Trainer Alexander Ende„Ich will bei Fortuna Köln keinen Beliebtheitspreis gewinnen“

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EndeTraining

Alexander Ende gilt als akribischer Trainer.

Köln – Herr Ende, sind Sie zufrieden mit Ihrer ersten Saison als Trainer des SC Fortuna Köln? Auf jeden Fall. Platz vier und 66 Punkte, das ist ein sehr, sehr gutes Ergebnis. Dazu die Art und Weise unseres Fußballs, mit dem ich mich zu 100 Prozent identifizieren kann. Neben dem sportlichen Erfolg hatte ich auch noch total viel Spaß mit dieser Mannschaft. Es war ein Privileg, diese Truppe in dieser Saison trainieren zu dürfen.

Zuvor waren Sie Jugend- oder Co-Trainer, nun sind sie der Chef. Was sind die größten Unterschiede? Man kann eins zu eins seine Ideen und Gedanken umsetzen, diese Möglichkeit hat man als Co-Trainer nur bedingt. Da muss man dem Cheftrainer seine Gedanken immer irgendwie verpacken: „Meinst du, dies und jenes wäre gut?“ Als Chef kann man seinen Weg selbst zeichnen. Das hat viel Spaß gemacht. Und die Entwicklung der Mannschaft war eine Bestätigung dafür, dass viele meiner Entscheidungen sehr gut waren.

Was für eine Art von Cheftrainer sind Sie? Ich denke, dass ich sehr akribisch bin, da wird niemand etwas anderes sagen. Dazu bin ich ein Trainer, der nah an der Mannschaft dran ist. Ich versuche, die Werte, die mir wichtig sind, ins Team zu transportieren. Aber jeder soll natürlich er selbst bleiben, niemand soll sich verstellen. Wir verbringen so viel Zeit miteinander, da ist das Klima extrem wichtig. Für mich kann ich sagen: Ich konnte immer ich selbst bleiben in der Kabine, das sehe ich als extremes Privileg. Das führt dazu, dass Vertrauen aufgebaut wird. Die anderen merken, dass man selbst echt ist.

In der abgelaufenen Saison beträgt Fortunas Rückstand zu Platz eins 27 Punkte. Der Vorsprung auf Rang 19 sind 28 Zähler… … trotzdem sind wir Vierter. Aber Dortmund II und Rot-Weiss Essen sind marschiert, so wie es das zuvor in der Regionalliga West wohl noch nie gegeben hat. Natürlich wären für uns noch ein paar Punkte mehr drin gewesen. Auf einigen Positionen war die Personaldecke zu dünn, das war sicher ein Faktor. Aber zu den beiden Teams ganz oben hat uns in dieser Saison einfach noch ein großer Schritt gefehlt, das muss man klar so sagen.

EndeAufmunterung

In der kommenden Saison will Alexander Ende mit Fortuna unter den besten drei Teams landen.

Einigen jungen Spielern sind große Schritte nach vorne gelungen. Wie bewerten sie die Entwicklung von Timo Hölscher, Kai Försterling und Jan-Luca Rumpf?

Außergewöhnlich gut. Timo ist sicher eine der großen Entdeckungen dieser Saison. Er hat es geschafft, konstant mit seiner besonderen Spielweise etwas in unser Mittelfeld einzubringen. Mit seinem Tempo, mit seinem unheimlich guten Pressing, mit seiner Laufbereitschaft, alles auf konstant hohem Niveau. Kai ist nach einer Verletzung zurückgekommen und ist dann in wichtigen Spielen nicht nur dabei gewesen, sondern hat auch seine Leistung gebracht. Und Luca ist ein Geschenk für diese Mannschaft, er hat so viel Potenzial. Manchmal muss man sich einfach kneifen, weil er erst 21 Jahre alt ist. Er ist robust, zweikampfstark, schnell, er kann Fußball spielen und hat die nötige Ruhe – er bringt fast alles mit, was einen modernen Fußballer ausmacht. Vergessen darf man aber nicht Jean-Marie Nadjombe und Batuhan Özden. Die beiden sind nochmal jünger und waren schon viel mehr, als nur irgendwelche Lückenfüller. Es wird sehr spannend, wohin die Wege dieser Jungs noch führen werden.

