Chef der Design-Offices im Gespräch„Das Büro steht vor der Frage nach dem Sinn“

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Köln – Es gibt kein Zurück mehr. Keinen Weg in den Status Quo vor der Pandemie. Und das ist nach Auffassung von Joachim Gripp auch gut so. „Zum ersten Mal steht das Büro vor der großen Frage nach dem Sinn“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Design Offices bei seinem Besuch in Köln. In den alten Büroturm wolle keiner mehr zurück. „Für einen Schreibtisch fährt niemand mehr durch den Stau zur Arbeit. Und auch nicht fürs Internet.“ Für den Arbeitnehmer müsse es bessere Gründe beziehungsweis einen echten Mehrwert geben, um sich nach zwei Jahren Homeoffice wieder zurück ins Büro zu bewegen.

Bei der Frage, wie die Arbeitsräume der Zukunft gestaltet sein müssen, lautet eine Antwort: Gemeinschaftsflächen. Allerdings nicht nach dem Vorbild des bisherigen Großraumbüros. Aus Sicht des promovierten Volkswirts Gripp geht es heute zunehmend darum, auch am Arbeitsplatz „Aufenthaltsqualität zu genießen und das auch noch nach Büroschluss.“ Es gehe darum, Gemeinschaftserlebnisse zu schaffen, um auch neue Mitarbeiter an ein Unternehmen zu binden, aber auch darum, jedem den Raum anbieten zu können, der seinen Bedürfnissen – nach Ruhe, nach Austausch oder Teamwork – entspreche. 

„Der Raum muss sich dem Menschen anpassen“

Der Raum muss sich dem Menschen und seiner jeweiligen aktuellen Aufgabe anpassen und nicht umgekehrt“, betont der 53-Jährige und verweist auf die Visionen von Michael O. Schmutzer, der das Unternehmen Design Offices 2008 in Nürnberg gründete. Der Betriebswirt Schmutzer hatte schon lange vor anderen die Idee, Menschen aus ihren althergebrachten Bürowaben herauszuholen und individuelle Working-Spaces zu kreieren, wo sowohl Firmen als auch Einzelpersonen stunden-, tage-, wochenweise oder sogar langfristig Idealbedingungen für kreative Prozesse finden.

Inzwischen sind die Design Offices mit ihren 40 Niederlassungen hierzulande Marktführer in Sachen Corporate Coworking-Lösungen in Deutschland. In Köln wurden in den zurückliegenden vier Jahren vier Standorte eröffnet, der jüngste – am ehemaligen Güterbahnhof in Köln-Mülheim – mitten in der Pandemie. Die hochwertig ausgestatteten Räumlichkeiten auf insgesamt 11.000 Quadratmetern Fläche an der Schanzenstraße sind laut Gripp genauso ausgebucht wie die anderen drei Adressen, so dass das Unternehmen bereits wieder auf der Suche nach einer weiteren Immobilie – möglicherweise in Messenähe – ist.

Räume haben enormen Einfluss auf Schaffensprozesse

Aus Sicht des CEO hat die Beschaffenheit von Räumlichkeiten einen enormen Einfluss auf kreative Schaffensprozesse. „Menschen, denen wir zutrauen, mit neuen Lösungen zu kommen und die in der Lage sind, sowohl sich selber als auch andere zu überraschen", bräuchten individuelle Raum-Konzepte.

Die gängigen „U-Formate bei Meetings“ seien wenig effizient, sagt Gripp und nimmt zur Verdeutlichung die typische Konferenz-Körperhaltung ein: im Bürostuhl nach hinten gelehnt, die Arme verschränkt in Abwarte-Position.

„Wir hingegen glauben viel stärker an keine Sitzordnung. Wir haben dafür unter anderem Treppen mit Sitzpolstern. Das soll nicht nur gut aussehen, sondern hier soll jedem die Chance gegeben werden, da mal hochzukraxeln und sich da vielleicht neben jemanden zu setzen. Eine Abwechslung von Perspektive und Umgebung. Das ist unsere Idee.“

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Über weitere Ansätze für eine neue Arbeitswelt wurde im Rahmen eines ersten, „Festival“ genannten Workshop, am Standort Mülheim mit vielen Experten diskutiert. Fachleute aus dem Bereich Design und Kreativität sprachen auch darüber, wie man das Arbeitsleben sachgerechter, witziger und stimulierender gestalten kann. „Ich bin der größte Fan dieser Transformation“, unterstreicht Gripp. „Wer will denn zum Alten zurück? Es war einfach nicht gut genug, um es jetzt romantisch zu verklären.“

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