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DomgeschichtenWie ein „suizidaler Hund“ einen Rettungseinsatz auslöste

Lesezeit 3 Minuten
Über die Mauer (rechts) war der Hund in den Innenhof der Dombauhütte gesprungen.

Über die Mauer (rechts) war der Hund in den Innenhof der Dombauhütte gesprungen.

  • Den Kölner Dom kennt jeder. Aber wie gut kennen sich die Kölner wirklich aus in „ihrer“ Kathedrale?
  • Jede Woche haben wir für Sie eine neue Geschichte vom Dom – erzählt von einer, für die er eine Art zweites Zuhause ist: Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner.
  • In dieser Folge geht es um einen Hund, der in den Innenhof der Dombauhütte sprang.

Köln – Eine der skurrilsten Dom-Geschichten meiner Amtszeit ist der Fall des suizidalen Hunds. Sie haben richtig gelesen, ein suizidaler Hund! Passen Sie auf, die Geschichte geht so: In meinem Schlafzimmer lag immer ein Notfalltelefon. Sollte es zum Beispiel in der Domschatzkammer irgendwelche Probleme, gar einen Alarm geben, musste ich zu jeder Zeit erreichbar sein.

Eines Nachts, es war gegen zwei Uhr, klingelte das Telefon. „Hier spricht die Polizei. Vor der Dombauhütte unterhalb der Domplatte befindet sich ein suizidaler Hund. Wir sind vor Ort. Ein Rettungswagen auch. Aber wir kommen von oben nicht an den Hund heran. Bitte kommen Sie sofort.“

Mit vereinten Kräften in den Rettungswagen gebracht

Mein Mann, inzwischen aufgewacht und noch etwas schlaftrunken, fragte mich, was denn los sei. Ein Hund, der sich umbringen will, sagte ich. „Was? Das muss eine Falle sein. Du gehst da jetzt auf keinen Fall alleine rüber.“ Wir zogen uns also schnell etwas über und marschierten gemeinsam über den Roncalliplatz zu der Stelle hinter dem Römisch-Germanischen Museum, an dem man über halbhohe Mauer hinunter in die Werkstätten der Dombauhütte schauen kann.

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

Dort fanden wir alles so vor, wie am Telefon beschrieben: Polizei, die Tierrettung und vier Meter unter uns besagter Hund. Die Rasse könnte ich nicht genau angeben. Auf jeden Fall war es etwas Kampfhundartiges. Etwas abseits stand ein Pärchen, offensichtlich die Hundehalter. Die beiden sahen genau so aus, wie ich mir Leute vorstelle, die nachts um zwei ihren Kampfhund spazieren führen.

Das Buch Zur Serie

Eine Sammlung der schönsten Domgeschichten aus Geschichte und Gegenwart haben Barbara Schock-Werner und Joachim Frank unter dem gleichnamigen Titel im DuMont-Buchverlag veröffentlicht:

Domgeschichten. Mit der Dombaumeisterin a.D. durch die Kölner Kathedrale, 176 Seiten mit zahlreichen Fotos von Csaba P. Rakoczy, Köln 2020, 18 Euro. (ksta)

„Also, ich gehe da jetzt runter, und Sie kommen mit“, sagte ich zu der Frau. Unten angekommen, humpelte uns das arme Tier auch schon entgegen. Mit vereinten Kräften brachten wir es nach oben und verfrachteten ihn in den Rettungswagen.

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Ende gut, alles gut. Aber was, werden Sie sich – genau wie ich – fragen, ist denn nun die Pointe der Geschichte? Der Hund, der Sturz in die Tiefe, der Suizid… Nach einigem Nachdenken bin ich drauf gekommen: Der Polizist hatte sich ganz einfach mit dem Fremdwort vertan. Was er sagen wollte, dass sich der Hund schwer, vielleicht sogar tödlich verletzt haben musste. Von einem Suizidversuch konnte jedenfalls nicht wirklich die Rede sein. Kein Hund springt vier Meter in die Tiefe – einfach so.

Ich gehe davon aus, dass das ganze Drama auf einem fatalen Fehler der Hundebesitzer beruhte. Die werden dem Hund etwas zum Nachjagen über das Begrenzungsmäuerchen in Richtung Dom geworfen haben. Dass es dort jäh in den Abgrund geht, bemerkte der Hund bei seinem Satz über die Brüstung dann wohl erst, als es schon zu spät war.

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