Färben, zupfen, tätowierenWarum wir den Augenbrauen soviel Aufmerksamkeit schenken

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Illustration: Nahansicht Auge mit Braue

Während der Pandemie ist die Augenpartie noch mehr in den Fokus gerückt.

Gebleicht wie bei Kendall Jenner, ausdrucksstark wie bei Frida Kahlo oder dünn wie bei Marlene Dietrich: Bei Augenbrauen ist alles erlaubt – sie dürfen nur nicht vernachlässigt aussehen. Dafür wird gezupft, tätowiert oder auch implantiert. Warum bloß?

Es war eine brauenvolle Idee: Im März 2018 brachte der Spielzeugkonzern Mattel eine Frida-Kahlo-Barbie für seine Serie „Inspirierende Frauen“ auf den Markt. Das Plastikdouble sah der 1954 verstorbenen mexikanischen Malerin allerdings nicht besonders ähnlich – der kleine Schnurrbart und vor allem die legendären, zusammengewachsenen Augenbrauen Frida Kahlos, die sie stets auf ihren Selbstporträts betonte, waren kräftig ausgedünnt worden.

Ihre Angehörigen teilten mit, dass man sich eine Puppe mit charakteristischen Augenbrauen gewünscht hätte, die der Künstlerin entspräche. Die Entscheidung der Malerin, ihre Monobraue in den 1940er-Jahren nicht wie damals in Mode streichholzdünn zu zupfen, sondern vielmehr noch mit einem Augenbrauenstift zu akzentuieren – der es später sogar in eine Ausstellung über Kahlo ins Londoner Victoria and Albert Museum schaffte –, war eine bewusste Zurückweisung von Stereotypen, was attraktiv war und was nicht.

Wenn man zu stark zupft, kann es dazu kommen, dass die Brauen nicht wieder nachwachsen
Christoph Krüss, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie

Frida Kahlos ungezähmte Brauenkultur hatte durchaus populäre Nachahmerinnen, in den 1980er-Jahren etwa die junge zum Teeniestar und Model avancierte Brooke Shields. Und schließlich das Model Cara Delevingne, die ab 2009 buschige Brauen zu ihrem Markenzeichen machte. Diese drei Frauen wurden und werden auch heute noch für ihre ausdrucksstarken Gesichter gerühmt – was nicht zuletzt an ihren Brauen liegt. Dass man den Bogen raushaben muss, um als besonders schön wahrgenommen zu werden, zeigt auch ein Blick zurück in die Geschichte: Jede Epoche hatte ihre Augenbrauen-Ikonen.

Etwa die zu ihrer Zeit im 14. Jahrhundert vor Christus als schönste Frau der Welt geltende ägyptische Königin Nofretete, die hohe geschwungene Augenbrauen hatte, die zusammen mit ihrer schlanken Nase und den vollen Lippen mit dafür sorgten, dass ihre Gesichtszüge perfekt symmetrisch und harmonisch wirkten.

Im 16. Jahrhundert prägte Königin Elisabeth I. den Oben-ohne-Look: Die Brauen wurden – zusammen mit einem Großteil des Haaransatzes – komplett entfernt. Im 18. Jahrhundert waren dann wieder dichte, buschige Brauen gefragt; Frauen und Männer klebten sich deshalb mit Fischleim falsche Härchen aus Mäusefell auf.

Augenpartie während Pandemie in den Fokus geraten

Kreativ ist man auch heute noch: Brauen-Styling-Paletten, Brauentusche, -stifte- und -puder sowie Wachstumsseren bietet die Beauty-Industrie, um den Bereich oberhalb der Augen in Form zu bringen. In jüngster Zeit ist diese sogar noch etwas wichtiger geworden, weiß Christoph Krüss aus dem Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC). Der Mediziner erklärt: „Das Tragen von Masken während Corona rückte die Augenpartie in den Fokus.“ Und damit auch die Brauen. Mittlerweile haben wir die Masken weitgehend abgelegt. Nichtsdestotrotz ist Augenbrauenpflege vielen Frauen, aber auch zunehmend Männern wichtig. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die Brauen zu stylen oder sie für länger anhaltende Resultate im Rahmen von mikroinvasiven oder chirurgischen Maßnahmen behandeln zu lassen.

