FC vor BremenTigges soll es richten, Baumgart kritisiert Ausbildung

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FC-Stürmer Steffen Tigges verlässt mit seinen Kollegen Mathias Olesen und Benno Schmitz nach dem Training den Platz, alle drei lachen.

Groß, stark und mittlerweile in Form: Steffen Tigges

Am Samstag gastiert Werder Bremen mit Nationalstürmer Niclas Füllkrug in Köln. Auch der FC hofft, einen echten Torjäger zu entwickeln. 

Nach 70 Tagen Winterpause ist Köln bereit für den Jahresauftakt gegen Werder Bremen, jedenfalls sprechen die Zahlen dafür: Mehr als 100 000 Karten hätte der FC für die Partie am Samstagabend (18.30 Uhr/live bei Sky) verkaufen können, teilte der Verein offiziell mit. Die Nachfrage sei höher gewesen als vor Spielen etwa gegen Borussia Mönchengladbach oder den FC Bayern. Die Zuschauer sind nach der Weltmeisterschaft offenbar hungrig nach Fußball, und der Gast verspricht gute Unterhaltung. Schließlich bringt Werder Bremen etwas ganz Besonderes mit: Einen deutschen Mittelstürmer klassischer Bauart.

Niclas Füllkrug war bei der Weltmeisterschaft in Katar einer der Lichtblicke in einer trüben deutschen Mannschaft. Spieler wie er sind selten geworden: Seit Stefan Kießling vor zehn Jahren mit 25 Treffern Torschützenkönig wurde, war Timo Werner der einzige Deutsche, der überhaupt in der Bundesliga auf mehr als 20 Tore kam: Das war 2016/17 und 2019/20. Füllkrug könnte diesen Lauf nun brechen. Mit zehn Treffern liegt er vor dem 16. Spieltag auf Rang zwei der Torjägerliste.

Baumgart will seine Spieler ausbilden

Steffen Baumgart mag den Mann, den sie wegen seiner luftigen Kiefergestaltung „Lücke“ nennen. „Dass er eine WM spielt und die auch noch gut, hätte wohl niemand erwartet. An ihm sieht man, dass im Fußball immer eine Entwicklung möglich ist. Das ist ja das Schöne, und das versuchen wir gerade mit dem einen oder anderen Stürmer bei uns auch“, beschreibt Baumgart.

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Steffen Baumgart begann seine Karriere zwar als enorm talentierter Torwart, allerdings empfahlen die Ärzte früh einen Positionswechsel: Er werde nicht groß genug für den Job zwischen den Pfosten, hieß es damals. Deswegen sattelte Baumgart um und wurde Stürmer – und wie es im Fußball der damaligen DDR üblich war, genoss er eine umfassende Ausbildung. Daher konnte Baumgart zuletzt seinen Spielern auch am neu installierten Kopfballpendel am Geißbockheim vorführen, wie ein wohltemperierter Kopfball auszusehen hat.

Davie Selke und Steffen Baumgart stehen auf dem Trainingsplatz, der Stürmer hat den rechten Arm um seinen Trainer gelegt und gestikuliert mit dem anderen.

Steffen Baumgart mit dem neuen FC-Stürmer Davie Selke

Auch beim FC gibt es Stürmer, einer ist Davie Selke, den die Kölner in diesem Winter von Hertha BSC verpflichtet haben. Doch starten wird er am Samstag noch nicht. „Er ist in der Vergangenheit weniger zum Einsatz gekommen und bei uns noch im Aufbau“, erklärt Baumgart. „Er ist im Kader, er wird auch reinkommen. Aber beginnen werden wir mit Steffen Tigges.“

Tigges kam im Sommer aus Dortmund mit der Empfehlung von null Startelf-Einsätzen in der Bundesliga. Zudem litt er damals noch unter den Ausläufern einer schweren Knöchelverletzung und hatte anschließend Schwierigkeiten, in seine Rolle zu finden. Keine Überraschung, sagt Baumgart: „Er ist erst im September in den Spielbetrieb gekommen und hat es dafür aus meiner Sicht sehr gut gemacht. Jetzt hat er die Vorbereitung komplett absolviert. Das ist auch zu sehen, seine Abläufe passen jetzt besser. Er bleibt aber ein Spieler, den wir weiterentwickeln wollen und auch werden.“

Wenn ich keinen Kopfball übe, kann ich auch keinen Kopfball
Steffen Baumgart

In Zeiten körperlich hochgerüsteter Mannschaften, die jeden Raum auf dem Feld schließen können, sind Stürmer wichtiger denn je. Schließlich sind sie es, die aus Überlegenheit Siege machen müssen. Daher mutet es beinahe absurd an, dass die Vereine scheinbar wenig Wert darauf legen, sich derartige Spieler einfach selbst auszubilden. Baumgart sieht das Problem: „Wir trainieren so viele taktische Dinge, verschieben hier die Kette und dort die Kette. Aber die individuelle Ausbildung, Eins-gegen-Eins-Situationen: Das tun wir nicht. Wir hatten ja zuletzt in Deutschland schon die Situation, dass wir ganz ohne Stürmer gespielt haben. Wie nannte sich das noch, Falsche Neun? Auch ein geiler Begriff“, sagt Baumgart, und fügt an: „Wir haben meines Erachtens ein sehr gutes Nachwuchssystem – aber wir nutzen es nicht. Wenn ich allein die Diskussion um das Kopfballspiel höre: Wenn ich keinen Kopfball übe, kann ich auch keinen Kopfball. Lücke Füllkrug hat das Glück gehabt, in einer Generation groß zu werden, in der das noch trainiert wurde.“

In Köln wird in den kommenden Monaten ebenfalls verstärkt an der Grundausstattung der Stürmer gearbeitet werden, dafür gibt es nun das Kopfballpendel. Am Samstagabend wird das Publikum dann womöglich schon Stürmertore sehen: durch Niclas Füllkrug vielleicht. Womöglich aber auch durch Steffen Tigges und Davie Selke.

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