Von wegen Midlife-CrisisDie beste Zeit im Leben beginnt mit 30 Jahren

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Der 30. Geburtstag wird von vielen gefürchtet. 

Vigo – Ab 30 geht es bergab? So ein Unsinn. Im Gegenteil: Dann wird's erst richtig gut! Eine neue Studie hat gezeigt, dass ältere Europäer in der Rückschau die Zeit zwischen 30 und 34 als die glücklichste in ihrem Leben bewerten. 

Die Verhaltensökonomin Begoña Álvarez von der spanischen Universität Vigo wertete für diese Erkenntnisse Daten der Sharelife 2008/2009-Studie aus, für die sich knapp 27.000 Teilnehmer aus 13 europäischen Ländern retrospektiv zu ihren Lebensumständen äußerten. Die Probanden waren allesamt zwischen 50 und 80 Jahre alt, mussten tabellarische Lebensläufe erstellen und wurden gefragt, welche Veränderungen und Ereignisse es zu welchen Zeiten in ihrem Leben gegeben habe. Nachzulesen sind die Ergebnisse im Fachjournal Springer Social Indicators Research

„Wann war die glücklichste Zeit in Ihrem Leben?“

Bei der Auswertung der Daten fokussierte sich Álvarez vor allem auf die Frage: „Wenn Sie auf Ihr Leben zurückblicken, gab es einen Zeitraum, in dem Sie glücklicher waren als in ihrem restlichen Leben? Wenn ja, wann fing diese Phase an und wann hörte sie auf?“ Kaum einer der Befragten verortete seine glücklichsten Jahre in der Kindheit – was auch daran liegen könnte, dass man sich daran nicht mehr ganz so gut erinnert. Statt dessen wurde am häufigsten die Zeit zwischen 30 und 34 genannt.

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Aus den Aussagen aller Länder, Altersgruppen und Geschlechter ergibt sich eine Kurve: Ab Anfang 20 steigt das Wohlbefinden der Teilnehmer an und erreicht zwischen Anfang und Mitte 30 einen Höhepunkt. Anschließend sinkt es allmählich wieder ab. Álvarez vermutet, dass sich das Verständnis von Glück und Freude nach der Kindheit rund um den 18. Geburtstag verändert und die Menschen durch die neu gewonnenen Freiheiten glücklicher werden.

Es wird vermutet, dass Kinder und Partnerschaft glücklich machen

Warum die Menschen zwischen 30 und 34 besonders zufrieden sind, geht aus der sehr detaillierten Untersuchung leider nicht eindeutig hervor. Álvarez mutmaßt, dass es mit einer konstanten Partnerschaft und/oder der Geburt von Kindern zusammenhängen könnte – beides Ereignisse, die rund um den 30. Geburtstag wahrscheinlicher sind als zehn Jahre früher oder später. Ebenso scheinen die Erwerbstätigkeit und eigenes Geld eine Rolle für die Zufriedenheit zu spielen.

Ebenso unklar bleibt, warum die Menschen in den meisten der befragten europäischen Länder Richtung 40 wieder unzufriedener werden. Eine Ausnahme bildet hier Frankreich: So gaben die Befragten aus diesem Land am häufigsten an, in jedem Alter eine glückliche Lebensphase erlebt zu haben: die Prozentsätze erreichen hier 15 Prozent in der Kindheit, 50 Prozent in der Lebensmitte und nicht weniger als 40 Prozent im höheren Alter. Im Gegensatz dazu liegen die Prozentsätze in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und der Schweiz in allen Altersgruppen relativ niedrig bei jeweils unter 20 Prozent. Das kann zum einen bedeuten, dass die Menschen in Frankreich am zufriedensten sind, zum anderen aber auch, dass die Befragten in den anderen Ländern weniger Höhen und Tiefen erlebt haben und ihre Zufriedenheit über die Jahre deshalb bei konstant 20 Prozent verorten. 

Bewertung der Vergangenheit bemisst sich oft an der Gegenwart

Die Ergebnisse der Befragung stehen im Gegensatz zu dem, was Verhaltensforscher und Psychologen bisher angenommen haben, nämlich dass das Wohlbefinden der Menschen als U-förmige Kurve verläuft. Bisher war man davon ausgegangen, dass die Zufriedenheit in jungen Jahren und im höheren Alter ab etwa 60 besonders hoch ist, dafür aber in den mittleren Jahren eher niedriger. Álvarez gibt zu bedenken, dass die Einschätzung der Jahre zwischen 30 und 34 rückblickend verzerrt erscheinen könnte. Die psychologische Forschung habe vielfach gezeigt, dass die nachträgliche Bewertung der Vergangenheit stark davon abhänge, wie man sich aktuell in der Gegenwart fühle. Wenn man aktuell zufrieden sei, neige man auch eher dazu, die Vergangenheit positiver zu bewerten.

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