Steigende Zinsen belasten ImmobilienkäuferDeutsche Bank erwartet sinkende Hauspreise

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Philipp Gossow, Vertriebschef der Deutschen Bank und der Postbank

Köln – Die Deutsche Bank stimmt ihre Kunden erstmals seit Jahrzehnten auf fallende Immobilienpreise ein. „Einen Preisrutsch bei Immobilien sehe ich nicht, aber sicher werden die Preise in bestimmten Regionen maßvoll nachgeben. Das merken wir jetzt schon", sagte Deutsche-Bank-Vertriebschef Philipp Gossow im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ein Indiz für weniger Nachfrage am Immobilienmarkt sei die Zeit, wie lange es dauere, ein Haus oder eine Wohnung zu verkaufen. „Vor einem halben Jahr stand eine Immobilie höchstens 14 Tage zum Verkauf. Heute dauert es deutlich länger, einen Käufer zu finden. Die Anbieter hängen noch an alten Preisen, die aber so nicht mehr realisierbar sind“, sagte Gossow weiter. Mehr dazu , sowie zu Filialschließungen, kostenlosen Konten und der Postbank im Interview:

Herr Gossow, einst galt die Deutsche Bank als Bayern München unter den Kreditinstituten der Bundesrepublik. Doch seit Jahren kommt die Bank nicht aus den negativen Schlagzeilen. Was ist vom einstigen Glanz geblieben?

Philipp Gossow: In der Presse ist die Deutsche Bank in der Tat nicht immer gut weggekommen. Das ist heute signifikant besser. Die negativen Schlagzeilen kamen weniger aus unserem Geschäft vor Ort. Dort haben wir das kaum gespürt. Die Kunden wussten sehr wohl zu unterscheiden zwischen der Berichterstattung und ihrem bewährten und vertrauten Berater, den sie meist seit vielen Jahren persönlich kennen.

Sie sind bei den Privatkunden neben der Norisbank und der BHW mit zwei großen Marken am deutschen Markt vertreten, der Deutschen Bank und der Postbank. Wo würden Sie beide verorten, wenn sie diese mit Automarken vergleichen müssten?

Ein solcher Vergleich hinkt immer. Am ehesten könnte man uns wohl mit Volkswagen vergleichen, ohne dass ich mich festlegen möchte, welche unserer Marken welcher im VW-Konzern entspricht. Aber VW deckt ja auch von Bentley über Audi bis hin zu Seat den gesamten Markt ab. So ähnlich ist das auch bei uns im Konzern. Und gleichzeitig setzt VW auf ein markenübergreifendes Plattformmodell. So ähnlich machen wir es auch, um so Synergien zu nutzen.

Wie muss ich mir das vorstellen?

Alle Produkte für die Privatkunden von Postbank und Deutscher Bank werden auf der selben IT basieren, mit dem selben Stammdatensystem. Alle Produkte fußen künftig bankübergreifend somit auf der gleichen Plattform. Und bei meinen Führungskräften in Frankfurt unterscheiden wir gar nicht mehr, wer für welche Marke zuständig ist. Für sie spielt die Marke keine Rolle mehr.

Werden Sie langfristig an der aufwändigen Zwei-Marken-Strategie festhalten? Oder anders: Hat die wenig schillernde Marke Postbank eine Zukunft?

Wir werden an beiden Marken festhalten, und die Postbank bleibt bestehen. Sie bedienen unterschiedliche Preissegmente und unterschiedliche Kundenbedürfnisse. Bei der Deutschen Bank ist die Beratung deutlich ausgeprägter als bei der Postbank. Auch die Baufinanzierung ist komplexer. Die Postbank ist stark im täglichen Bankgeschäft oder bei der Konsumentenfinanzierung. Dennoch gibt es viele Synergien, die wir nutzen wollen. Zum Beispiel das Teilen gemeinsamer Räumlichkeiten wie in Unna, wo die Deutsche Bank rechts und der Eingang der Postbank links ist.

Das klingt nach weiteren Filialschließungen, wenn aus einer Postbank und einer Deutschen nur eine Kombi-Filiale wird…

Nein, ganz und gar nicht. Die Filialschließungen sind größtenteils umgesetzt oder – wie bei der Postbank – kommuniziert. Wir werden Ende nächsten Jahres 400 Deutsche Bank-Filialen und 550 Postbankfilialen haben. Das ist eine gute Zahl, um das ganze Land abzudecken. Es geht darum, auch mit neuen Formaten vor Ort zu bleiben. Denn deutlich weniger Standorte würden dazu führen, dass die Bank ihr Alleinstellungsmerkmal verliert.

In kaum noch einer Filiale der Deutschen Bank gibt es eine Kasse. Finden Ihre Kunden das nicht komisch? Eine Bank ohne Geld…

Bargeld wird immer weniger wichtig. Die Kunden zahlen vermehrt elektronisch, so dass viele Kassen kaum angenommen werden. Außerdem gibt es - neben unseren Geldautomaten - viele bequeme Wege, sich anderweitig gebührenfrei mit Bargeld zu versorgen, etwa an Shell-Tankstellen, Drogerien, in Supermärkten oder auch an einem der zahlreichen Geldautomaten der Cashgroup.

