Olympia-KommentarDie falschen Spiele von Peking sind eine Tragödie für die Athleten

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Olympia Kommentarbild

Blick auf die olympischen Ringe auf einem chinesischen Turm in der Yanqing-Region.

Köln – Die olympische Geschichte ist voller Beispiele dafür, dass die Ideale der größten Bewegung des Weltsports missbraucht, verhöhnt und geschändet wurden. Man denke nur an die Nazi-Inszenierung von 1936 in Berlin, an der sich die Welt staunend berauschte, bevor sie von den Regisseuren des Spektakels in einen Weltkrieg gerissen wurde. Wer nach einem von Machtpolitik, Gewinnsucht und Doping-Skandalen freien Olympia sucht, wird in den letzten 50 Jahren schwer fündig.

Barcelona 1992, Lillehammer 1994, Sydney 2000 und London 2012 waren heitere, im weitesten Sinn unbelastete Spiele. Der Rest ist eine Geschichte offener politischer Auseinandersetzungen, dopinggetriebener Medaillenschlachten, zynischer Gewinnmaximierung und grober Umweltzerstörung.

Chinas Botschaften widersprechen den Werten der Welt

Niemals sind jedoch Athleten selbst mit einem solchen Widerwillen zu Olympischen Spielen gefahren wie zu diesen nach China, die am Freitag offiziell eröffnet werden. Das hat einerseits viel zu tun mit den Zumutungen, denen sie in der Pandemie durch die strengsten Corona-Auflagen der Welt ausgesetzt sind. Andererseits aber auch mit dem ganz offensichtlichen Wissen darum, dass diese Olympischen Winterspiele falsch sind. Chinas Botschaften an die Welt widersprechen seit langer Zeit den Grundwerten, die der Sport transportieren sollte: Menschlichkeit, Respekt, Toleranz, Fairness.

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Es wäre jedoch naiv und ungerecht, von den Athleten zu verlangen, dem Problem durch persönlichen Boykott zu begegnen. Die meisten von ihnen widmen sich ihren Disziplinen unter großer Opferbereitschaft am Rande des Sportler-Existenzminimums und können nur alle vier Jahre auf olympischer Bühne Momente des Ruhms erhaschen. Sie müssen diese Bühne betreten, wo immer sie von den zwielichtigen bis korrupten internationalen und nationalen Sportverbänden aufgebaut wird. Dass es im Winter 2022 in Peking ist, ist für sie eine Tragödie.

Olympia unter harter internationaler Kritik

China muss die Veranstaltung allerdings ohne den erhofften Glanz und Pomp unter harter internationaler Kritik durchziehen. Das wird die Führung des Milliarden-Volkes aber nicht von ihrem Weg abbringen. Sie wird weiterhin nach ihren eigenen, autoritären Regeln spielen, die sie innerhalb weniger Jahrzehnte zur Supermacht gemacht haben, der sich niemand entziehen kann. Wer glaubt, China ignorieren zu können, muss sich seine unmittelbare Umwelt einmal ohne chinesische Produkte, Güter und Leistungen vorstellen. Und diese Bilder würden unserer wirklichen Abhängigkeit von diesem Giganten vermutlich nicht einmal nahe kommen.

Das immerhin ist, zu einem hohen Preis, die Chance dieser falschen Spiele von Peking. Dass die im weitesten Sinne freie Welt, die sonst am liebsten geräuschlos ihre Geschäfte mit China macht, für einen Moment dazu gezwungen wird, sich mit dieser Super-Macht und ihren Zielen auseinanderzusetzen.

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