Im Regional- und FernverkehrAn diesen NRW-Bahnhöfen gibt es die meisten Verspätungen

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Reisende warten am Kölner Hauptbahnhof auf einen ICE der Deutschen Bahn.

Mehr als jeder dritte Zug im Fernverkehr der Deutschen Bahn kommt verspätet an, zeigt unsere Auswertung.

Mehr als jeder dritte Zug im Fernverkehr der Deutschen Bahn kommt verspätet an. An den Bahnhöfen in NRW gibt es dabei große Unterschiede, wie eine interaktive Karte zeigt.

„... heute circa 20 Minuten später“, hallt die automatische Durchsage am Kölner Hauptbahnhof über das Gleis, viele Reisende verdrehen genervt die Augen. Alltag im deutschen Fernverkehr: Der Zug hat Verspätung. Wie häufig das vorkommt, zeigt die Statistik der Deutschen Bahn: 2022 erreichten nur zwei von drei ICEs und ICs pünktlich ihr Ziel, Reisende mussten so oft warten wie seit mindestens zehn Jahren nicht mehr.

Verspätungen beim Regionalverkehr im Rheinland um 48 Prozent gestiegen

Auch im Regionalverkehr des Rheinlands hat sich die Pünktlichkeit im Jahr 2022 zum zweiten Mal in Folge deutlich verschlechtert – und zwar um 48 Prozent. Das geht aus dem Qualitätsbericht des Nahverkehr Rheinland (NVR) vor, der seit 1. Januar 2023 „go.Rheinland“ heißt.

Die durchschnittliche Verspätung über alle Zugkategorien hinweg, also Regionalexpress (RE), Regionalbahn (RB) und S-Bahn, lag bei 3:05 Minuten. Damit waren die Züge im Vergleich zum Jahr 2021 genau eine Minute unpünktlicher. Die höchsten Verspätungswerte wurden in den Monaten des 9-Euro-Tickets im Juni, Juli und August 2022 eingefahren.

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Durch die deutliche Zunahme an Fahrgästen stieß das Bahnsystem insbesondere an den Wochenenden an seine Grenzen. Vor allem an den Bahnhöfen dauerte das Ein- und Aussteigen wegen der hohen Fahrgastzahlen deutlich länger als im Fahrplan vorgesehen. Weitere Gründe für die verschärfte Situation ist die zunehmende Überlastung der Bahnknoten Köln, Bonn und Aachen, an denen sich Verspätungen sehr schnell auf andere Züge übertragen. Auch kam es immer häufiger zu Trassenkonflikten mit dem Fern- und Güterverkehr. Die pünktlichsten Werte weisen weiterhin die S-Bahnen auf, weil sie häufig auf eigenen Gleisen unterwegs sind. Hier kam es zu einem Anstieg auf 2:14 Minuten (plus 59 Prozent). Bei den RB-Linien stiegen die Verspätungswerte auf 2:58 Minuten (plus 73 Prozent) und bei den RE-Linien auf 4:17 Minuten (plus 119 Prozent).

Im Fernverkehr der Deutschen Bahn lag die Pünktlichkeitsquote im vergangenen Jahr bei 65,2 Prozent und damit zehn Prozentpunkte unter dem Vorjahresniveau. Als pünktlich gilt ein Zug im Fernverkehr, wenn er nicht mit mehr als sechs Minuten Verzögerung an einem Bahnhof ankommt. Züge, die ausfallen, werden in der Statistik nicht berücksichtigt – die Auswirkungen von beispielsweise Warnstreiks sind also nicht zu erkennen.

Als Gründe für die vielen Verspätungen 2022 nannte die Deutsche Bahn unter anderem die überalterte und knappe Infrastruktur, viele Baustellen sowie das rasant wachsende Verkehrsaufkommen. Zuvor hatte die Quote meist über 75 Prozent gelegen, drei Viertel aller Züge im Fernverkehr kamen also pünktlich ans Ziel. Im Corona-Jahr 2020 war der Wert sogar auf mehr als 80 Prozent gestiegen, da weniger Menschen mit dem Zug reisten und Haltezeiten an Bahnhöfen verkürzt werden konnten.

Regionale Unterschiede bei Zugverspätungen in NRW

Im Fernverkehr sind die Pünktlichkeitsquoten für jeden einzelnen Bahnhof verfügbar – mit regional teils deutlichen Unterschieden. Um die Entwicklung der Werte seit Beginn des Jahres 2020 sichtbar zu machen, haben wir Daten des Eisenbahnportals „Zugfinder“ mit Blick auf Verspätungen in Nordrhein-Westfalen ausgewertet.

