Yousoufa Moukoko vor DebütDas Wunderkind mit Torgarantie

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Youssoufa Moukoko mit Trainer Lucien Favre

Dortmund – Mit einer züngelnden Flamme aus dem Kommunikationsbaukasten der Emojis bringt Youssoufa Moukoko in dieser Woche seine Freude auf das bevorstehende Fußballwochenende zum Ausdruck, das einen neuen Lebensabschnitt einleiten soll. Und vielleicht auch die Ära eines großen Sportlers.

Daneben postet er auf seinem viel beachteten Instagram-Account ein knappes „Can’t wait“, endlich geht sie zu Ende, die Zeit des Wartens. Seit seinem 16. Geburtstag am 20. November darf Moukoko für das Profiteam von Borussia Dortmund spielen, mit einem Einsatz am Samstagabend bei Hertha BSC wäre er der jüngste Fußballer, der jemals in der Bundesliga zum Einsatz kam.

 Aber dieser Rekord ist lediglich ein Nebenaspekt eines hoch spannenden Fußballversuchs. Die halbe Fußballnation ist gespannt, wie dieser Kerl, der noch fast ein Kind ist, sich im Männerfußball zurechtfindet. Denn Moukoko ist schon jetzt eine Legende, der aufregendste Fußballer, den es im deutschen Juniorenfußball jemals gab.

„Ein Talent, dem man nicht oft begegnet“

Überall dort, wo er bisher erscheint, wirkt er, als verfüge er über geheimnisvolle Superkräfte. In der Saison 2017/2018 wird Moukoko als Zwölfjähriger in die U17 des BVB befördert, wo er in 28 Partien 40 Tore schießt. Es folgt ein Jahr mit 46 Treffern in 25 Partien, mit 14 steigt er in U19 auf, wo er während seiner 20 Einsätze 34 Tore schießt. Seit dem Sommer trainiert er bei den Profis, schießt nebenher zehn Tore in vier U-19-Partien. „Moukoko hat ein Talent, dem man nicht oft begegnet“, sagt Bundestrainer Joachim Löw.

Die Geschichte dieses Fußballers weckt Erinnerungen an den ganz jungen Lionel Messi, den der FC Barcelona im Alter von 14 Jahren aus Südamerika nach Spanien holt. Aber nicht einmal über den argentinischen Weltstar werden so früh so viele Geschichten erzählt, geschrieben und gemunkelt. Über das „Wunderkind“ mit dem kamerunischen Vater erscheinen die ersten Schlagzeilen, als er gerade mal 13 ist. „Was die Medien schreiben, ich lese das, aber ich mache mir keinen Druck“, behauptet der Hochbegabte in einem Film des klubeigenen TV-Senders. Äußern darf er sich nur in den Hausmedien des BVB.

Diskussionen über Moukokos Alter

Womöglich weiß Lars Ricken ein bisschen mehr. „Wir haben ihn erst einmal abgeschottet“, erklärt der Direktor der Dortmunder Nachwuchsleistungszentrums. „Das was er schon an Öffentlichkeit mitgenommen hat, was er auch schon alles über sich lesen musste, das müssen teilweise gestandene Profis nicht lesen.“ Mit 14 schloss er einen Vertrag mit dem Sportartikelhersteller Nike ab, für den er angeblich bis zu zehn Millionen Euro erhalten soll. Als das publik wird, steigen der Druck und die Erwartungen enorm. Es tauchen Geschichten über eine Freundin auf, noch unangenehmer sind aber die Diskussionen um sein Alter.

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Geboren wird Moukoko in Kameruns Hauptstadt Yaoundé, wo er bei seinen Großeltern aufwächst, bevor er als Neunjähriger von seinem in Hamburg lebenden Vater nach Deutschland geholt wird. Als er beginnt, in der Jugend des FC St. Pauli ein Tor nach dem anderen zu schießen, kursiert das Gerücht, dieses Talent sei in Wahrheit viel älter, seine Papiere seien gefälscht. Es wurde ermittelt und recherchiert, juristisch ist der Fall seit 2016 aber geklärt, das Standesamt Hamburg-Harburg hat den 20. November 2004 offiziell als Geburtstag beurkundet. Und auf dem Platz ist die körperliche Überlegenheit, von der Moukoko in seinen ersten Jahren im Dortmunder Nachwuchsleistungszentrum profitiert, verschwunden.

Lucien Favre: „Er hat ein super Potenzial“

Während der Partien der U19 wirkt er als 15-Jähriger unter lauter Jungs, die zwei Jahre älter sind,  schmächtig. Sein Gesicht hat immer noch kindliche Züge. Und dennoch bekommt keine Abwehr Moukoko unter Kontrolle. Lucien Favre etwa ist begeistert: „Es ist schön, ihn zu sehen“, sagt der Dortmunder Trainer. „Er ist Linksfuß, er ist Rechtsfuß, er hat ein super Potenzial.“

Dabei ist der deutsche U-19-Nationalspieler  auf dem Rasen erstmal gar nicht so auffällig, lauert irgendwo an der Abseitslinie herum, verschwindet manchmal fast. Moukoko ist kein Ronaldo, der ständig den Ball haben will, aber sobald sich das Spiel in die gefährlichen Bereiche hineinbewegt, taucht er auf, als könne er Räume finden, die für andere unsichtbar sind.

Seine Gegner treibt er damit zur Verzweiflung, was im vergangenen Oktober in Gelsenkirchen in einen Skandal mündet. Während einer U-19-Partie beim FC Schalke, in der der Stürmer alle drei Tore zum 3:2-Sieg des BVB erzielt, wird er von Zuschauern rassistisch beleidigt und schreibt anschließend auf Instagram: „Ihr könnt mich hassen und beleidigen, aber ihr werdet mich niemals unterkriegen, denn was ich liebe, werde ich immer tun und das ist Fußball spielen und Tore schießen.“

Eine Woche danach lässt er sich nach einem Elfmetertor auf das linke Knie sinken und streckt die rechte Faust nach oben, mit dieser Geste bekunden Sportler weltweit ihre Unterstützung für die „Black Lives Matter“-Bewegung. Mit Youssoufa Moukoko betritt ein Mann die Bundesligabühne, der nicht nur als Sportler interessant ist, sondern auch als Mensch.

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