Kriselnde EinkaufsstraßenWarum steht Düsseldorf so viel besser da als Köln?

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Wieder gut gefüllt, wenn auch noch nicht auf Normalniveau: Passanten auf der Kölner Schildergasse Mitte Juni.

Köln – Der stationäre Einzelhandel hat bereits einige Abgesänge erlebt. Zu hohe Mieten verdrängen inhabergeführte Geschäfte, die Verlagerung der Kaufkraft ins Internet treibt die Verödung der Innenstädte voran. Dann kam auch noch die Pandemie – und Lockdown um Lockdown führte zu menschenleeren Fußgängerzonen. Seit einigen Wochen ist mit sinkender Inzidenz das Shoppen ohne Test und Termin wieder möglich. Seitdem tummeln sich die Passanten in der Kölner Innenstadt. Wie steht es derzeit um die Einkaufsstraßen? Und wie sollten die Innenstädte der Zukunft aussehen? Ein Überblick.

Düsseldorf schon fast auf Normalniveau - Köln hinkt hinterher

In den zehn größten deutschen Städten liegt die Zahl der Einkaufsbummler inzwischen wieder bei durchschnittlich 72 Prozent des Vorkrisenniveaus. Das ergaben Zahlen des Kölner Unternehmens Hystreet. Hystreet misst mit Laserscannern 24 Stunden am Tag und das ganze Jahr über die Anzahl an Menschen, die sich auf einer Einkaufsstraße bewegen. In Köln wird unter anderem auf der Ehrenstraße, Hohe Straße und Schildergasse auf verschiedenen Abschnitten gemessen.

Verglichen wurden die vergangenen vier Samstage in Mai und Juni mit denen aus dem Vor-Corona-Jahr 2019. Regional gibt es dabei gravierende Unterschiede: So liegt die Düsseldorfer Schadowstraße mit 92 Prozent Besucherinnen und Besuchern im Vergleich zu 2019 schon fast wieder auf Normalniveau, die Kölner Schildergasse hingegen kommt im selben Vergleich auf gerade einmal 64 Prozent.

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„Düsseldorf ist als Shopping-Ziel angesagter“

„Wir befinden uns gerade in einer Übergangssituation“, kommentiert der Geschäftsführer des Handelsverbands Aachen/Düren/Köln, Jörg Hamel, die Zahlen. „Seitdem die Kunden wieder ohne Test und Termin shoppen gehen können, merken wir, dass das Geschäft wieder Fahrt aufnimmt. Doch das Vorkrisenniveau ist noch lange nicht erreicht“, sagt Hamel. Die Besucherfrequenz in den Kölner Einkaufsstraßen habe auch von der Öffnung der Gastronomie abgehangen, die ein zusätzlicher Magnet der Innenstadt sei.

Den Unterschied zwischen Düsseldorf und Köln sieht Volkswirt Hamel in den unterschiedlichen Besuchsgründen für die Städte. „Wir haben bereits in den vergangenen Jahren gesehen, dass Düsseldorf als reines Shopping-Ziel angesagter ist. In Köln verbindet man mehrere Dinge miteinander. Wir merken zum Beispiel deutlich, dass die Touristen von den Ausflugsschiffen und die Messegäste fehlen.“

Umsatzrückgänge minimieren sich

Dass die Einkaufsstraßen sich dennoch langsam von der Krise erholen, zeigen auch Zahlen des Handelsverbands NRW. „Der Umsatzrückgang ist in den vergangenen Wochen von minus 46 Prozent auf minus 13 Prozent auf minus sieben Prozent in der letzten Woche gesunken“, sagt Carina Peretzke vom Handelsverband. Für die Zahlen werden die Mitglieder des Verbands in Nordrhein-Westfalen regelmäßig befragt. „Man kann so langsam wieder schwimmen, wir gehen nicht mehr unter“, so Peretzke.

Entwarnung will sie allerdings noch nicht geben: „Es ist noch kein easy going.“ Für Köln erwartet Peretzke, dass sich die Zahlen in den kommenden Wochen an das Düsseldorfer Niveau angleichen. „Köln hatte länger als Düsseldorf eine hohe Inzidenz und konnte mit den Lockerungen daher erst später starten. Köln wird jetzt noch anziehen.“

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Die Zukunft der Innenstädte ist ein vieldiskutiertes Thema – nicht erst seit der Pandemie, doch seitdem umso mehr. Eine Studie des Handelsforschungsinstituts IFH Köln zeigt, wie sehr sich das Einkaufsverhalten der Menschen in NRW zuletzt verändert hat: „Wir haben gesehen, dass fast jeder zweite gesagt hat, dass er weniger in die Innenstadt geht aufgrund der Möglichkeit, auch online einzukaufen“, sagte IFH-Geschäftsführer Boris Hedde am Mittwoch beim E-Commercetag des Landes NRW. Einer Hochrechnung des Instituts zufolge gab es seit 2010 in Nordrhein-Westfalen rund 10.640 Geschäftsschließungen im Einzelhandel. Bis 2025 könnten es 21.000 sein. Bislang war das IFH davon ausgegangen, dass dieser Wert erst 2030 erreicht werden würde.

Moderne Entwicklung von Handlungsstandorten nötig

Die Schlagwörter, die bei der Bekämpfung dieser Entwicklung fallen, sind bekannt: Auch im Kontext der neuen Studie verweist Hedde auf das Thema Kundenzentrierung, auf die Notwendigkeit der Nutzung digitaler Strukturen, auf ein kluges Leerstandsmanagement und eine moderne Entwicklung von Handelsstandorten. Hierbei sollen Handel, Gastronomie und Freizeitangebote zusammen gedacht werden.

Auch NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) betont, man müsse „die Formen der Nutzbarkeit von Immobilien in der Innenstadt überdenken“. Er schlägt vor, in Gebäuden verschiedene Handelssegmente zu kombinieren und darüber hinaus zum Beispiel Fläche für Events bereitzuhalten. 

Mit Blick auf den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie sagte Pinkwart, er denke nicht, dass man bei steigenden Inzidenzen wieder zu den starken Einschränkungen im Handel zurückkehren müsste. Durch die fortgeschrittene Impfkampagne und flächendeckende Testmöglichkeiten habe sich die Ausgangslage verändert.

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