Kommentar zur NationalelfBei Werner wirkt die Therapie des Dr. Flick, bei Sané nicht

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Thomas Müller (Mitte) und Leroy Sané gratulieren Timo Werner

Köln – Als die Partie gegen Italien durch den Zusammenbruch des Gegners früh in der zweiten Halbzeit entschieden war, nahm das Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft Züge einer gemeinschaftlichen Therapiesitzung an. Bundestrainer Hansi Flick begann auszuwechseln und nahm, anders als gewöhnlich, Leute vom Platz, die bis dahin überzeugt hatten.

Auf dem Platz blieben die Problemfälle, namentlich Timo Werner und Leroy Sané. Beim Stand von 3:0 erfüllte das Spiel gegen den viermaligen Weltmeister nur einen Zweck: Den beiden durch ihre Misserfolge in den Vereinsmannschaften traumatisierten Offensivkräften Glücksmomente zu verschaffen. Die einzige Medizin für Linderung der akuten Seelenbeschwerden, die alles Physische hemmen und sogar einfachste Verrichtungen wie Pässe aus kurzer Distanz und unbedrängte Ballannahmen unmöglich machten.

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Günstiger konnte die Gelegenheit nicht werden. Das Publikum feierte, der Gegner erlaubte eine Torchance nach der anderen, die Kollegen taten alles, um die Leidenden in Szene zu setzen. Der Therapieauftrag war so deutlich, dass man sich die Frage stellte, ob nicht die Krankenkasse alle Kosten übernehmen sollte. Und als Timo Werner zwei Bälle für die Füße fielen, die er nicht mehr am Tor vorbei schießen konnte, hatte Dr. Flick Recht bekommen. Ein deutscher Mittelstürmer hatte mit dem Adler auf der Brust zwei Tore erzielt.

Das war die wichtigste Botschaft des Abends. Neben der Nachricht, dass diese Mannschaft nach vier 1:1-Unentschieden ein Spiel gewinnen konnte und knapp ein halbes Jahr vor WM-Beginn ihre Achse wohl gefunden hat: Den fantastischen Neuer im Tor, das stabile Innenverteidigerduo Rüdiger/Süle davor, die Ballmaschinen Kimmich/Gündogan im defensiven Mittelfeld, vor ihnen irgendwas mit dem Spielertrainer Müller und auf den Seiten neue Wucht mit Raum und Hofmann. Der Rest wird sich angesichts der massiven Klasse, die sich im Kader ballt, schon irgendwie finden. Und man hat jetzt immerhin Timo Werner. Erstmal.

Verfehlt hatten alle Anstrengungen ihre Wirkung allerdings bei Leroy Sané. Der rätselhafte Münchner stolperte sich bis zum Schlusspfiff beim Stand von 5:2 durch die Sitzung, und am Ende waren Gefühle wie Verärgerung und Verblüffung dem Mitgefühl gewichen. Zwei Nations-League-Spiele im September bleiben noch, um herauszufinden, was der begnadet talentierte, aber offenbar traumatisierte Fußballer hat. Die Frage ist nur, ob Dr. Flick sie alleine ihm widmen können wird.

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