Was stört Sie so an den Kassen?

Wie gesagt: Das Bezahlverhalten ändert sich. Bargeldhaltung und damit Kassen erfordern auch einen hohen Personaleinsatz, das macht sie sehr teuer. Etwa ein Drittel unserer Filialen hat schon heute keine Kasse mehr. Und die Zahl wird weiter steigen. An einigen Standorten der Deutschen Bank machen wir es so, dass die Kasse nur an bestimmten Tagen geöffnet ist oder nach Termin. Wir bekommen darauf kaum negative Kundenresonanz, solange wir das klar kommunizieren.

Wie erklären Sie sich den Bedeutungsverlust des Bargelds?

Viel hat Corona bewirkt. Vor der Pandemie wurde man schief im Supermarkt angeschaut, wenn man ein Päckchen Kaugummi mit der Karte bezahlt hat, das ist heute anders. Der Bargeldbedarf ist nicht mehr so hoch. Dennoch ist Deutschland international noch ein Land der Bargeldfreunde.

Woran liegt das? Weil die Deutschen von ihren schwarz bezahlten Putzfrauen und Handwerkern nicht ablassen wollen?

Bei Kartenzahlung und Online-Banking hinkt Deutschland in der Tat etwas hinterher. Es hat vielleicht mit unserem Sicherheitsbedürfnis zu tun oder dem Gefühl, mit Bargeld lasse sich besonders einfach bezahlen. Zu Beginn von Corona haben wir beobachtet, wie die Kunden viel Bargeld abgehoben haben. Das hat sich im Lauf der Pandemie reduziert. Aber solange die Kunden Bargeld nutzen, wird es Bargeld geben.

Wie erklären Sie mir, dass immer mehr Leute per Apple Pay, also mit dem Handy bezahlen, obwohl kontaktloses Zahlen mit der Karte so einfach ist?

Weil es mit Apple Pay noch einfacher ist als mit Karte. Ich beispielsweise habe oft kein Portemonnaie dabei, mein Handy aber immer, weil ich es dauernd brauche. Dann lege ich es an der Kasse aufs Terminal, bestätige zwei Mal, fertig.

Das Image der Postbank ist mäßig, viele Mitarbeiter agieren noch heute wie Postbeamte, und nicht wie Bankberater, wie gehen Sie damit um?

Die Postbank hat einige Besonderheiten, die keine andere Bank hat. Weil sie fast immer auch eine Post ist, betreten bundesweit täglich etwa 800.000 Menschen unsere Filialen, die meist ohne Bankinteresse dort hingehen. Das birgt einerseits Geschäftspotenzial. Andererseits bilden sich zu bestimmten Jahres- oder Tageszeiten vor den Schaltern lange Schlangen, die durch das Paketgeschäft und nicht durch Bankgeschäft verursacht sind. Das führt teils auch zu Frust bei den Kunden.

Die Postbank und viele Wettbewerber setzten lange auf kostenlose Girokonten. Ist die Zeit vorbei?

Ich denke, die Zeit der kostenlosen Girokonten ist vorbei. Wir bieten umfangreiche Services, die einen Wert haben. Und anders als große Internetfirmen sammeln wir nicht die Daten der Kunden, um diese mit finanziellem Vorteil weiterzugeben. Also müssen Bankdienstleistungen einen Preis haben, so einfach ist das. Um die Akzeptanz dafür müssen wir werben, das gilt für die gesamte Branche.

Die Zinsen steigen, was Bankerherzen in der Regel höherschlagen lässt, aber welche Auswirkungen hat das auf den Markt mit Baufinanzierungen?

Wir beobachten schon, dass sich für einige Menschen der Traum vom Eigenheim so nicht mehr verwirklichen lässt, angesichts von Zinsen bei 2,5 oder drei Prozent. Wenn man das mit den Zinsen des letzten Jahres vergleicht, entspricht das de facto etwa einer Verdreifachung der Zinslast.

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Wird es Hauspleiten geben? Werden die Preise für Immobilien sinken?

Baufinanzierungen, die nicht mehr bedient werden können, sehe ich im großen Umfang nicht. Wer jetzt nach zehn Jahren neu und zu höheren Konditionen seine Anschlussfinanzierung macht, hat in den vergangenen Jahren meist viel getilgt, so dass die Zinslast nicht zu erdrückend ist. Wir achten auch auf eine ordentliche Mindesttilgung. Einen Preisrutsch bei Immobilien sehe ich ebenfalls nicht, aber sicher werden die Preise in bestimmten Regionen maßvoll nachgeben. Das merken wir jetzt schon. Vor einem halben Jahr stand eine Immobilie höchstens 14 Tage zum Verkauf. Heute dauert es deutlich länger, einen Käufer zu finden. Die Anbieter hängen noch an alten Preisen, die aber so nicht mehr realisierbar sind. Umso wichtiger ist es, dass wir in diesen Zeiten für unsere Kunden da sind.

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