Trotz der Randale von Frankfurter Fans in Müngersdorf will der 1. FC Köln weiter zehn Prozent der Tickets an Auswärtsanhänger abgeben.
Randale der Frankfurter1. FC Köln muss Schäden ersetzen – und will Gästefans weiter zulassen

Nach dem Schlusspfiff brannte es am Samstag im Frankfurter Block.
Copyright: Herbert Bucco
Die Vandalen waren besser als ihr Ruf. Zwar eroberten und plünderten sie Rom im Jahr 455. Aber im Gegensatz zu den Hunnen oder späteren Normannen gibt es Berichte, dass sie dabei relativ geordnet vorgingen und zum Beispiel Kirchen verschonten.
Insofern wäre es den Vandalen gegenüber ungerecht, sie im Zusammenhang mit der Zerstörung der Toilettenanlagen im Kölner Stadion durch Frankfurter Fußballfans zu nennen. Am Samstagabend beim 4:3-Sieg der Hessen in Müngersdorf kam es zu mehreren Ausfällen der Frankfurter Anhängerschaft. Abgesehen von homophoben Gesängen und gewaltverherrlichenden Transparenten zündeten die Hessen massenhaft Pyrotechnik, darunter auch in der Kölner Fanszene explizit geächtete Böller und Leuchtraketen.
Frankfurt-Fans entzündeten in Köln Banner und Pyrotechnik – und zerstörten Toilettenanlagen
Hinzu kam, dass die Frankfurter nach dem Schlusspfiff offenbar ihre eigenen Banner entzündeten, was für eine übelriechende, schwarze Rauchsäule auf der Nordseite des Stadions sorgte und mindestens für Verunreinigungen. Und eben die zerstörten Toilettenanlagen im Unterrang der Nordtribüne.
Alles zum Thema Fußball-Bundesliga
- Fußball-Bundesliga Heidel verlässt wegen Notfalls Mainzer Mitgliederversammlung
- Nach Notfall im Stadion Fan des 1. FC Magdeburg gestorben
- Randale der Frankfurter 1. FC Köln muss Schäden ersetzen – und will Gästefans weiter zulassen
- 2. Fußball-Bundesliga Nach medizinischem Notfall: Magdeburger Fan gestorben
- „Noch nie erlebt“ Fans des 1. FC Köln berichten von Ärger am Stadion-Einlass
- Uli Hoeneß „Luisa Neubauer muss aufpassen, dass sie in zehn Jahren nicht im Schützengraben liegt“
- Flughafen Köln/Bonn Maschine von Bayer 04 Leverkusen muss Start abbrechen

Bild aus den Gästetoiletten im Rhein-Energie-Stadion nach dem Spiel des 1. FC Köln gegen Eintracht Frankfurt
Copyright: Thomas K./Express
Am Montag waren die Mitarbeiter der Kölner Sportstätten GmbH damit befasst, die Schäden aufzunehmen, um eine Grundlage für die turnusmäßige Nachbesprechung mit den Vertretern des 1. FC Köln zu schaffen. Es hieß, man werde Anzeige gegen Unbekannt erstatten.
Der FC ist Mieter im Rhein-Energie-Stadion; im vergangenen Jahr schlossen Klub und KSS einen neuen Pachtvertrag bis zum Jahr 2034. Inklusive Betriebskosten zahlten die Kölner in der Bundesliga bislang rund 10 Millionen Euro jährlich, Zerstörungen sind in dieser Pacht nicht enthalten.
Der 1. FC Köln wird die entstandenen Schäden ersetzen müssen. Dass die Eintracht die Kosten übernimmt und damit einen Präzedenzfall schafft, ist jedenfalls unwahrscheinlich und läge wohl auch nur bedingt im Interesse der Kölner, deren Fans auf Auswärtsfahrten ebenfalls regelmäßig die Regeln brechen.
Unser Ziel ist es stets, gegen jede Form von Gewalt vorzugehen und ein sicheres Stadionerlebnis zu gewährleisten. Der 1. FC Köln lehnt kollektive Maßnahmen jedoch ab. Wir werden daher nicht versuchen, zukünftig die Gesamtheit der Gästefans auszuschließen
Der 1. FC Köln begegnet dem Problem mit Gästen, die sich nicht benehmen, eher unaufgeregt. Statt Auswärtsfans mit zweifelhaftem Ruf vollständig auszuschließen, setzt man auf Dialog. „Wir verurteilen gesundheitsgefährdende und von reiner Zerstörungswut geprägte Aktionen und befinden uns mit Eintracht Frankfurt sowie den Sicherheitsträgern in engem Austausch, um die Vorfälle konsequent aufzuarbeiten. Unser Ziel ist es stets, gegen jede Form von Gewalt vorzugehen und ein sicheres Stadionerlebnis zu gewährleisten. Der 1. FC Köln lehnt kollektive Maßnahmen jedoch ab. Wir werden daher nicht versuchen, zukünftig die Gesamtheit der Gästefans auszuschließen“, teilte der Verein am Montag auf eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit.
1. FC Köln will weiterhin Auswärtsfans zulassen
Der 1. FC Köln ist verpflichtet, zehn Prozent seines Ticketkontingents für Gästefans zu reservieren. Diese Vorgabe ist eine Lizenzierungsbedingung der Deutschen Fußball-Liga (DFL); Ausnahmen sind grundsätzlich allenfalls in Absprache mit dem Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) denkbar.
Beim Niedersachsenderby zwischen Eintracht Braunschweig und Hannover 96 durften in diesem Jahr auf Anweisung des niedersächsischen Innenministeriums etwa nur 60 Prozent des Gästekontingents verkauft werden. Doch die Kölner verzichten darauf, sich gegen Gäste zu wehren. „Wir sehen Gästefans als einen elementaren Bestandteil der deutschen Fußballkultur an und lehnen es ab, Kollektivstrafen für die Vielzahl friedlicher Fußballfans in Kauf zu nehmen. Die polizeilichen Statistiken der Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) belegen zudem, dass die Zahl verletzter Personen in deutschen Fußballstadien gleichbleibend gering ist“, teilte der Verein mit.

