eher eine glückliche Fügung der Umstände. Der FC wollte eigentlich, dass ich bleibe, aber mein früherer Jugend-Trainer bei 96, Daniel Stendel, wurde dann Trainer bei den Profis. Deshalb sah ich bei 96 damals die für mich beste Perspektive in den Profifußball. Mit dem FC war ich damals im Guten auseinander gegangen, deshalb kam das Interesse nicht ganz so überraschend. Ich freue mich jetzt einfach, dass ich wieder hier bin.

Trotz der intensiven und langen Einheiten unter Steffen Baumgart?

Ja, trotzdem (lacht). Sie sind einfach darauf ausgerichtet, wie wir in der kommenden Saison spielen wollen. Wir wollen weniger abwartend und sehr aktiv spielen. Und wer so spielen will, der muss im Vorfeld mehr arbeiten. Natürlich tut solch eine Vorbereitung auch mal weh, aber wir haben bisher so gut wie keine Verletzten. Das ist also alles im Rahmen und gut austariert.

Muss sich ein Innenverteidiger durch Baumgarts Spielidee umstellen?

Unsere Position wird nicht neu erfunden, aber es ändern sich Nuancen. Man muss aktiver mit dem Ball sein. Wir wollen mutiger verteidigen und mehr spielerische Lösungen im Spielaufbau finden. Mutig trifft es ganz gut: In gewissen Situationen wollen wir eher den Schritt nach vorne denn den hinten machen und vielleicht auch mal den etwas riskanteren Pass spielen.

Wie nehmen Sie Baumgart war – außer dass er sehr lautstark ist?

Seine Art ist er sehr fordernd, aber auch fördernd. Ich komme damit gut klar. Ich finde seine Art positiv, denn man weiß direkt, woran man bei ihm ist. Man bekommt direkt ein Echo, eine Analyse. Dies allerdings im positiven Sinne. Der Trainer hackt nicht auf einen rum, sondern ist konstruktiv. Auch laut, klar, aber mich motiviert das.

Geht es für den FC mit diesem Kader erneut nur darum, irgendwie die Liga zu halten?

Man kann nicht ausschließen, dass es erneut zum Abstiegskampf kommt. Aber wir wollen diesmal früher die notwendigen Punkte zum Klassenerhalt auf dem Konto haben. Die Zielsetzung ist daher sicherlich eine etwas andere als in den vergangenen beiden Jahren.

Viele sprechen derzeit von der „stärksten 2. Bundesliga aller Zeiten“. Heißt das umgekehrt auch, dass die Bundesliga von der Besetzung her die schwächste seit längerer Zeit ist?

Da würde man den Aufsteigern und den vermeintlich kleineren Teams, die die Liga gehalten haben, Unrecht tun. Denn sie haben sich gegen die vermeintlich größeren Vereine vorerst durchgesetzt. Es hat seine Gründe, warum Schalke, Hamburg, Bremen oder Hannover in der Zweiten Liga spielen und Fürth, Union Berlin, Bielefeld oder Bochum in der Bundesliga. Die vermeintlichen Underdogs waren zuletzt einfach besser, deshalb kann ich der Einschätzung nicht zustimmen. Es ist einfacher gesagt als getan, diese Klubs hinter sich zu lassen. Sie funktionieren als Einheit richtig gut, und es ist immer unangenehm, gegen diese Gegner zu spielen.

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Der FC hatte in der Relegation zwei Spiele gegen einen Außenseiter. Wie sehr haben Sie bei den Duellen gegen Kiel mitgefiebert?

Die Gespräche über meine Rückkehr liefen da schon. Ich habe die Spiele mit meinen Kumpels in Hannover geguckt, die  schon ein bisschen in meine Pläne eingeweiht waren. Natürlich habe ich mitgefiebert und war glücklich, als es der FC geschafft hatte.

In den ersten Trainingswochen in Köln gehörte Sebastiaan Bornauw noch zum Kader. Wie sehr haben sich nach Bornauws Wechsel nach Wolfsburg Ihre Chancen erhöht, auch zu spielen?

Hinter mir liegen zwei gute Spielzeiten in der Zweiten Liga. Deshalb gehe ich die Saison beim FC mit Selbstvertrauen und dem Anspruch an, auch in der Bundesliga viele Spiele zu bestreiten. Wir haben vier Jungs für das Abwehrzentrum. Ich schätze meine Chancen nicht schlecht ein, aber ich bin mir auch bewusst, dass ich nicht gesetzt bin. Ich muss den Trainer von mir überzeugen.

