Kanzlerairbus in Köln gekapertVolkan T. muss in die Psychiatrie

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Das Landgericht Köln fällte am Mittwoch das Urteil im Prozess gegen Volkan T., der vergangenes Jahr in ein Regierungsflugzeug geklettert war und die Maschine starten wollte.

Das Landgericht Köln fällte am Mittwoch das Urteil im Prozess gegen Volkan T., der vergangenes Jahr in ein Regierungsflugzeug geklettert war und die Maschine starten wollte.

Köln – Volkan T. muss für unbestimmte Zeit in ein psychiatrisches Krankenhaus. Ob und wann der 26-Jährige jemals wieder ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit führen kann, ist ungewiss. Eine Alternative zum so genannten Maßregelvollzug sieht die Zehnte Große Strafkammer des Landgerichts nicht. „Wir würden ihm keinen Gefallen damit tun, ihn jetzt auf die Straße zu setzen“, fasste der Vorsitzende Richter zusammen. T.s Verteidiger will gegen das Urteil Revision beantragen.

Angeklagter fühlt sich topfit

Nachdem Volkan T. im Juli vorigen Jahres auf dem Flughafen Köln-Bonn in den Kanzlerairbus geklettert war, wurde er in einer psychiatrischen Klinik in Essen untergebracht. Ärzte attestieren ihm eine Psychose. Der 26-Jährige verweigert strikt Medikamente und jede Therapie – einem Gutachter zufolge ist das Teil seiner seelischen Störung. T. fehle jede Krankheitseinsicht, er fühle sich topfit, so der Richter. „Bei einer Entlassung ohne jede Behandlung wären sehr schnell und mit großer Sicherheit vergleichbare Straftaten von ihm zu erwarten, die auf Großartigkeit angelegt sind.“

Mit nahezu demselben Gesichtsausdruck, den er auch an allen anderen Prozesstagen gezeigt hatte, verfolgte Volkan T. im weißen Achselshirt am Mittwoch das Verlesen des Urteils: Mal blickte er ernst, mal breit lächelnd auch an unpassenden Stellen, jedenfalls scheinbar entrückt. An das Geschehen an dem Sommerabend kann er sich nach eigenen Angaben nicht erinnern – auch das passt laut Ärzten zum Krankheitsbild. Sein Mandant begreife das Urteil gar nicht, sagte Anwalt Karl-Christoph Bode. Aber auch ohne T. zu den Gründen befragen zu können, ist das Gericht überzeugt, dass der Porzer den Regierungsflieger nicht nur starten, sondern auch in die Luft bringen wollte. Er habe die Abdeckungen der Triebwerke sowie das Erdungskabel entfernt, bevor er an Bord ging, habe an einer Tür den „Flight Modus“ aktiviert und im Cockpit unter anderem den Schubhebel auf „Flight“ gestellt.

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„Das tat er nicht aus Unfug oder um zu zeigen, wie einfach das alles ist“, sagte der Richter. Schließlich hätte seiner Aktion an jenem Abend ja erst das Fliegen die „gewisse Großartigkeit“ verliehen, nach der Volkan T. im Zustand seiner Schizophrenie und seinem Verfolgungswahn gestrebt habe. Nur die unterbrochene Stromzufuhr habe verhindert, dass das Flugzeug sich in Bewegung setzte. Dass der Flieger von der Batterie abgeklemmt war, habe T. indes nicht gewusst. „In den Händen eines Laien ist ein Airbus kein ungefährlicher Gegenstand“, sagte der Richter. „Man stelle sich vor, die Maschine hätte sich in Bewegung gesetzt, mit einer kranken Person am Steuer, die sich nicht ansprechen lässt. Die weiteren Folgen möchte ich mir nicht ausmalen.“

Kritische Worte an den offensichtlich laschen Sicherheitsvorkehrungen bei der Bundeswehr kamen in der Urteilsbegründung dagegen nicht zur Sprache. Der Vorsitzende erwähnte bloß, dass T. „auf ungeklärte Weise“ auf das Flugfeld gelangt sei, unter anderem weil „aus unklaren Gründen“ die sonst übliche Videoüberwachung des Fliegers nicht scharf geschaltet war. Im Prozess war deutlich geworden, dass der zuständige Soldat offenbar schlicht vergessen hatte, die Kameras zu aktivieren. Andernfalls wäre T. vermutlich niemals an Bord gelangt.

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