NRW-Unternehmen in der CoronakriseExperten geben Tipps zu staatlicher Unterstützung

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Fitnessstudio leer

Die Fitnessstudios bleiben in nächster Zeit erstmal leer.

Köln – Die Coronakrise stellt die Unternehmen der Region vor enorme Herausforderungen. Im Rahmen einer Leseraktion gibt der „Kölner Stadt-Anzeiger“ zusammen mit Experten der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer sowie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG Tipps.

Bin ich als Anbieter von Sportkursen zur Rückzahlung verpflichtet, wenn Kurse aufgrund des Coronavirus’ nicht stattfinden können?

Basierend auf den Leitlinien der Bundesregierung haben die Bundesländer den Betrieb aller öffentlichen und privaten Sportanlagen, Schwimm- und Spaßbädern, Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen bis auf weiteres untersagt. Dadurch wird Veranstaltern von Sportkursen ihre geschuldete Leistung unmöglich. Folge ist, dass der Veranstalter rechtlich von seiner Leistungspflicht befreit wird.

Die Experten

IHK: Tanja Kinstle, Leiterin Unternehmensförderung und Petra Göbbels, Referentin.

Hotline Soforthilfe: 0221-1640 4444 auch am Samstag und Sonntag jeweils von 10 bis 18 Uhr.

Handwerkskammer: Dirk Hecking, Abteilungsleiter Kaufmännische Unternehmensberatung.

Hotline Handwerkskammer rund um Corona 0221/20220.

KPMG: Jan Gerrit Kehbel, Fachanwalt für Insolvenzrecht und

Leiter Krisen- und Sanierungsberatung bei KPMG in Köln.

Im Gegenzug entfällt aber auch die Zahlungspflicht des Kursteilnehmers. Sofern die AGB des Veranstalters nicht eine andere Regelung vorsehen, ist dieser verpflichtet, die bereits gezahlten Teilnehmergebühren zurückzuerstatten.

Ein Ausweichtermin kann zwar angeboten, jedoch nicht vorgegeben werden, wenn sich die Buchung des Teilnehmers auf ein konkretes Datum bezieht. Denkbar wäre, dem Kursteilnehmer einen Gutschein für die nächsten drei Jahren anstelle der Rückzahlung anzubieten. Etwas anderes kann im Falle von Dauer- oder Mehrkarten ohne festes Kursdatum gelten. Denn hier kann der Teilnehmer grundsätzlich Kurse wahrnehmen, die nach Aufhebung des Verbots stattfinden.

Wie kann meine Firma Kurzarbeitergeld beantragen?

Der Arbeitgeber zeigt bei der zuständigen Agentur für Arbeit zunächst schriftlich an, dass ein erheblicher Arbeitsausfall eingetreten ist und in seinem Betrieb Kurzarbeit angeordnet wurde. Die Agentur für Arbeit entscheidet dann unverzüglich, ob die Voraussetzungen dem Grunde nach vorliegen und erlässt einen Bescheid. Nach Erlass dieses Bescheids kann der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld berechnen und zahlt es an die Arbeitnehmer aus. Der Arbeitgeber muss also in Vorleistung gehen und kann nur nachträglich eine Erstattung bei der Agentur für Arbeit beantragen.

Nach Auszahlung richtet der Arbeitgeber einen Erstattungsantrag an die Agentur für Arbeit. Für diesen Antrag gilt eine Ausschlussfrist von drei Monaten ab Ende des Monats, in dem die Tage liegen, für die Kurzarbeitergeld beantragt wird. Bei länger dauernder Kurzarbeit ist also der Leistungsantrag monatlich zu stellen.

Ich betreibe eine private Kindertagesstätte, die ich schließen musste. Kann ich den Antrag über meinen Steuerberater abwickeln?

Das Antragsverfahren funktioniert vollständig digital. Antragsteller können ihren Antrag online auszufüllen und absenden. Dies wird ab Freitag, 27. März auf den Seiten des NRW-Wirtschaftsministeriums möglich sein.

Da im Rahmen des Antrags an Eides statt versichert wird, dass alle Angaben im Antragsformular nach bestem Wissen und Gewissen und wahrheitsgetreu gemacht wurden, ist die Beantragung durch den Empfänger der Förderung, aus unserer Sicht, notwendig.

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Nach Rücksprache mit der Steuerberaterkammer Köln ist es nur möglich, wenn der Mandant vorab (!) gegenüber dem Steuerberater versichert, dass die Angaben wahrheitsgemäß sind, folglich eine separate Gegenzeichnung im Vorfeld erfolgt. Eine Antragstellung unter dieser Voraussetzung macht ggf. erst ab April Sinn, da etliche Steuerberater erst alle Buchungen für den März bis zum Monatsende abschließen müssen und damit den hälftigen Umsatzeinbruch gegenüber dem Vorjahresmonat genauer erfassen können.

Wir empfehlen neben der Beantragung von Fördermitteln auch ein Gespräch mit dem Vermieter über ein eventuelles Entgegenkommen.

Wir arbeiten zum einen im Messebau und zum anderen im digitalen Großdruckbereich. Aufgrund der vielen abgesagten Messeaufträge mussten wir Mitte März Insolvenz anmelden. Gibt es auch für uns Unterstützung?

Grundsätzlich gilt, dass Unternehmen auch in einer insolvenznahen Situation bei ihrer Kammer Beratung und Unterstützung erhalten können. Diese Leistungen werden stets mit großer Diskretion angeboten und durchgeführt. Gleichzeitig erleben wir als Handwerkskammer zu Köln in den meisten von uns begleiteten Fällen ein sehr konstruktives Verhalten auf Seiten der jeweils eingesetzten Insolvenzverwalter. Mehrfach sind damit erfolgreich sogenannte übertragende Sanierungen durchgeführt worden, teilweise auch von Teilbereichen. Gerade dafür ist immer eine sehr individuelle Betrachtung und Gestaltung des Einzelfalls erforderlich.

Ergänzend ist außerdem zu betonen, dass auch von den Geschäftsbanken und Sparkassen in der Region durchaus Unterstützung für kreative zukunftsfähige Konzepte aus einer Insolvenz heraus möglich ist, meist unter Einbeziehung der Förderbanken. (cos, tb)

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