Fehlendes MaterialSo schützen Sie sich vor steigenden Baupreisen

Hausbau
Copyright: picture alliance / Felix Kästle/dpa
Berlin/Hamburg – Häuslebauer haben gerade schwere Zeiten. Baumaterialien sind knapp und werden immer teurer. Dazu kommen Personalengpässe bei den Baufirmen. All das verteuert und verzögert das Bauen. Aber sind Bauherren dem machtlos ausgeliefert? Welche Möglichkeiten haben sie, ihre im Bauvertrag festgeschriebenen Vereinbarungen durchzusetzen?
„Wir beobachten erhebliche Bauverzögerungen“, sagt Florian Becker, Geschäftsführer des Bauherren-Schutzbundes in Berlin. Für Bauherren kann das teure Konsequenzen haben. „Viele haben ihre Mietwohnungen gekündigt, ihre Kinder in der neuen Schule angemeldet, weil sie nach der Fertigstellung schnell ins eigene Haus umziehen wollten“, sagt Becker. Auf sie kämen dadurch ungeplante Kosten zu - zum Beispiel für die Unterbringung im Hotel oder die Einlagerung der Möbel, bis das Haus fertig ist.
Aber es ist nicht so, dass Bauherren automatisch auf diesen Kosten sitzenbleiben. Ein Blick in den eigenen Bauvertrag gibt Aufschluss darüber, wer für Bauverzögerungen haftet und die Preissteigerungen tragen muss.
Materialbeschaffungsrisiko liegt beim Bauunternehmer
„In der Regel haben Preissteigerungen keine Auswirkungen auf bestehende Vereinbarungen, denn es werden in Verbraucherbauverträgen grundsätzlich Festpreise zugrunde gelegt“, sagt Rechtsanwalt Florian Herbst von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht des Deutschen Anwaltvereins. Bauherren haben hier eine gute Rechtsposition. Das sogenannte Materialbeschaffungsrisiko liegt beim Bauunternehmer, sofern im Bauvertrag ein Festpreis vereinbart wurde.
Einseitige Vertragsänderung unwirksam
Das bedeutet, dass der Bauunternehmer die zusätzlichen Kosten übernehmen muss. Und doch kommt es vor, dass Baufirmen während der Bauphase Nachforderungen an Bauherren stellen, weil sie bestimmte Materialien viel teurer einkaufen müssen als bei Vertragsabschluss absehbar. „Das ist eine einseitige Vertragsänderung, die unwirksam ist“, erklärt Florian Becker. „Der Bauherr muss sich darauf nicht einlassen.“
Allerdings ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn der Bauherr ist ja daran interessiert, den Bau zu Ende zu bringen und keinen Rechtsstreit zu riskieren. „Am besten ist es, erst einmal gar nicht auf diese Nachforderungen zu reagieren und das Thema auf das Ende des Bauvorhabens zu verschieben“, rät er. Dann kann man ruhiger darüber verhandeln, wer eventuelle Mehrkosten trägt.
In bestimmten Fällen ist die Preisanpassung rechtsgültig
In extremen Fällen ist es aber möglich, dass das Unternehmen einen Anspruch auf Preisanpassung geltend machen darf. „Das ist dann gegeben, wenn das Festhalten am Vertrag unzumutbar wäre - etwa bei einem Risiko, mit dem beide Seiten nicht rechnen konnten“, erklärt Florian Herbst. „Ob das bei extremen Preissteigerungen für Material der Fall ist, muss juristisch geklärt werden.“
Der Teufel steckt oft im Detail. Die Zusicherung der Baufirma, sich an einen vertraglich vereinbarten Festpreis zu halten, ist häufig zeitlich begrenzt. Ist im Vertrag eine bestimmte Bauzeit vereinbart, gilt die Preisbindung nur bis zu der ursprünglich vereinbarten Frist, danach kann unter Umständen eine Preisanpassung folgen. Etwa, wenn Verzögerungen den Baubeginn beeinträchtigen.
Das könnte Sie auch interessieren:
„Das kann zum Beispiel beim Bearbeiten des Bauantrages bei der Baubehörde vorkommen“, so Florian Becker. Bauherren sollten deshalb im Vertrag nicht nur einen konkreten Fertigstellungstermin oder eine konkrete Bauzeit vereinbaren, sondern immer auch einen Termin, bis wann die Unterlagen für den Bauantrag zu übergeben sind.
Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht
Kommt es zu Bauverzögerungen, muss das Bauunternehmen alle zusätzlichen Kosten tragen. Der Bauherr kann sogar Schadensersatzansprüche geltend machen. „Er sollte zunächst das Unternehmen schriftlich auffordern, den Bau fertigzustellen“, sagt Florian Becker. „Später, nach Bauende, ist es angebracht, eventuelle Zusatzkosten wie Hotel- oder Lagerkosten aufzulisten.“
Rechtsanwalt Florian Herbst rät, miteinander zu reden. „Man mag ja Schadensersatzforderungen haben, aber ob sie durchsetzbar sind, ist eine andere Frage.“ Seiner Erfahrung nach hat noch kein Bauherr von der Insolvenz seines Baupartners profitiert. Im Gegenteil: Mehrkosten seien vorprogrammiert. (dpa)