Die folgende Karte zeigt, wo die Zahl der fahrplanmäßig einfahrenden Fernzüge am geringsten (rot) beziehungsweise am höchsten (blau) ist. Je dunkler der Rotton, desto geringer war der Anteil der pünktlichen Ankünfte im ersten Quartal 2023. 

Am schlechtesten schneidet der Bahnhof Bonn-Beuel ab: Nicht einmal jeder zweite Zug kam hier zwischen Januar und April 2023 pünktlich an, die Pünktlichkeitsquote lag bei 47,2 Prozent.  Nicht viel besser schnitt der Bonner Hauptbahnhof mit 48,2 Prozent ab. Am Kölner Hauptbahnhof lag die Pünktlichkeitsquote für das erste Quartal 2023 bei 54,6 Prozent, am Bahnhof Köln Messe/Deutz bei 61,3 Prozent.

Der Bahnhof Siegburg/Bonn schaffte es mit einer Quote von 68,9 Prozent in der Region auf den zweiten Platz, getoppt nur noch vom Halt Köln/Bonn Flughafen: Dort lag die Pünktlichkeitsquote bei 82,3 Prozent – Spitzenwert in Nordrhein-Westfalen.

Halt am Flughafen Köln/Bonn verbessert

Verglichen mit dem ersten Quartal 2020 hat sich die Situation an fast allen Bahnhöfen in Nordrhein-Westfalen verschlechtert. Beim ersten und letzten Platz hat sich jedoch nichts verändert: Mit einer Pünktlichkeitsquote von 51,6 Prozent lag der Bahnhof Bonn-Beuel auch vor drei Jahren schon auf dem letzten Platz in Nordrhein-Westfalen, seitdem ist die Quote um 4,4 Prozentpunkte gesunken.

Der Halt am Flughafen Köln/Bonn hat sich derweil um 1,4 Prozentpunkte verbessern können, im ersten Quartal 2020 lag die Pünktlichkeitsquote noch bei 80,9 Prozent. Am Bonner Hauptbahnhof ist der Anteil der pünktlichen Verbindungen seit 2020 um 14,8 Prozentpunkte gesunken, am Kölner Hauptbahnhof um 13,9, am Bahnhof Messe/Deutz um 12,2.

Deutsche Bahn will Pünktlichkeit langfristig verbessern

Um unter anderem die Pünktlichkeit langfristig zu verbessern, plant die Bahn ab Juli 2024 umfassende Sanierungen wichtiger Strecken. Streckenabschnitte sollen dann für mehrere Monate komplett gesperrt werden, um in dieser Zeit alles zu erneuern, was erneuert werden muss: Gleise, Signale, Weichen, Bahnübergänge. Statt wie in der Vergangenheit immer wieder kleinere Baustellen einzurichten, soll einmal radikal gesperrt werden, um langfristig eine zuverlässigere Infrastruktur zu schaffen.

Losgehen soll es im Juli 2024, einen Tag nach dem Endspiel der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland. Als erster Schritt soll die Strecke Frankfurt/Main-Mannheim für fünf Monate gesperrt werden.

Einem Konzeptpapier der Deutschen Bahn zu den Zeiten für die Streckenabschnitte ist zu entnehmen, dass die Sanierung der Strecke Köln-Dortmund-Hamm für 2027 vorgesehen ist.

Personalsituation bei der Bahn auch für Verspätungen verantwortlich

Neben der Modernisierung der Strecken ist auch die Personalsituation bei der Deutschen Bahn mitunter für Verspätungen verantwortlich. Zu beobachten war das im vergangenen Dezember, als ein Rekordhoch an Passagieren zur Weihnachtszeit auf einen hohen Krankenstand und Unwetter mit Schnee und Blitzeis trafen: Die Pünktlichkeitsquote sank auf 52 Prozent.

Nicht einmal Schneesturm Tristan im Februar 2021 oder Sturmtief Ignatz im Oktober 2021 haben die Werte so stark nach unten gedrückt. 

Um solche Negativschlagzeilen zukünftig zu vermeiden, will die Deutsche Bahn 2023 mehr als 25.000 Menschen einstellen, dazu zählen 9000 zusätzliche Stellen. Damit soll die Personalkapazität dem Fahrgastaufkommen angepasst werden, denn für 2023 rechnet die Deutsche Bahn mit mehr als 150 Millionen Reisenden – eine neue Rekordzahl.

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