Leverkusen – Gerardo Seoane ist ein Trainer, der sich von den Unwägbarkeiten des Alltags nicht so leicht provozieren lässt. Verletzungen, Corona-Infektionen, Ausbleiben von Siegen, das Abrutschen aus der Saisonzielzone erschüttern den Schweizer äußerlich nicht. Alles, was den Erfolg nicht wahrscheinlicher macht, versucht der Fußball-Lehrer auszublenden. Dass die Werkself nach dem Rückrundenauftakt, dem 2:2 gegen Union Berlin, nur noch auf Platz fünf der Bundesliga-Tabelle steht, bereite ihm keine Kopfschmerzen, erklärte er vor dem Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach (Samstag, 18.30 Uhr).
„Das ist ein Marathon, es gibt noch viele Spieltage. Die Tabelle wird sich immer wieder verändern“, erklärt Seoane, „ich blicke nicht auf das Endziel, sondern viel mehr auf den Weg. Wir versuchen, zu beeinflussen, wie wir mit Ball und ohne Ball spielen, wie wir es schaffen, torgefährlicher zu werden, besser zu verteidigen. Wir müssen uns weiterentwickeln. Nach dem Spiel werfen wir einen Blick auf die Tabelle, aber unter der Woche wirft keiner bei uns einen Blick darauf.“
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Ebenfalls nicht hilfreich für seine Sache findet der Schweizer die Personaldiskussionen dieser Woche. Ein bisschen davon sei wahr, anderes dagegen übertrieben, erklärt er zu den Spekulationen um Nadiem Amiri, der sich in Verhandlungen mit dem FC Genua befinden soll. Den Trainer interessiert nur, dass der Mittelfeldspieler seine jüngste Corona-Infektion überwunden hat und eine Kaderoption ist. Ähnlich verhält es sich mit dem neuesten Lorbeer für Top-Stürmer Patrik Schick (17 Saison-Tore), der von der Deutschen Fußball-Liga und dem Spielehersteller EA Sports zum Spieler des Monats Dezember gewählt wurde. „Dafür gibt keine Punkte. Das ist eine persönliche Auszeichnung. Wir freuen uns für Patrik mit dem Auftrag, weiter so zu performen. Einzelauszeichnungen sind schön, aber wir leben im Kollektiv“, ist Seoanes Kommentar.
Konkrete Zuversicht gibt den Leverkusenern die erste Halbzeit gegen Union, in der sie ihre Überlegenheit mit 1:0 nicht deutlich genug im Ergebnis ausdrücken konnten. „Diese Kompaktheit, die wir da gezeigt hat, wollen wir über 90 Minuten zeigen“, verspricht der Trainer. In Mönchengladbach könnte es bei diesem Versuch zu einem Kuriosum kommen. In der gegnerischen Aufstellung könnte innerhalb von sieben Tagen derselbe Spieler finden, was während des Liga-Betriebs fast nie passiert. Hintergrund ist der Wechsel des Berliner Verteidigers Marvin Friedrich, der unter der Woche für rund fünf Millionen Euro von der Spree an den Niederrhein gewechselt ist. Trainer Adi Hütter sieht in ihm „eine Option“.
Gerardo Seoane blickt auf eine Trainingswoche zurück, die ihn sehr zufriedengestellt hat. Der Einsatz der Spieler, ihre Selbstkritik für den entgangenen Sieg gegen Berlin und der Wille zur Verbesserung der Defizite haben ihn überzeugt. Zu erwarten ist eine Festigung der Defensive alleine dadurch, dass die gegen Berlin noch nicht ganz fitten Piero Hincapie (Covid) und Mitchel Bakker (Rückkehr nach langer Verletzung) weiter zu Kräften kommen konnten. Im Sturm kann Leverkusen abgesehen von Paulinho (Corona positiv) weiterhin das komplette Talent seines Kaders aufbieten.
Dass die Borussia zum Rückrundenauftakt den FC Bayern München geschlagen hat, hilft Bayer 04 natürlich nicht. „Das ist ein guter Gegner, der mit und ohne Ball aktiv ist“, lobt Seoane. Ein Sieg nach vier Spielen ohne dreifachen Punktgewinn würde es ihm erleichtern, die Tabelle auch kommende Woche auszublenden.