Die kölsche Überzeugungstäterin

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Marita Köllner, „Fussich Julchen“ im Scheinwerferlicht für das Fernsehen. BILD: STEFAN WORRING

Marita Köllner, „Fussich Julchen“ im Scheinwerferlicht für das Fernsehen. BILD: STEFAN WORRING

Ihr Name ist Programm - auch wenn er, streng genommen, mit einem L zu viel geschrieben wird. Marita Köllner gehört zu den wenigen Kölnern, die wie die Stadt heißen und das ausleben. „Ich ben e Kind vun Kölle“, sagt Marita Köllner, die als „Fussich Julche“ bekannt geworden ist, und die diesen Sonntag 50 Jahre alt wird. Mit 350 Gästen feiert sie ab 11.11 Uhr auf der „MS Asbach“ auf dem Rhein. Wo sonst.

Als „et fussisch Julche“ ist Köllner zu einem Markenzeichen geworden, das weit über Köln hinaus beliebt ist. Kaum ein Straßenfest in der Stadt, bei dem sie nicht singend über die Biertische steigt; kaum eine rheinische Karnevalsbühne, auf der sie noch nicht gestanden hat.

„Ich kann das kaum glauben, dass ich schon vier Jahrzehnte dabei bin, aber es stimmt.“ Köllner, in einem urkölschen Umfeld im Vringsveedel geboren, war gerade mal zehn Jahre alt, als sie bei den Schulsitzungen der Grundschule Lochnerstraße und bald auch bei Karnevalsvereinen im Veedel auftreten durfte.

Doch die Sängerin („Denn mir sin kölsche Mädcher“) hat ursprünglich gar nicht gesungen. Mit 13 Jahren zählte sie zum Nachwuchs bei der „Kajuja“, wo sie zunächst als Rednerin namens „Ne harmlose Irre“ auftrat. Erst 1976 fand sie mit dem „Julchen“ ihre Type. „Den Namen verpasste mir der kürzlich verstorbene »Schütze Bumm« Franz Unrein nach einem Millowitsch-Stück. Mit roter Perücke - sieben sind verschlissen, hinzu kamen vier mit Kurzhaarschnitt - trat die Naturblonde mit 18 Jahren beim „Stammtisch Kölner Karnevalisten“ an.

In ihren Witzen musste stets ein Mann herhalten. Mal war es ihr Freund, mal ihr Gatte, mal der Verflossene - aber er hieß stets „Jodokus“. 1987 fing dieser im Museum an und erzählte abends stolz: „Samtpfötchen, ich hatte einen Bombeneinstand: Ich habe zwei Rembrandts und einen Picasso verkauft.“

Aber „Frauen han' et in der Bütt doppelt schwer“. Der Sprung in die erste Karnevals-Liga gelang 1988, als sie ihren Vortrag um ein Lied ergänzte. „Jetzt' singk die och noch“, stöhnte mancher Karnevalist. Das Lied, als einmaliger Gag geplant, wurde zum Knaller. „Denn mir sin kölsche Mädcher, han Spetzebötzjer an“ - von Reiner Hömig im Bläck-Fööss-Studio produziert - gilt als eine der Köln-Hymnen, die Kindergartenkinder wie FC-Fans singen.

Wenige Jahre später sang sie nur noch. Aber immer öfter war sie auch als Moderatorin gefragt. Bei Benefizveranstaltungen, im Hörfunk, im Fernsehen - von der „Närrischen Hitparade“ bis zur Übertragung des Rosenmontagszuges. Heute wird das „Fussich Julchen“ sogar „exportiert“. Zwischen Skihütte und Sandstrand, zwischen Hintertux und Mallorca, kann die quirlige Sympathie-Trägerin für die Stadt an keinem Mikrofon vorbeigehen. Sogar Araber in Tunesien und Asiaten in Thailand bringt sie zum Schunkeln.

So manchen Ohrwurm hat sie in den Köpfen ihres Publikums festgesetzt - von „Es war in Altenahr“ bis zu „Weil mir Kölsche sin“. Dazu gibt es immer wieder leise, sentimentale Klänge wie „Denn et Heimwih nimms de met“. „Sie ist eine kölsche Überzeugungstäterin“, sagte Klaus Huber, der stellvertretende Chefredakteur von Radio Köln, als sie im Vorjahr mit dem Severins-Bürger-Preis ausgezeichnet wurde. Der steht in einer Reihe mit weiteren Auszeichnungen wie dem Goldenen Verdienstorden des Festkomitees Kölner Karneval oder der Goldenen Krone des Rheinlands. Sie ist auch Leutnant der Reserve der Ehrengarde - das gelang keiner Frau zuvor.

Über das Internet macht sich die Beamtin bei den Abfallwirtschaftsbetrieben, derzeit freigestellt, zur öffentlichen Person. Da gibt es Liedtexte, Kochrezepte, und jeder kann an ihrem Alltag teilnehmen, auch wenn der traurig ist. Vor Jahren war sie an einem lebensbedrohlichen Gehirntumor erkrankt. Seit der Operation hat sie eine kleine Gesichtslähmung, ist aber geheilt.

Tag und Nacht aktualisiert sie ihr Tagebuch, beschreibt Erlebnisse und Gefühle. Ihre große Liebe - neben Köln - ist seit 18 Jahren Peter Serbe. Er fährt sie zu den Auftritten, ist der starke Mann im Hintergrund und Mitinhaber ihrer Firma CSE Köln Entertainment für Köln-Artikel mit „Colonia-Shop“ auf der Severinstraße. Wo bleibt da die Romantik? Auf keinen Fall auf der Strecke, verspricht „Julchen“: „Wir heiraten irgendwann, bevor es in Rente geht.“ In Köln. Wo sonst?

 www.et-fussich-julche.de

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