Bleibt nach dem Umzug nach Köln und in Anbetracht der intensiven Vorbereitung eigentlich noch Zeit für Ihr Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Uni Hannover?

Ich schreibe gerade an meiner Master-Arbeit. Zuletzt kam ich etwas weniger dazu, aber ich will das nach wie vor durchziehen. Vier, fünf Klausuren noch – dann habe ich hoffentlich den Master in der Tasche. Wenn ich nach dem Training wieder daheim bin, muss ich mich halt oft noch drei, vier Stunden hinsetzen. Das macht nicht immer Spaß, aber meistens. In Hannover war es auch so, dass ich mir durch das Studium einen richtig netten Freundeskreis aufbauen konnte. Dadurch fiel vieles leichter.

Das Thema Ihrer Arbeit?

Das ist etwas sperrig: Ich schreibe über den Einfluss der Persönlichkeit auf die Gender-Wage oder -Pay-Gap, also inwieweit sich Geschlechter in ihrer Persönlichkeit durch soziologische oder genetische Gründe unterscheiden und ob das dazu beiträgt, dass Frauen schlechter bezahlt werden als Männer.

Was hätten Sie gemacht, wenn es mit der Profikarriere nichts geworden wäre?

Ich glaube, ich hätte Medizin studiert. Das war in der Abi-Zeit mein Traum, bevor es mit dem Profi-Fußball konkreter wurde. Ein Medizin-Studium nebenbei wäre aber zu stressig geworden.

Sie sprachen Ihre Freunde an. Mit denen waren Sie zuletzt im Urlaub an der Algarve. Das wirkte auch auf den Instagram-Fotos wie eine lockere Tour von Studenten. Sind die beliebten Profifußballer-Destinationen wie Mykonos, Ibiza oder Dubai nicht so Ihr Ding?

Das ist nicht so meine Welt. An der Algarve hatten wir uns ein Haus gemietet und ein paar entspannte Tage verbracht. Tagsüber haben wir per Mietwagen Ausflüge gemacht, und abends wurde auch mal ein Bier getrunken. Aber alles im Rahmen.

Anfang März 2020 hatten Sie ungewollt für Schlagzeilen gesorgt. Sie waren der erste Fußballprofi in Deutschland, der positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Nervt Sie dieses Etikett heute noch?

Nein, das nicht. Damals war das alles irgendwie surreal und schwer zu begreifen. Man wusste ja noch nicht viel über das Virus. Zum Glück war mein Krankheitsverlauf unspektakulär. Ganz im Gegensatz zum Medieninteresse. Das war riesig, und darauf hätte ich gut und gerne verzichten können. Ich war nicht nur in Deutschland in den Nachrichten, sondern   in Frankreich oder in Italien. Ich weiß, Corona schwingt bei mir immer ein bisschen mit, aber ich hoffe, dass ich in Zukunft nicht als Corona-Boy Nummer eins im Profifußball wahrgenommen werde, sondern vor allem durch meine Leistungen auf dem Platz (lacht).

Generalprobe ohne Limnios

Vor der Generalprobe am Samstag (15.30 Uhr) gegen den niederländischen Zweitligisten Roda Kerkrade hat FC-Trainer Steffen Baumgart den Kölner Kader auf 22 Spieler verkleinert.

Neben einigen Nachwuchsspielern  und den bereits zuvor aussortierten Niklas Hauptmann und Vincent Koziello wird  Dimitris Limnios erneut nicht bei den Profis mitwirken. Der Grieche, erst vor einem Jahr für über drei Millionen Euro verpflichtet, soll stattdessen in einem Testspiel der U21 zum Einsatz kommen.

Mit diesen 22 Spielern wird der FC auch in die Saison gehen und das erste Pflichtspiel im Pokal in Jena (8. August) bestreiten. „Grundsätzlich steht die Mannschaft. Das wird der Kader sein, der morgen im Test dabei sein wird“, sagte Baumgart am Freitag.

Zum Test gen Rodoa sind 1.400 Zuschauer  im Franz-Kremer-Stadion zugelassen. Es gilt die 3-G-Regelung (geimpft, genesen, getestet). (LW)

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