Auf der Führungsebene der Mannschaft gibt es einen Umbruch. Franko Uzelac ist schon seit dem Winter weg, Kevin Rauhut und Roman Prokoph verlassen die Fortuna ebenfalls. Befürchten Sie ein Vakuum? Nein, das wird es nicht geben. Bei der Kaderplanung ist die Führungsstruktur einer Mannschaft ein extrem wichtiger Aspekt, den wir natürlich berücksichtigt haben.

Sören Dieckmann wechselt in die Südstadt

Der SC Fortuna Köln hat den nächsten Zugang für die neue Saison vermeldet. Vom Zweitligisten SV Sandhausen wechselt Sören Dieckmann zum Südstadt-Klub. Der 25 Jahre alte Außenverteidiger soll Nico Ochojski ersetzen, den es zum Drittligisten SC Verl zieht. Der gebürtige Dortmunder Dieckmann kommt aus der BVB-Jugend und spielte seit 2018 in Sandhausen, wo er in sich in drei Jahren auch aufgrund von Verletzungen nicht durchsetzen konnte und nur auf acht Zweitliga-Einsätze kam. Neben Dieckmann hatte die Fortuna bereits die Torhüter André Weis (31/Viktoria Köln) und Felix Buer (21/VfB Homberg), Verteidiger Seymour Fünger (19/Bayer 04), sowie die Offensivspieler Sascha Marquet (31/TSV Steinbach), Stipe Batarilo (27/Alemannia Aachen), Ismail Harnafi (19/Borussia Mönchengladbach) und Dimitry Imbongo (31/ Barakaldo) verpflichtet. (ckr)

Wie gehen Sie mit der Kritik einiger Fans um, die Spieler wie Rauhut oder Prokoph gerne noch länger bei Fortuna gesehen hätten? Ich bin nicht da, um einen Beliebtheitspreis zu gewinnen. In erster Linie ist meine Aufgabe, Entscheidungen zu treffen, die aus meiner Sicht richtig und wichtig für den sportlichen Erfolg sind. Und man muss nur mal in die Vergangenheit schauen: Als ich Spieler bei Fortuna war, stand Christopher Möllering im Tor, er war sehr beliebt. Irgendwann kam dann André Poggenborg und wurde ein Aufstiegsheld. Nach ihm wurde Tim Boss gefeiert – und nun ist Kevin Rauhut eine Identifikationsfigur. Es ist eine stetige Entwicklung. Hätten die Fans uns in dieser Saison an jedem Spieltag begleiten können, hätten sie zu einigen Spielern schon eine viel emotionalere Verbindung. Sie hätten es gespürt, wie sehr die Jungs sich reingeknallt haben. Das U-21-Finale war ein gutes Beispiel: Ich habe es selten erlebt, dass ich mich innerhalb von kürzester Zeit so mit einer Mannschaft identifizieren konnte. Für jeden war spürbar, dass alle ihr Herz in die Hand nehmen und da eine Einheit auf dem Platz steht. So funktioniert Identifikation! Es wird eine unserer Aufgaben in der neuen Saison sein, wieder mit so viel Herzblut Fußball zu spielen, dass auch die neuen Jungs in diese Rollen hineinwachsen können. Aber mein persönliches Handeln darf nie nur von Sympathie geleitet sein.

Fortuna Kölns Ziel für die Saison 2021/22 ist... … eine Weiterentwicklung, auch tabellarisch. Wir sind jetzt Vierter geworden, also wollen wir in der nächsten Saison unter die Top drei. Das ist ein anspruchsvolles Ziel, auch mit Blick auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Vereine. Dazu ist die Regionalliga West die wohl stärkste Vierte Liga Deutschlands.

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Ist der Kader der neuen Saison mit den bisherigen Zugängen dafür bereits stark genug? Wir werden eine sehr gute und sehr spannende Mannschaft haben. Da passt sehr vieles zusammen. Ich bin extrem zufrieden mit den bisherigen Zugängen.

Das Transfer-Budget ist ausgeschöpft? Klar ist: Das, was nicht da ist, wird nicht ausgegeben. Aber vielleicht kommt noch der ein oder andere Sponsor dazu und man kann etwas Budget freilegen. Dann würde ich mich nicht wehren, nochmal in der Spitze nachzulegen – es geht nicht um die Breite des Kaders. Ideen hätte ich.

Wie bewerten Sie die Situation mit Regionalliga-Meister Dortmund II und Essen, das die Wertung einiger Spiele wohl anfechten möchte? Da spricht zu 100 Prozent der Sportler aus mir: Wer nach 40 Spieltagen dort oben an der Spitze steht, der soll auch aufsteigen.

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