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Neue GasumlageDiese Mehrkosten kommen jetzt auf Verbraucher zu

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Eine Person dreht eine Heizung auf. (Symbolbild)

Ratingen/Köln – Auf Gaskunden kommen ab Herbst wegen einer neuen staatlichen Umlage Preissteigerungen zu. Es wird zunächst aber nicht so teuer wie befürchtet. Die Höhe der Gasumlage wird bei 2,419 Cent pro Kilowattstunde liegen.

Das teilte die Firma Trading Hub Europe, ein Gemeinschaftsunternehmen der Gas-Fernleitungsnetzbetreiber in Deutschland, am Montag in Ratingen mit. Mit der Umlage werden erhöhte Beschaffungskosten von Importeuren an die Kunden weitergegeben. Entscheidend ist aber, was das für Privatleute je nach Wohnsituation bedeutet.

Kosten für Haushalt mit Reihenhaus

Bei einem Haushalt mit Reihenhaus und einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden betragen die Mehrkosten laut dem Vergleichsportal Check 24 im Jahr rund 484 Euro.

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Falls zusätzlich die Mehrwertsteuer fällig wird, steigen die Kosten auf 576 Euro. Die Bundesregierung will allerdings verhindern, dass diese fällig wird. Das Wirtschaftsministerium war zuvor von einer Spanne von 1,5 bis fünf Cent je Kilowattstunde ausgegangen – fünf Cent hätten in demselben Beispiel Mehrkosten von 1000 Euro pro Jahr bedeutet.

Kosten für Familie mit freistehendem Einfamilienhaus

Laut Check24 muss eine Familie mit freistehendem Einfamilienhaus mit umlagebedingten Mehrkosten von 847 Euro (mit MwSt. 1008 Euro) rechnen.

Kosten für Singlewohnung

Für eine Single-Wohnung von 50 Quadratmetern wird die Umlage ohne Steuer auf 121 Euro jährlich geschätzt.

Kosten für große Wohnung

Eine Wohnung mit 100 Quadratmetern und zwei Erwachsenen (12 000 Kilowattstunden) verursacht im Jahr Mehrkosten von 290 Euro (mit Mehrwertsteuer 345 Euro).

Gaspreise schon vor Umlage kräftig gestiegen

Die Privathaushalte in Köln und der Region bekommen die explodierenden Kosten für Gas in Folge des Angriffskrieges auch bereits ohne die neue Umlage zu spüren. Die Rhein-Energie als größter Kölner Versorger erhöht den Preis für eine Kilowattstunde Erdgas von derzeit 7,87 Cent um 10,43 Cent auf 18,3 Cent. Das entspricht einem Anstieg von 133 Prozent. Die Preiserhöhung tritt zum 1. Oktober in Kraft, wie Achim Südmeier, Vertriebsvorstand der Rhein-Energie, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ Anfang August sagte.

Die Preise für Fernwärme steigen ebenfalls deutlich, wenn auch nicht so stark wie für die Kunden, die auf Gas als Wärmequelle direkt angewiesen sind. Für eine typische Wohnung von 65 Quadratmetern werden ab 1. Oktober im Schnitt 705 Euro fällig. Vor einem Jahr waren es 407 Euro. Das entspricht einem Anstieg von etwa 73 Prozent.

Die Ursachen für die Gaspreiserhöhung sind vielschichtig. Bereits zum Jahreswechsel hatte es eine Preisexplosion gegeben, die viele kleinere Anbieter in die Insolvenz trieb. Grund war die steigende Nachfrage nach dem vermeintlichen Ende der Corona-Pandemie.

Gasumlage soll Versorgern zugutekommen

Die Umlage soll Gasversorgern zugutekommen, die zu hohen Preisen Ersatz für ausbleibende, günstigere Gasmengen aus Russland kaufen müssen. Die Umlage gilt ab Anfang Oktober. Sie werde aber nicht unmittelbar auf den Rechnungen sichtbar werden, sondern mit etwas Zeitverzug, so das Ministerium.

Es gebe aus Verbraucherschutzgründen Ankündigungsfristen im Energiewirtschaftsgesetz von vier bis sechs Wochen, die eingehalten werden müssten. Daher werde die Umlage wahrscheinlich erstmals im November/Dezember auf den Rechnungen auftauchen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, die Umlage sei „bei weitem kein einfacher Schritt“, aber notwendig, um die Wärme- und Energieversorgung in den privaten Haushalten und der Wirtschaft aufrechtzuerhalten. „Sonst wäre die Versorgungssicherheit gefährdet.“

Habeck verspricht Entlastungspaket

Laut Habeck haben insgesamt zwölf Gasimporteure ihre Ersatzbeschaffungskosten bei Trading Hub Europe angemeldet, einem Gemeinschaftsunternehmen der Gas-Fernleitungsnetzbetreiber.

Bezogen auf den Umlagezeitraum bis Anfang April 2024 machten diese Gasimporteure 34 Milliarden Euro an Kosten geltend, dies entspricht 90 Prozent der erwarteten Ersatzbeschaffungskosten für diese Zeit. Energiekonzerne wie RWE und Shell wollen die Umlage nicht in Anspruch nehmen.

Habeck sagte, die Umlage müsse und werde von einem weiteren Entlastungspaket begleitet werden. „Die Energiepreise sind durch den russischen Angriffskrieg insgesamt enorm gestiegen. Gerade für diejenigen, die nicht viel haben, ist das eine hohe Belastung, die nicht oder nur schwer zu tragen ist.“

Die Bundesregierung habe sich schon auf erste Schritte wie eine Ausweitung des Wohngeldes mit einem Heizkostenzuschuss verständigt. „Ich meine aber, dass weitere zielgenaue Entlastungen nötig sind. In dieser Krise müssen wir den demokratischen Konsens sozialpolitisch absichern.“

EU-Ausnahmeregelung erbeten

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Privatleuten angesichts der stark gestiegenen Energiepreise zusätzliche Entlastungen zugesichert. Es werde niemand alleine gelassen. Habeck bekräftigte, der Staat solle über die Umlage letztlich keine höheren Mehrwertsteuereinnahmen erzielen. „Wir werden einen Weg finden, um sicherzustellen, dass es da nicht noch zu einer zusätzlichen Belastung kommt.“

Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat auf EU-Ebene um eine Ausnahme gebeten, damit Deutschland auf die geplante staatliche Gasumlage keine Mehrwertsteuer erheben muss. Die Umlage endet am 1. April 2024.

Sie wird laut Ministerium monatlich abgerechnet und kann alle drei Monate angepasst werden. Sollte Russland seine vertraglich zugesicherten Mengen wieder vollumfänglich erfüllen, werde die Preisanpassung auf null gesetzt.

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Das Wirtschaftsministerium sieht die Umlage als Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Dieser habe die ohnehin angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft. Russland habe seit Mitte Juni seine Gasmengen nach Deutschland in unberechenbarer Weise reduziert, damit eine künstliche Knappheit geschaffen.

Dieser „externe Schock“ treffe Deutschland besonders, das bislang stark von günstigem Gas aus Russland abhängig war. Gasimporteure haben Lieferpflichten gegenüber ihren Kunden, vor allem gegenüber Stadtwerken.

Die Importeure können diesen Lieferpflichten nur gerecht werden, indem sie die ausgefallenen Mengen aus Russland durch den Kauf deutlich teurerer Mengen am Kurzfristmarkt ersetzen. Bisher können diese Mehrkosten nicht weitergegeben werden. Bei Importeuren sind erhebliche Verluste entstanden. (mit dpa, afp)

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