Interview mit Toyota-Chef„Wir haben aus der Tsunami-Katastrophe gelernt“

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Toyota

Toyota-Chef André Schmidt

  • Seit Anfang des Jahres steht André Schmidt an der Spitze von Toyota Deutschland
  • Er erklärt, warum Toyota besser als andere durch die Chip-Krise kommt
  • Und warum E-Autos nicht für jeden Sinn machen und wie Toyota in Köln verwurzelt ist

Herr Schmidt, Sie haben die Führung von Toyota Deutschland Anfang 2021 mitten in der Corona-Pandemie übernommen. Was waren die größten Herausforderungen bei Ihrem Amtsantritt?

André Schmidt: Zuerst einmal überhaupt mit meinem Team in Kontakt zu treten Der Lockdown hat das erschwert. Viele Team-Mitglieder habe ich erst Monate später persönlich kennengelernt. Und wie alle, hatten auch wir gehofft, dass die Normalität schneller wieder zurückkehrt. Diese Hoffnung wurde dann mehrfach enttäuscht. Außerdem war es wichtig, die Händler weiter zu motivieren, die die Situation mit Exzellenz gemeistert haben. Wir mussten neue Wege gehen. Inwiefern?

Wir haben etwa hier in unserer Toyota-Collection in Marsdorf Live-Beratungen für Kunden angeboten oder der Handel per Whats-App Verkäufe angebahnt. Wir waren einfach kreativ.

Zur Person

André Schmidt hat seit Januar 2021 die Gesamtverantwortung als Präsident bei Toyota Deutschland. Zuvor arbeitete er für das japanische Unternehmen in den USA, war Präsident von Toyota Schweden sowie Marketing Direktor von Toyota Deutschland. Zu seinen früheren Erfahrungen in der Automobilindustrie zählen unter anderem vier Jahre bei Mitsubishi Motors Europe sowie Positionen als Strategieberater für die GfK Gruppe. Der gebürtige Bad Kissinger ist gelernter Bankkaufmann und hat an der Universität Passau, Bayern, sein Studium als Diplomkaufmann abgeschlossen. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

Wie ist Toyota bislang durch die Krise gekommen?

Wir sind in Deutschland aber auch europaweit gut durch die Krise gekommen. Toyota ist nach VW in Europa  die Nummer zwei im Markt. Ganz konkret: In der ersten Phase war es vor allem wichtig, das Geschäft am Laufen zu halten. Dazu haben wir die Händler mit Liquiditätsmaßnahmen unterstützt. Zudem konnten wir den Marktanteil im wettbewerbsintensiven deutschen Markt steigern, und zwar von 2,6 auf 2,8 in 2021, weil wir  den Trend zu mehr Umweltbewusstsein mit unseren vollhybriden Modellen bedienen können.

Welche Rolle spielt Toyota Deutschland im gesamten Konzern?

Durch die Nähe zur deutschen Autoindustrie haben wir eine exponierte Rolle. Wir haben eine Art Antennenfunktion, denn vieles, was im deutschen Markt passiert, hat Signalwirkung für zukünftige Entwicklungen gerade im Bereich der Elektromobilität. 

Fühlen Sie sich als Kölner Unternehmen?

Wir fühlen uns sehr als Kölner Unternehmen. Es sitzt hier am Standort ja nicht nur die Deutschlandzentrale, sondern auch die europäische Toyota-Kreditbank, der Versicherungsdienst und  unser Rennsport-Team. Fahrzeuge, die  dort gefertigt werden haben gerade zwei Weltmeistertitel  gewonnen. Als Partner der Altstädter sind wir auch eng mit dem Karneval, den Kölner Haien und darüber hinaus mit der Stadt verbunden. Aber wir fühlen uns  auch europäisch. Wir haben mittlerweile neun Fabriken in Europa.

Wie sind Ihre Wachstumsambitionen?

Wir sind derzeit noch unter 100.000 Fahrzeugen, wollen aber wieder über 100.000 liegen. Wir haben also durchaus Wachstumsambitionen. Es geht aber nicht darum, möglichst schnell zu wachsen – das entspricht auch nicht der japanischen Kaizen-Philosophie des nachhaltigen Wachstums in kleinen Schritten.

Nun setzt Toyota schon seit langem auf Hybrid-Modelle, die aber mittlerweile in der Kritik stehen, weil der E-Antrieb zu wenig oder gar nicht genutzt wird. Warum hält Toyota an der Technologie fest?

