Covestro-Chef im InterviewEnergiepreise lassen den Gewinn einbrechen

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Zentrale des Chemiekonzerns Covestro in Leverkusen.

Wie belasten die Auswirkungen der gestiegenen Gaspreise das Geschäft von Covestro?  Die Energiepreise, Gas wie Strom, treffen uns auf allen Ebenen. Zur Veranschaulichung: Dieses Jahr erwarten wie Energiekosten von bis zu 2,2 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 waren es nur 600 Millionen Euro. Rund 25 Prozent unserer Produktion befinden sich in Deutschland, dort wirken sich die gestiegenen Preise besonders hart auf Covestro aus. 

Covestro-Chef: „Ersatz von Erdgas ist aber nur in Teilen möglich“

Können Sie Gas substituieren?

Nur in geringem Umfang. In unserem Werk in Brunsbüttel können wir eine alte Pipeline wieder in Betrieb nehmen und so kurzfristig Erdgas durch Diesel ersetzen. Ein Ersatz von Erdgas ist aber nur in Teilen möglich, schließlich brauchen wir Gas nicht nur zur Energieerzeugung, sondern auch als Rohstoff selbst.

Steht die Produktion denn schon still, wegen der hohen Preise?

In Brunsbüttel ist eine Linie nicht in Betrieb. In Dormagen steht eine Anlage, allerdings ungeplant. Dort hatte es vor einigen Monaten eine Verpuffung gegeben, deswegen steht dort unsere Chloranlage derzeit still. Aktuell laufen die Reparaturarbeiten, ich kann heute noch nicht sagen, wann genau die Produktion dort wieder anläuft.

Stillstand und notwendige Reparaturen erfordern Mehrarbeit

Wie viele Mitarbeiter sind davon in ihrer Beschäftigung getroffen? Oder generell, planen Sie Kurzarbeit?

Dass die Anlage stillsteht, bedeutet nicht, dass in Dormagen jemand weniger arbeitet. Im Gegenteil. Der Stillstand und die notwendigen Reparaturen erfordern Mehrarbeit. Generell gibt es bei Covestro aktuelle keine Kurzarbeit, und es ist zum jetzigen Zeitpunkt auch keine Kurzarbeit geplant.

Kürzlich sind die Gaspreise deutlich gesunken. Spüren Sie diese Erleichterung bereits?

Der Gaspreis mag verglichen mit den Preisen im Sommer gefallen sein. Doch das Niveau ist immer noch vier bis fünfmal so hoch wie vor der Krise. Eine Megawattstunde kostete damals 20 Euro, heute sind es rund 100 Euro, und das ist schon der genannte niedrige Preis. Der Preisverfall der vergangenen Tage hat keine signifikanten Effekte auf unser Ergebnis. Für das laufende Jahr rechnet Covestro mit einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) zwischen 1,7 und 1,8 Milliarden Euro, nachdem wir bislang 1,7 bis 2,2 Milliarden Euro auf dem Zettel hatten. Unter dem Strich halten wir uns im dritten Quartal mit zwölf Millionen Euro knapp in der Gewinnzone, nach einem Überschuss von 472 Millionen Euro vor einem Jahr.

Zur Person

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Covestro-Chef Markus Steilemann

Markus Steilemann ist seit Juni 2018 Vorstandschef von Covestro. Geboren 1970 in Geilenkirchen, studierte er Chemie an der RWTH Aachen sowie an der ETH Zürich. Er schloss das Studium mit der Promotion ab und hat ein Diplom in BWL. (tb)

Wie beurteilen Sie die Pläne der Bundesregierung zu Gaspreisdeckel und Co.?

Noch kennen wir diese ja nicht. Wir kennen nur die Vorschläge der Expertenkommission, und die finde ich durchweg gut und werden von uns begrüßt. Lieber grob richtig als exakt falsch könnte man sagen. Soziale Gerechtigkeit ist wichtig, und die ausgearbeiteten Pläne sind ein fundierter erster Aufschlag. Klar ist aber auch, neben den Haushalten braucht auch die Industrie eine Entlastung.

Ab Gasmangel über 40 % wird es kritisch

Was geschieht bei Covestro im Fall einer Gasmangel-Lage?

Wir haben an unseren europäischen Standorten verschiedene Szenarien durchgerechnet. Daher die gute Nachricht: Solange der Gasmangel unter 40 Prozent bleibt, müssen wir nichts abstellen, erst darüber wird es für uns kritisch.

Chinas Wirtschaftswachstum ist mit 3,8 Prozent dieses Jahr überraschend gut. Eine gute Nachricht für Covestro?

Insgesamt ja, aber nichts anderes hatten wir auch erwartet. Auto- und Elektrobranche laufen gut, davon profitieren wir. Das Geschäft mit Isolierungen ist wegen der Probleme auf dem Immobilienmarkt dagegen betroffen. Auch China setzt ja auf Erneuerbare Energien. Das ist für uns ein Plus.

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Wie belastet Sie der Wegfall des Russland-Geschäftes?

Die Geschäfte mit Russland, Belarus und der Ukraine haben vor Kriegsausbruch noch 0,8 Prozent unseres Umsatzes ausgemacht. Inzwischen haben wir uns komplett von unserem Russlandgeschäft verabschiedet. Unsere Forderungen mit russischen Kunden wurden rasch beglichen. Wir sind raus aus dem Geschäft.

Welche Folgen hat die Krise für den geplanten Jobabbau?

Das, was Sie Jobabbau nennen, ist unser letztes Jahr bekannt gegebenes Transformationsprogramm, das nur möglicherweise zu Stellenabbau führt. Auf das Programm hat der Krieg gegen die Ukraine oder der Gaspreis keine Auswirkungen, es wird nicht etwa beschleunigt. Wir sparen an Messen, Reisen oder Vereinsmitgliedschaften, nicht aber am Personal.  

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