Die einfachsten Methoden, seine Augenbrauen zu verändern, sind, sie zu tuschen, zu färben oder zu zupfen. 2023 schickten Versace und Burberry ihre Models mit gebleichten Brauen auf den Runway, um einen „gewagten, starken, machtvollen, überirdischen Look zu kreieren,“ wie es die britische Make-up-Artistin Pat McGrath beschreibt. Stars wie Influencerin Kendall Jenner, Schauspielerin Nicola Peltz Beckham oder Sängerin Madonna kopierten den Laufstegtrend.

Mit dem Zupfen sollte man es nicht übertreiben

Doch als normalsterblicher Mensch sollte man sich sowohl beim Färben als auch beim Zupfen nicht an einem Trend orientieren, sondern daran, was am besten zur eigenen Gesichtsform passt. Gerade feiern etwa die „skinny brows“, die in den Nullerjahren schon mal sehr beliebt bei Paris Hilton, Drew Barrymore und Angelina Jolie waren, ein Comeback – das muss aber nicht jeder oder jedem stehen.

Zudem sollte man es mit dem Zupfen nicht übertreiben. „In der Regel wachsen die Härchen zwar nach“, sagt Krüss, „wenn man allerdings zu stark zupft, kann es bei Menschen, die sehr dünne Augenbrauen haben, dazu kommen, dass sie die Haarfollikel schädigen, und die Brauen nicht wieder nachwachsen.“

Eine andere Möglichkeit ist das Permanent-Make-up. Dabei wird über ein Pigmentiergerät Farbe in die Oberhaut eingebracht, die aber – anders als bei einem richtigen Tattoo – nach einigen Jahren wieder verblasst, da die Haut sich ständig erneuert. Wichtig ist, vor dem Tätowieren unbedingt die gewünschte Augenbrauenform ganz genau zu besprechen. Ein Semi-Permanent-Make-up ist das Microblading, bei dem mit einem speziellen Skalpell feinste Stiche in die oberste Hautschicht geritzt und mit Farbe aufgefüllt werden. Man sollte darauf achten, dass die Kosmetikerin eine spezielle Ausbildung im Microblading hat.

Neue Methoden für Brauen nach Verletzungen

Weiterhin gibt es minimalinvasive Verfahren, etwa mit Botox. „Dabei wird knapp unterhalb der Augenbraue eine kleine Botoxinjektion gesetzt. Damit schwächt man den Muskel, der die Braue herunterzieht“, erklärt Krüss, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Hamburg. Die Wirkung hält circa fünf Monate an.

Und schließlich hat man noch die Möglichkeit des Brauenliftings. Dabei unterscheidet man zwischen dem direkten und dem indirekten Lifting. Bei der direkten Variante wird oberhalb der Augenbraue eine kleine Hautspindel herausgeschnitten und die Haut zusammengenäht, „damit erreicht man das Anheben der Braue“, sagt der Experte. Beim indirekten Lifting setzt man im Schläfenbereich an der Haargrenze den Schnitt, entfernt so Hautüberschuss und liftet auf diesem Weg die Augenbraue. Haartransplantationen an der Braue sind eine bisher eher selten praktizierte Methode, bei der Haarfollikel von anderen Körperstellen entnommen und an der Augenbraue verpflanzt werden. Das kann eine geeignete Methode sein für Menschen, die durch Krankheit oder Verletzung ihre Brauen verloren haben.

Warum all die Mühe mit den Brauen? Körperliche Funktionen haben sie nicht. Dafür aber dienen sie der Kommunikation und erfüllen damit aus Sicht von Anthropologen einen sozialen Zweck: Das Mienenspiel mit zusammengezogenen oder hochgezogenen Brauen unterstreicht unsere Worte – und manchmal ersetzt es sie auch. Man muss die Brauen nur richtig zu nutzen wissen. (RND)


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