„Wir müssen größer denken“Mieter- und Eigentümerverband fordern mehr Bauland für Köln

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22.08.2023, Köln: Blick auf die Siedlung Curt-Stenvert-Bogen in Lövenich. Illustration zum Thema Wohnen und Wohnungen in Köln. Luftaufnahme mit Drohne. Ohne  Foto: Uwe Weiser

Die Krise am Wohnungsmarkt hat sich zuletzt weiter verschärft.

Sowohl Mieter- als auch Eigentümerverbände kritisieren die Wohnungspolitik der Ampel scharf. Sie sehen aber auch die Kommunen in der Pflicht.

Berlin/Köln. Zur Halbzeit der Ampel-Regierung haben der Deutsche Mieterbund und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Mittwoch vor einer Verschärfung der Wohnungskrise gewarnt. Es fehlten mehr als 700.000 bezahlbare Mietwohnungen, viele davon im sozialen Wohnungsbau, teilten die beiden Organisationen am Mittwoch in Berlin mit. Die Wohnungspolitik der Bundesregierung bezeichneten sie als „mangelhaft“.

DGB und Mieterbund fordern mehr Bauland für Köln

Den Angaben von DGB und Mieterbund zufolge hat sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt in den vergangenen zwei Jahren verschlechtert: Allein 2022 seien die Mieten bundesweit im Schnitt um vier Prozent gestiegen, das Vorhaben der Bundesregierung, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, davon 100.000 öffentlich geförderte, wurde in den vergangenen zwei Jahren deutlich verpasst.

Zudem gingen die erteilten Baugenehmigungen im ersten Halbjahr 2023 um 27,2 Prozent zurück. Stefan Körzell, Mitglied im Vorstand des DGB, nannte die Situation auf dem Wohnungsmarkt einen „sozialpolitischen Skandal“. Der Bundesregierung warf er vor, die Tragweite der Situation „offensichtlich immer noch nicht erkannt“ zu haben.

Befristeter Mietenstopp im Bestand gefordert

Mieterbund und DGB plädierten trotz Haushaltskrise für massive öffentliche Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und die energetische Sanierung. Außerdem forderten sie eine Reihe radikaler Mietrechtsreformen, darunter einen befristeten Mietenstopp im Bestand sowie das Verbot von Indexmieten.

In Köln sei derzeit der Mangel an Wohnraum das gravierendste Problem, so Hans Jörg Depel, Geschäftsführer des Kölner Mietervereins. „Wir haben derzeit in Köln eine Leerstandsquote von 0,1 Prozent. Für einen funktionierenden Wohnungsmarkt braucht es eigentlich zwei bis drei Prozent. Das zeigt schon, wie schwierig die Situation ist.“

Bevölkerung in Köln dürfte weiter deutlich wachsen

Er verwies am Mittwoch auf eine Prognose der Stadt Köln, der zufolge 2040 insgesamt 75.000 Menschen mehr in Köln leben würden als vorher. Das Statistische Landesamt prognostiziere sogar eine deutlich stärkere Zunahme der Bevölkerung. „Wir brauchen mehr Bauland. Nachverdichtungen und Konzepte wie Tiny Houses und Wohnungen über Supermärkten sind schön und gut, aber wir müssen hier größer denken.“ Auch das Umland sei mittlerweile häufig keine preiswerte Alternative mehr: „In den vergangenen Jahren hatten wir hier prozentual höhere Mietsteigerungen als in Köln.“

Damit neuer Wohnraum auch bezahlbar bleibe, müsse man „völlig neu denken“, sagte Depel: Eine neue Gemeinnützigkeit für Wohnraum – es gab sie schon einmal, sie wurde 1990 allerdings abgeschafft – müsse zur Diskussion gestellt werden. Auch die Idee einer neuen städtischen Wohnungsgesellschaft sei interessant.

Haus und Grund fordert mehr Bauland

Der Eigentümerverband Haus und Grund kritisierte die Wohnungspolitik der vergangenen Jahre ebenfalls hart. Einig ist er sich mit dem Mieterverein darin, dass es dringend neues Bauland in Köln braucht – und zwar im großen Stil. „In Köln gibt es keine einfachen Flächen in der Innenverdichtung mehr. Außerdem werden Bauprojekte teurer und problematischer, je enger wir bauen“, sagte Thomas Tewes, Hauptgeschäftsführer von Haus und Grund in Köln. „Nur wenn wir praktikabel und mit Synergieeffekten bauen, können wir günstig bauen.“

Tewes sieht hier vor allem die Kommunalpolitik in der Pflicht. Um Kosten zu senken, könnte sie außerdem andere Anforderungen – zum Beispiel energetische Vorgaben – senken. „Die Politik hat hier einen großen Gestaltungsspielraum.“ Derzeit sind Bauprojekte durch die Inflation und höhere Zinsen so teuer, dass viele Unternehmen sich zurückgezogen haben.

Wohnungspolitik der Ampel zu wenig verlässlich

Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, kritisierte derweil die mangelnde Verlässlichkeit in der Wohnungspolitik der Ampelregierung. „Das Hin und Her mit den Fördermitteln hat für viel Verdruss gesorgt. Die Haushaltskrise führt jetzt bei den Investoren zusätzlich zu Unsicherheit. Wir brauchen klare, verbindliche Rahmenbedingungen.“

Neubauten seien derzeit so teuer, dass sie sich für Investoren kaum noch rechneten. Gleichzeitig sei es derzeit sehr schwierig für die Regierung, mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Er wies ebenfalls auf die entscheidende Rolle der Kommunen hin. „Denn sie legen fest, welche zusätzlichen Anforderungen erfüllt werden müssen. Ihre Rolle ist unheimlich wichtig.“ (mit afp)

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