Für viele Menschen ist Weihnachten das „Fest der Familie“. Auch in meinem Adventskalender soll das deutlich werden. Zum Glück gibt es in der Malerei dafür ein eigenes Sujet: das „Familienstück“. Auch lange vor der Erfindung der Fotografie und erst recht des Selfies bot es Familien die Möglichkeit, sich ins Bild zu setzen, zu inszenieren und für die Nachwelt festzuhalten.

Im Wallraf-Richartz-Museum hängt auf der zweiten Etage in Saal 4 ein besonders interessantes Beispiel für ein solches Familienstück. 1687 malte der niederländische Künstler Jakob Toorenvliet (1640 bis 1719) seinen Bruder Dirck mit Frau und fünf Kindern. Vier von ihnen waren schon geboren, als das Bild entstand. Die jüngste Tochter kam später zur Welt und wurde der Mutter witzigerweise erst nachträglich, sieben Jahre später, von ihrem malenden Schwager auf den Schoß gesetzt. Gegen die furchtbare französische Haube, eine damals modische Fontange, konnte sich die Kleine da natürlich nicht wehren.

Schwäche für Teppiche und schöne Stoffe

Das Bild zeigt eine bürgerliche Familie, die sich ihres Standes und auch ihres Vermögens sehr bewusst ist. Der Maler stellt sie unter freiem Himmel vor Säulen und Ausstattungsstücke, die klar als Kulisse mit aristokratischem Anspruch gedacht sind – und ganz sicher nicht als Wiedergabe des Ambientes, in dem die Familie lebte. Man darf aber annehmen, dass die Toorenvliets schon eine Schwäche für Teppiche und schöne, üppige Stoffe hatten.

Der Vater blickt von oben herab auf die Seinen – huldvoll, aber auch fürsorglich. In der Hand hat er ein Schriftstück, darunter ein Buch. Das weist ihn als gebildete Person aus. In aller Typisierung gelingen dem Künstler bei den Kindern Ansätze einer persönlichen Charakterisierung. Der älteste Sohn hat einen wertvollen Papagei in der Hand, auf den er sichtlich stolz ist. Sein Bruder schwenkt sein Federhütchen und guckt kess ins Bild. Die große Schwester, offensichtlich das älteste der Kinder, legt ihren Arm behütend um ihre kleine Schwester, die wiederum ein winziges Hündchen hält.

Niederländische Meister

Kölner Wallraf-Richartz-Museum präsentiert neue Erkenntnis zu Rembrandt-Zeichnung

Von

Michael Kohler

Merken

Merken

„Stadt-Anzeiger“-Fotograf Alexander Schwaiger, der mich auf meiner Museumstour begleitet und die Kunstwerke für den Adventskalender so schön aufgenommen hat, fühlte sich bei diesem Gemälde gleich an die Anfänge der Porträt-Fotografie im 19. Jahrhundert erinnert, als die Familien des Biedermeiers einen Daguerrotypisten bestellten, sich vor seinem Apparat drapierten und dann ganz stillhalten mussten, bis das Bild „im Kasten“ war.

Die Assoziation ist überaus passend: Ob mit Hilfe der Malerei oder der Fotografie – man wollte etwas hermachen und es vorzeigen können. Daran hat sich bis heute gar nicht so viel verändert, wenn an Weihnachten im Wohnzimmer einer das Handy aus der Tasche zieht und ruft: „Kommt mal alle her – fürs Familienfoto!“

Aufgezeichnet von Joachim Frank

In unserem Adventskalender stellt Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner jeden Tag ein besonderes Ausstellungsstück aus einem von sechs Kölner Museen vor. Alle Folgen finden Sie hier:www.ksta.de/weihnachten

Das Wallraf-Richartz-Museum, Obenmarspforten (am Rathaus), 50667 Köln, ist geöffnet dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr. Verlängerte Öffnungszeit bis 22 Uhr unter anderem am „Köln-Tag“, dem ersten Donnerstag im Monat. Geschlossen ist das Museum montags und an Heiligabend, dem ersten Weihnachtstag (25.12.), Silvester, Neujahr sowie an den Karnevalstagen. Eintritt: 10 Euro (ermäßigt 7). Freier Eintritt unter anderem für Kinder und Jugendliche bis 18.