Das Kölner Unternehmen Betterdoc berät Patienten und niedergelassene Ärzte bei der Wahl der richtigen Klinik oder des geeigneten Facharztes.
Betterdoc aus KölnWo finde ich den richtigen Arzt, die richtige Klinik?

Wie finde ich den richtigen Arzt? Ein Kölner Unternehmen verspricht Hilfe.
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Als die drei Gründer aus der Familie von Dellingshausen mit ihrem Angebot starteten, standen zunächst einmal die Ärzte selbst in der Schlange. Und sie brachten Fragen mit: zum Kind mit dem orthopädischen Problem, zur eigenen Mutter mit der komplexen Blasenerkrankung. „Sie gehörten zu unseren ersten Kunden, weil sie privat auch häufig ratlos waren bei der Frage: Wo finde ich eigentlich den Spezialisten, der bei diesem Krankheitsbild am besten helfen kann?“, sagt Nils von Dellingshausen.
Die Kölner Firma Betterdoc bietet Patientinnen und Patienten auf der Suche nach dem richtigen Arzt oder der passenden Klinik seit 13 Jahren eine Art Navigation durch den Dschungel des deutschen Gesundheitssystems an. Das soll sowohl dem Patienten helfen als auch dem Gesundheitssystem, denn wenn Kranke gleich an der richtigen Stelle landen, statt zunächst eine Odyssee durch viele Praxen und Kliniken antreten zu müssen, dann spart das auch knappe Ressourcen und Geld.
Passende Fachärzte sind schwer zu finden
„Bislang ist es ja oft so: Wer etwas am Rücken hat, der geht eben in das Krankenhaus, in dem auch die Oma schon erfolgreich ihre Hüfte hat machen lassen“, sagt Nils von Dellingshausen. Dort sitzen vielleicht Hüft-, aber nicht zwingend Rückenspezialisten. „Das ist unserer Erfahrung nach wenig daten- und faktenbasiert. Und auch die Hausärzte sind da zum Teil überfordert und nicht immer auf dem neuesten Stand“, sagt Donata von Dellingshausen, die zusammen mit ihrem Mann Nils und dessen Bruder Christoph die Firma aufgebaut hat.
Einige Krankenkassen vermitteln selbst Fachärzte, etwa die AOK Rheinland. Sie vernetzt ihre Kundinnen und Kunden mit den eigenen Experten von AOK-Clarimedis, wo 23 Ärztinnen und Ärzte zu verschiedenen Fachrichtungen beraten, wie die Pressestelle auf Anfrage mitteilt. Pro Monat nähmen etwa 75 Versicherte diesen Service in Anspruch.
Am Ende ist es vielleicht wichtig, dass der Einzelne nicht nur einen super Hüftspezialisten findet, sondern auch in einer Klinik landet, die auf demente Patienten ausgerichtet ist
Betterdoc will hier besser sein als die Konkurrenz und verfügt über eine täglich aktualisierte Datenbank, die alle Ärzte und Kliniken auflistet. Dazu recherchieren etwa hundert Mitarbeiter, darunter ein eigenes Ärzte-Team, welche Zertifikate welcher Fachgesellschaften die einzelnen Anbieter gesammelt haben, wie hoch die Fallzahlen sind, wer an Studien teilnimmt, ganz neue Therapien anbietet. „Denn am Ende ist es für den Einzelnen ja vielleicht wichtig, dass er nicht nur einen super Hüftspezialisten findet, sondern auch in einer Klinik landet, die auf demente Patienten ausgerichtet ist“, sagt Donata von Dellingshausen, die selbst Gynäkologin ist.