Wir stehen als Unternehmen grundsätzlich für Technologie-Offenheit. Deshalb bieten wir derzeit alle Technologien an. Verbrenner, Voll-, und Plug-in-Hybrid, Elektro sowie Brennstoffzellen-Fahrzeuge. Mit dem Vollhybrid sind wir vor 25 Jahren mit dem Toyota Prius an den Markt gegangen. Diese Technologie macht nach wie vor Sinn, da man im Stadtbereich 70%- 80%der Strecken rein elektrisch fahren kann ohne zu  laden . Ein Plug-in-Hybrid mit 80 Km Reichweite eignet sich dagegen sehr gut für Pendelverkehr, wo man zwischenzeitlich laden kann. Es geht aber mit Blick auf den CO2-Ausstoß vor allem um das Verhalten des Fahrers, der den E-Antrieb auch nutzen muss. Denn darauf kommt es an. Nimmt er die steuerliche Förderung mit, fährt aber nur auf dem Verbrenner, dann ist das nicht im Sinne der staatlichen Förderung.

Nun sollen die Förder-Anforderungen verschärft werden. Kostet Sie das Geschäft?

Der Vollhybrid, unser Volumenantrieb wird  nicht gefördert, sondern nur Plug-in-Hybride. Künftig werden die Anforderungen entweder an Reichweiten oder Co2-Ausstoß verschärft. Das Thema wir derzeit der Koalitionsverhandlungen in Berlin diskutiert, vieles ist also noch offen.

Aber der Trend geht doch eindeutig zu rein elektrischen Antrieben?

Entscheidend wird sein, den Anteil an rein grüner Energie möglichst schnell nach oben zu treiben. Denn es bringt ja nichts, wenn E-Autos mit Strom aus fossilen Brennstoffen fahren. Hier sind die Voraussetzungen in den unterschiedlichen Ländern sehr verschieden. In Polen etwa wird sehr viel Braunkohle verstromt. Dort ein E-Auto zu kaufen, ist ökologisch nicht sinnvoll. Aber sicher ist, der Antriebsstrang wird sich weiter elektrifizieren. Aber wer keine ausreichende Infrastruktur vorfindet oder sich das Fahrzeug nicht leisten kann, für den ist das trotzdem vorerst kein richtiges Produkt.

Toyotas erstes reines E-Auto ist ein SUV. Warum?

Der bZ4X also Beyond Zero entspricht den Kundenwünschen, höher zu sitzen. Zudem braucht das Auto für eine Batterie mit guter Reichweite eine gewisse Größe.  Aber das Modell ist erst der Anfang von weiteren E-Autos, die dann sicherlich auch kleiner werden.

Wie ist denn der Verbrauch eines Voll-Hybrids im Vergleich etwa zu einem Diesel?

Mit dem Yaris liegt der Verbrauch im Stadtverkehr bei 3,9 Liter. Für einen großen Highlander sind es rund sieben Liter. Viele Kunden haben mit Blick auf die Lademöglichkeiten immer noch große Sorge bei vollelektrischen Fahrzeugen. Da kann ein Hybrid-Modell ein erster Schritt zu Elektrifizierung sein. 

Da ist mancher Diesel sparsamer, ist die Technologie zu Unrecht verdammt worden?

Der Feind ist nicht die Motorentechnologie sondern das CO2. Für Transporter ist der Diesel aber nach wie vor eine gute Lösung. Alle Technologien  müssen weiter entwickelt  und noch effizienter gemacht werden. Für lokal emissionsfreie Lieferverkehre in der Stadt bieten wir bereits ein elektrisches Fahrzeug an.

Die ganze Autobranche leidet massiv unter dem Mangel an Computerchips. In zahlreichen Werken weltweit stehen die Bänder still. Bei Toyota sieht es besser aus, warum?

Wir hatten ja bereits Erfahrungen durch die Tsunami-Katastrophe sowie zahlreiche Unwetterlagen, wo wir die Verletzlichkeit der Lieferketten gespürt haben. Das hat dazu geführt, dass wir vorsichtiger in der Planung waren und eine sehr kooperative und partnerschaftliche Beziehung zu unseren weltweit zahlreichen Lieferpartnern gepflegt haben. Das hat sehr geholfen, über die schwerste Phase der Chip-Krise hinweg zu kommen. Unsere europäischen Werke sind bis auf wenige Ausnahmen wieder auf Normal-Niveau und es gibt keine Kurzarbeit.

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Und was geschieht mit dem Volumen, das verloren wurde?

In Deutschland liegt die Zahl ungefähr bei 10 000 Stück. Die Produktion wird nachgeholt. Wir haben bei unseren Kernmodellen gut vorgeplant. Deshalb haben wir im Handel generell gute Verfügbarkeiten.

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