FC-Talente greifen anWie sich Köln im Rennen um Thielmann gegen Leipzig durchsetzte

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Der Kölner Jan Thielmann ist der erste Spieler des Jahrgangs 2002, der in der Bundesliga aufgelaufen ist.

  • Jan Thielmann debütierte mit 17 Jahren in der Bundesliga, Noah Katterbach (18) und Ismail Jakobs (20) spielen derzeit regelmäßig.
  • Die FC-Nachwuchsabteilung freut diese Entwicklung, denn die Durchlässigkeit war in den Jahren zuvor nur selten gegeben.
  • Der Klub punktet im Werben um große Talente weniger mit der Infrastruktur, sondern viel mehr mit Know-how.

Köln – Die Nachwuchsfußballer des 1. FC Köln, das kann man mit Fug und Recht behaupten, sorgen derzeit für Aufsehen.  Zum Beispiel Florian Wirtz. Der 16-Jährige brachte am vergangenen Wochenende das Kunststück fertig, fünf Sekunden nach dem Anpfiff des B-Junioren-Bundesligaspiels  gegen den Wuppertaler SV aus über 50 Metern zu treffen. Der Mittelfeldspieler bekam den Ball beim Anstoß zugespielt und schoss direkt über den vor dem Tor stehenden Keeper  hinweg. Der FC twitterte am Montag das Video mit dem Treffer und empfahl der ARD-„Sportschau“ den Schützen für die Wahl zum „Tor des Jahres“.

Junioren-Nationalspieler Wirtz gilt als eines der größten Talente – nicht nur im Verein, sondern wohl im ganzen Land. Er steht längst in den Notizbüchern der Topklubs. Im Mai wird er 17 Jahre alt. Sein großes Ziel wird aber vorerst sein, einem elf Monate älteren Vereinskollegen nachzueifern: Jan Thielmann. Der Offensivspieler, der beim 2:0-Sieg der Profis gegen  Leverkusen überraschend in der Startelf stand, war mit 17 Jahren, sechs Monaten, 18 Tagen Kölns zweitjüngster Bundesliga-Spieler der Geschichte. Nur Yann Bisseck war jünger, bei seinem Debüt 2017 noch 16 Jahre alt. Thielmann schrieb  aber Geschichte, denn er war der erste Spieler des Jahrgangs 2002, der im Oberhaus zum Einsatz kam.

Im Team des Bundesliga-Aufsteigers traf er dabei auf Spieler, die er aus dem Nachwuchs gut kennt. Noah Katterbach, der Linksverteidiger aus Dreiborn in der Eifel, der bereits im Alter von sieben Jahren zum Geißbockheim wechselte, ist mit seinen nunmehr sechs Bundesligaeinsätzen über insgesamt 448 Minuten eigentlich schon ein fester Bestandteil der Mannschaft von Trainer Markus Gisdol. Auch Ismail Jakobs (20) durfte an den Spieltagen elf bis 15 schon vier Mal in der Startelf ran und spielte stets über die volle Distanz, zuletzt gegen Leverkusen als Linksaußen. Jakobs, gebürtiger Kölner, kam 2012 vom BC Bliesheim in die FC-Nachwuchsabteilung.

Dieser gehört Thielmann seit 2017 an. Der Offensivspieler, in Föhren im Kreis Trier-Saarburg geboren, kam von Eintracht Trier nach Köln.

RB Leipzig bot einen Jet, der FC eine Bahncard

Über diesen Wechsel existiert eine Anekdote. Auch RB Leipzig buhlte intensiv um den damals 15-Jährigen, der als Mittelstürmer, hängende Spitze oder Rechtsaußen eingesetzt wird. Da zwischen Föhren und Leipzig rund 550 Kilometer liegen, soll RB den Eltern des Nachwuchsspielers in Aussicht gestellt haben, bei Bedarf auch mit einem Learjet einzufliegen. Komfortabel und praktisch, denn der Flugplatz Trier liegt direkt bei Föhren. Der 1. FC Köln dagegen bot Lucia und Eric Thielmann eine Bahncard 100 an.

Das Rennen machte der FC, wohl auch, weil Jan und sein Bruder Peter (21, spielt beim Kreisligisten SV Föhren) von Kindesbeinen an Fans des FC sind. „Diese Nähe zum FC und nach Köln hat sicherlich auch eine Rolle gespielt, warum sich Jan für uns entschieden hat“, sagt Matthias Heidrich, der  Leiter des Nachwuchsleistungszentrums.

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Mit dem FC feierte Jan Thielmann im Juni den ersten großen, viel beachteten Titel. Im Finale um die Meisterschaft der U-17-Junioren setzte sich sein Team vor 10 000 Zuschauer bei Borussia Dortmund durch. Am Samstag folgte dann der nächste Karriere-Höhepunkt, der Einsatz gegen Leverkusen. Von diesem erfuhr der Außenstürmer erst in der Mannschaftsbesprechung. „Wir waren der Meinung: Je später, desto besser. Jan sollte auch sein Handy ausmachen, maximal seine Eltern informieren. Er war eigentlich null nervös und hat das sehr, sehr gut gemacht. Er macht allgemein einen sehr stabilen Eindruck“, lobte Trainer Markus Gisdol das Talent.

Nachwuchschef Heidrich: „Arbeit trägt Früchte"

Für die Nachwuchsabteilung des Klubs sind solche Erfolgsgeschichten enorm wichtig. Denn die Durchlässigkeit für Talente war in Jahren zuvor nur selten gegeben. „Natürlich freut uns alle diese Entwicklung, dafür machen wir am Ende unsere Arbeit. Die Jungs merken aktuell, dass die Ausbildung in sie und der Glaube an sie Früchte trägt. Wir haben am Geißbockheim sicher nicht die schönsten und besten Gegebenheiten, die tollsten Fliesen, aber wir haben sehr engagierte, qualifizierte Mitarbeiter. Es freut uns auch, dass ein Sprung zu den Profis über unterschiedliche Wege möglich ist: Über eine erstarkte und funktionierende U21 oder die U19. Jan ist jüngerer U-19-Jahrgang“, sagt Heidrich.

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Matthias Heidrich (l.) und Carsten Schiel, die Leiter des Nachwuchsleistungszentrums des 1. FC Köln.

Beim FC rutschte Thielmann in eine Profi-Elf, die vor dem Spieltag Letzter war. Und verließ vorerst ein Team, das die Tabelle in der U-19-Bundesliga West anführt. „Aber es ist doch logisch, dass sich hier jeder für Jan unheimlich freut. Er ist ein toller Junge und für sein Alter schon erstaunlich weit“, zeigt sich U-19-Trainer Stefan Ruthenbeck über Thielmann erfreut, der im FC-Internat wohnt. „Jan wirkt sehr zielstrebig und charakterfest. Er traut sich immer mehr zu“, meint auch Heidrich.

Das sieht offenbar auch Markus Gisdol so, der auf die Talente setzt. Aller Voraussicht nach auch am Mittwoch in Frankfurt.

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