Die Deutsche Bahn lässt offenbar Züge ausfallen, um ihre Statistik aufzuhübschen. Die Schönfärberei ist symptomatisch für den Zustand des Staatskonzerns.
Deutsche BahnErst kommt die Kapitulation vor dem Problem, dann die Schönfärberei

ICE-Züge stehen im Werk der Deutschen Bahn: Ein Unternehmen in der Krise – und ohne Chef.
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Wie kann die Deutsche Bahn schon bald 100 Prozent Pünktlichkeit erreichen? Sie muss nur den Betrieb einstellen. Das ist jedenfalls die Logik der DB-Statistik, die Züge offenbar lieber aus dem Programm nimmt, als sie eine weitere horrende Verspätung einfahren zu lassen. Ein Zug, der nicht kommt, kann sich nicht verspäten.
Kapitulation vor dem Problem
Insider mögen diese Praxis tiefschürfend begründen, aber es läuft auf sehr Einfaches hinaus: Die Zahlen sehen besser aus, während die Fahrgäste wie immer genervt warten. Erst kommt die Kapitulation vor dem Problem, dann die Schönfärberei. Das ist symptomatisch für die Verfassung des Staatskonzerns.
Der anstehende Führungswechsel ist aus diesem und anderen Gründen überfällig. Dass er einen grundlegenden Neubeginn markiert, darf man allerdings aus zwei Gründen bezweifeln. Zum einen braucht es mehr als einen neuen Kopf an der Spitze für eine neue Unternehmenskultur - und um die geht es nicht zuletzt.
Vor allem aber ändert sich nichts auf der anderen Seite des Krisengebiets: Die Bundesregierung geht - wie ihre Vorgängerinnen - planlos mit einem ihrer wertvollsten Besitztümer um.
Der Minister schlingert
Verkehrsminister Patrick Schnieder will Bahnchef Richard Lutz erst halten und wirft ihn dann doch ohne neue Begründung raus. Lutz darf aber als „lame duck“ noch eine Weile den Kopf hinhalten, denn der Minister kam noch nicht dazu, die Nachfolge zu klären. Es geht ja nur um einen Konzern mit 300.000 Beschäftigten.
Vielleicht wird jemand am Montag präsentiert, vielleicht auch nicht. Es ist zu fürchten, dass das von Telefonaten am Wochenende abhängt. Vielleicht findet der oder die Neue eine neue Bahn-Strategie der Bundesregierung vor, vielleicht auch nicht. Schnieder will jedenfalls klären, „wie wir als Eigentümer überhaupt mit dieser Bahn umgehen“. Professionell, wäre gut.