Die Frankfurter Fans setzten am Samstagabend im Kölner Stadion auch von vielen Fanszenen geächtete Leuchtraketen ein und sorgten damit für eine Spielunterbrechung.
Copyright: Herbert Bucco
Auch lehnt der FC personalisierte Tickets für Gästefans ab. Auch das seien „Kollektivmaßnahmen“, bei denen man zudem an organisatorische und logistische Grenzen stoßen würde. Strengere Kontrollen am Einlass seien nach Ansicht des Vereins ebenfalls keine Lösung. „Unsere Kontrollen sind bereits streng. In einem Fußballstadion, in dem 50.000 Menschen in kürzester Zeit Einlass finden sollen, stößt man jedoch an organisatorische und logistische Grenzen. Wir prüfen kontinuierlich, wie wir die Sicherheit für alle Stadionbesucher weiter verbessern können, ohne das Stadionerlebnis für die überwältigende Mehrheit friedlicher Fans unverhältnismäßig einzuschränken.“
Die Zerstörung von Toilettenanlagen ist eine Art Trend im deutschen Fußball. Im Gegensatz zu anderen Stadionbereichen sind Toiletten nicht von Kameras überwacht. Für Sicherheitskräfte ist es also häufig schwierig, rechtzeitig einzuschreiten oder Täter später zu identifizieren. Auch reichen kleine Gruppen aus, um Schäden anzurichten. Dasselbe erlebt die Deutsche Bahn, wenn randalierende Fans Züge demolieren.
Proteste gegen die Vorschläge für die Innenministerkonferenz sind legitim, aber dann sollte jeder im Stadion auch zeigen, dass ein sicheres Stadionerlebnis für alle Besucher möglich ist. Pyrotechnik und ein Feuer im Block sind zweifelsohne nicht die richtigen Signale und waren es noch nie
Das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz in NRW ließe die Möglichkeit, zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Aufenthalts- und Betretungsverbote für auswärtige Fans auszusprechen. Das ist jedoch ein kompliziertes Thema. In Deutschland sind pauschale Verbote für ganze Fangruppen kaum möglich, weil Grundrechte wie Versammlungsfreiheit und Freizügigkeit stark wirken. In Frankreich und Italien ist es dagegen weitaus einfacher, Gästefans die Anreise und den Aufenthalt im Stadtgebiet zu untersagen – etwa per Präfektur-Erlass.
Das vergangene Wochenende stand im Zeichen der Proteste von Fans gegen die kolportierten Maßnahmen, die auf der am 3. Dezember in Bremen beginnenden Innenministerkonferenz besprochen werden sollen, wenn es um die Sicherheit in deutschen Stadien geht. Viele Fanszenen, auch die des 1. FC Köln, protestierten, indem sie zu Beginn der Partien schwiegen und Plakate gegen Verschärfungen durch die Politik präsentierten.
NRW-Innenminister Herbert Reul hat die Vorfälle im Kölner Stadion zur Kenntnis genommen, am Montag erklärte er gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Pyrotechnik ist brandgefährlich und hat im Stadion nichts verloren. Feuer hat mit Fankultur und Fußball nichts zu tun. Das wissen wir nicht erst seit Samstag. Wenn Chaoten dann noch auf Unbeteiligte schießen, sind Verletzte vorprogrammiert“, teilte der CDU-Politiker mit, und weiter: „Proteste gegen die Vorschläge für die Innenministerkonferenz sind legitim, aber dann sollte jeder im Stadion auch zeigen, dass ein sicheres Stadionerlebnis für alle Besucher möglich ist. Pyrotechnik und ein Feuer im Block sind zweifelsohne nicht die richtigen Signale und waren es noch nie.“


