Bonner FinanzaufsichtBafin warnt vor Bankenpleiten in Deutschland

Lesezeit 3 Minuten
bafin

Köln – Kaum eine Behörde stand in den vergangenen Monaten so sehr in der öffentlichen Kritik wie die Bankenaufsicht Bafin in Folge des Milliardenskandals von Wirecard. Auf der Jahrespressekonferenz stand deshalb vor allem die Neuausrichtung der Bafin im Vordergrund.

Die Finanzaufsicht will künftig sehr viel genauer „hinter die Fassade“ von Banken und komplexen Unternehmen schauen. „Bei solchen Unternehmen wollen wir schneller, genauer und aus erster Hand wissen, wo die Erträge herkommen, denn wo das Geld verdient wird, liegen die Risiken“, sagte der neue Bafin-Chef Raimund Röseler.

Neue Eingreiftruppe

Eine Eingreiftruppe soll bei Unternehmen ab Mitte August vor Ort schnell intensive Untersuchungen vornehmen können. Gerade wenn es schnell gehen müsse, wolle die Bafin kein zeitraubendes Vergabeverfahren anstoßen müssen, um einen Wirtschaftsprüfer zu beauftragen.

„Wenn wir auf intransparente Verhältnisse stoßen und uns keine Klarheit verschaffen können, handeln wir – und schränken die Geschäfte notfalls ein“, versprach Röseler, der die Behörde nur übergangsweise führt. Im Sommer soll der Chef der Schweizer Finanzaufsicht Finma, Mark Branson, sein Amt als neuer Bafin-Präsidenten antreten.

Jahrelanger Milliardenbetrug

Ex-Bafin-Chef Felix Hufeld musste in Folge des Bilanzbetrugsskandals zurücktreten. Der Aufsicht wird  vorgeworfen, viel zu spät und falsch auf die Vorwürfe der Bilanzunregelmäßigkeiten reagiert zu haben. Weder der Finanzaufsicht noch den Wirtschaftsprüfern von EY war der mutmaßliche jahrelange Milliardenbetrug von Wirecard aufgefallen. Der inzwischen insolvente Finanzdienstleister hatte Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt, nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft könnte der tatsächliche Schaden noch größer sein. Im Sommer 2020 ging der ehemalige Dax-Konzern pleite. Investoren, Banken und Kunden verloren Milliarden.

Die Bundesregierung brachte schließlich eine Reform der Aufsicht auf den Weg,  um ähnliche Pannen künftig zu vermeiden. Allerdings sei auch dies kein Garant dafür, dass der Bafin nie mehr Fehler unterliefen. „Man kann uns als Aufsicht bis an die Zähne forensisch bewaffnen, es wird und kann in einem Rechtsstaat nie gelingen, jede Art von Kriminalität zu verhindern“, sagte Röseler.

Bankenpleiten befürchtet

Mit Blick auf die Lage der Banken in der Corona-Krise sieht der Bafin-Chef derzeit noch keine Systemkrise. Dies soll aber nicht als Entwarnung für alle Finanzinstitute gelten. „Das eine oder andere Institut, das schon vor der Krise auf wackligen Beinen stand, übersteht die Pandemie möglicherweise nicht“, sagte Röseler. Die Kosteneffizienz der Banken in Deutschland hat sich laut Röseler in den vergangenen 15 Jahren verschlechtert: Während Erträge sanken, stiegen die operativen Kosten.

Das könnte Sie auch interessieren:

Der tatsächliche Wertberichtigungsbedarf der Institute werde sich erst zeigen, wenn die staatlichen Hilfsprogramme ausliefen und das Insolvenzrecht wieder in vollem Umfang greife. Mit welchen Verzögerungen sich das bei den Banken niederschlagen werde, sei kaum abzusehen.

KStA abonnieren