Manchmal spiele auch eine Nebenerkrankung oder die räumliche Nähe des Spezialisten eine Rolle. „In unserem Fragebogen kann man beispielsweise angeben, wie reisefähig man ist, und in einem gewissen Umkreis suchen“, sagt Donata von Dellingshausen. Zudem sei auch die Diagnose bei einigen Patienten noch gar nicht wirklich geklärt. „Mal angenommen, Sie leiden an einem unklaren Juckreiz. Dann ist es gar nicht so leicht, jemanden in der Gegend zu finden, der anerkanntermaßen darauf spezialisiert ist.“
Betterdoc gehört seit 2022 zur Otto-Gruppe
Das Geschäftsmodell von Betterdoc fußt darauf, dass Krankenkassen und Versicherungen wie die DAK, einige Betriebskrankenkassen oder die Allianz ihren Versicherten den Betterdoc-Service anbieten. 20 Millionen Versicherte kommen laut Nils von Dellingshausen so rein rechnerisch in den Genuss der Beratung. Und auch „mehrere hundert“ Arbeitgeber wie der Tüv Rheinland oder DB-Regionetz zahlen monatlich Geld an Betterdoc. Wer bei diesen Firmen arbeitet, kann auch bei gesundheitlichen Problemen von Familienmitgliedern die Unterstützung des Vermittlers in Anspruch nehmen. Mehr als 150.000 Patienten zählt Betterdoc seit seiner Gründung, sagt ein Sprecher.
An dieses Geschäftsmodell glaubt auch der Eigentümer der Firma, die Hamburger Otto-Gruppe. Der Konzern hatte 2022 die Mehrheit an der Schweizer Medgate Holding übernommen, zu der wiederum Betterdoc gehört. Zur Übernahme bezifferte die Otto-Gruppe das Potenzial des Digital-Health-Marktes allein in Deutschland auf ein Marktvolumen von weit über 50 Milliarden Euro, für Europa seien über 230 Milliarden Euro bis 2026 zu erwarten.
In der Bilanz der Otto-Gruppe lässt sich erahnen, dass das Geschäft herausfordernd sein dürfte. Betterdoc und Medgate werden unter „sonstige Aktivitäten“ gefasst, darin sind unter anderem das Geschäftsfeld Digital Health, die Venture-Aktivitäten sowie die Grundstücksgesellschaften der Forum-Gruppe enthalten. Der Umsatz lag im Geschäftsjahr 2024/25 bei 70 Millionen Euro, nach 81 Millionen im Vorjahr. Auch beim Gewinn ging es kräftig nach unten: Unterm Strich steht ein Minus von 32 Millionen Euro (Vorjahr: minus 11 Millionen). Was davon auf Betterdoc entfällt, lässt sich aus der Bilanz nicht herauslesen. Allerdings heißt es darin: In diesem Segment hätte im Wesentlichen das Geschäftsfeld Digital Health das Ergebnis belastet.
Noch ist die KI in medizinischen Fragen nicht verlässlich genug
Der Service von Betterdoc soll Patienten nicht nur bei der Suche nach einem geeigneten Arzt unterstützen, sondern die Firma begleitet sie nach eigener Aussage zwei Jahre lang und fragt in regelmäßigen Abständen nach ihrem Befinden. „Wir wollen wissen, ob sich unsere Arbeit gelohnt hat, ob sich die Lebensqualität des Patienten verbessert hat“, sagt Nils von Dellingshausen. Auch die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz beobachten die Firmeninhaber. „Das wird irgendwann auch mit einer guten KI klappen. Aber im Moment ist das, was beispielsweise ChatGPT sagt, noch nicht verlässlich genug. Gerade im medizinischen Bereich muss das aber sitzen.“
Insgesamt scheint ein Lotsensystem dem Gesundheitswesen Not zu tun. Auch das Hausarzt-zentrierte Versorgungssystem ist darauf angelegt, dass der Patient zu geeigneten Spezialisten oder Kliniken geleitet wird. „Aber natürlich kann gar nicht jeder Hausarzt über alle Fachgebiete detailliert Bescheid wissen und zudem immer auf dem neuesten Stand bleiben“, sagt Nils von Dellingshausen. „Auch Hausärzte brauchen ein datenbasiertes, objektives Tool zur Beratung. Das könnten wir sein.“