Leverkusener Konzern in der KrisePandemie trifft Covestro im zweiten Quartal schwer

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Covestro-Schriftzug auf dem Gelände des Leverkusener Chemieparks

Köln/Leverkusen – Die Corona-Krise hat Covestro im zweiten Quartal schwer getroffen: Der Umsatz sank um knapp 33, der operative Gewinn sogar um 73 Prozent. Unter dem Strich machte der Leverkusener Kunststoffkonzern von April bis Juni 52 Millionen Euro Verlust – nach 189 Millionen Euro Gewinn im Vorjahresquartal.

Die pandemiebedingt geringe Nachfrage aus den wichtigsten Abnehmerindustrien trifft alle Segmente von Covestro. Sowohl bei Schaumstoffen, die in Autositzen, Möbeln oder als Dämmstoff verwendet werden, als auch bei den Polycarbonaten – leichten Kunststoffen, die insbesondere in vielen Autoteilen und Elektrogeräten verbaut sind – sowie Lacken und Klebstoffen stehen zweistellige Mengen- und Umsatzrückgänge zu Buche.

Bis zu 1,2 Milliarden Gewinn angepeilt

Seine Mitte April bereits angepasste Jahresprognose hält Covestro indes aufrecht: Weiterhin peilen die Leverkusener für das gesamte Jahr einen operativen Gewinn zwischen 700 Millionen und 1,2 Milliarden Euro an. Ursprünglich hatte der Konzern bis zu 1,5 Milliarden Euro angepeilt.

Schon vor zwei Wochen hatten die Leverkusener vorläufige Quartalszahlen im Rahmen einer Ad-hoc-Meldung veröffentlicht und herausgestellt, dass Finanzanalysten noch von deutlich schlechteren Zahlen ausgegangen seien. So habe deren Erwartung beim operativen Gewinn bloß bei 80 Millionen Euro gelegen, ein Wert, den Covestro nun um mehr als 50 Prozent übertrifft.

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Der Konzern habe sich sehr früh dem Krisenmanagement verschrieben, sagte Markus Steilemann, Covestro-Vorstandsvorsitzender, am Donnerstag dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Leverkusener hätten viel Wert darauf gelegt, keinen Kundenauftrag liegen zu lassen und hätten die weltweite Produktions- und Lieferkette weitgehend aufrechterhalten. „Wir haben dafür gesorgt, dass wir diejenigen sind, die da sind, die liefern können“, so Steilemann.

Mehrere Hundert Millionen Euro eingespart

Dass das Ergebnis nun weniger schlecht als befürchtet ausfällt, führt der Manager vor allem auf ein striktes Kostenmanagement zurück. Kombiniert mit einer seit Juni wieder erhöhten Nachfrage nach Polycarbonaten habe das im Frühjahr aufgesetzte, mehrere Hundert Millionen Euro umfassende Sparpaket einen die Krise mildernden Effekt gehabt. Trotz der dennoch trüben aktuellen Zahlen gibt es laut Steilemann auch Grund für Optimismus: Der Manager sprach am Donnerstag von einer „leichten, aber kontinuierlichen Belebung im Automobilsektor“. Insbesondere die Elektromobilität sei ein Zugpferd für Covestro „Wir sehen einen positiven Trend, der sich auch im Juli fortsetzt“, sagte Steilemann.

Zudem habe sich das Geschäft im Elektroniksektor wieder positiver entwickelt: Covestro beliefert die Gerätehersteller vor allem mit Gehäusematerialien, beispielsweise für Laptops, Virtual-Reality-Brillen und sprachgesteuerte Digitalassistenten.

Der Medizinsektor, für Covestro laut Steilemann „ein kleines aber feines Segment“ habe sich indes auch in der Krise positiv entwickelt: „Wir hatten bei den Absätzen im Medizinsektor im zweiten Quartal ein Wachstum von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal“, so der Vorstandsvorsitzende: „Dieses kleine Segment trägt noch nicht den gesamten Konzern auf höhere Niveaus, wächst aber und ist sehr profitabel“.

Wenig Hoffnung auf Nachholeffekte

Obwohl die Nachfrage nun also allmählich wieder steigt, gibt es wohl nur geringe Hoffnungen auf Nachholeffekte, die im zweiten Halbjahr die negative Entwicklung der ersten sechs Monate 2020 abmildern könnten. „Da sehe ich wenig Chancen“, sagte Steilemann. Die Autohersteller in Europa und den USA hätten weiterhin hohe Lagerbestände an fertigen Fahrzeugen. Auch wenn die Kunden wieder beginnen, Autos zu kaufen, „wird sich das nur langsamen in den Bedarfen für unsere Produkte niederschlagen“.

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„Im Moment deutet nichts für mich auf eine riesige Nachfrage der Kunden hin, auch weil für die Endkonsumenten weltweit das Gefühl der Unsicherheit aktuell noch steigt“, sagte Steilemann. Um Konsumentenvertrauen und Kaufinteresse signifikant zu steigern, müsste ab dem vierten Quartal weltweit ein Corona-Impfstoff zur Verfügung stehen – für den Covestro-Chef ein unwahrscheinliches Szenario. Was es allerdings bedeutet, wenn nach einer Krise die Konjunktur stark anzieht, haben die Leverkusener nach der Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 gesehen. Damals sei die verkaufte Menge innerhalb eines Jahres um 27 Prozent gewachsen, berichtete Steilemann: „Daran kann man sehen, wie sehr wir an einem starken Aufschwung partizipieren würden.“

In der kommenden Woche, am 30. Juli, hält der Kunststoffkonzern seine Hauptversammlung ab. Aufgrund der Corona-Pandemie findet sie nur virtuell per Videostream statt. Seinen Aktionären schlägt der Covestro-Vorstand eine im Vergleich zum ursprünglichen Plan halbierte Dividende in Höhe von 1,20 Euro pro Aktie vor.

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