Kölner KioskeDeshalb verkaufen Büdchen-Besitzer ihre Büdchen bei Ebay-Kleinanzeigen

Lesezeit 4 Minuten
Buedchen Hansaring

Das Büdchen am Hansaring sucht einen Nachmieter.

  • Die Zahl der Kölner Büdchen wird auf etwa 1000 geschätzt – einige Besitzer suchen Nachfolger
  • Der Verkaufsschlager ist nicht immer das Kölsch aus der Flasche. In der Pandemie erweist sich vor allem der Fensterverkauf als „krisensicher“.
  • Dennoch suchen nun einige Besitzer Nachfolger – und das auf teils kreative Weise.

Köln – Die Zahl der Kioske in Köln wird auf 1000 geschätzt. Und den Traum, einmal ein Büdchenbesitzer zu sein, kann sich jeder erfüllen. Bei Ebay-Kleinanzeigen ist derzeit unter anderem ein Büdchen an der Fußgängerzone in Porz für 1200 Euro Miete, ein Kiosk am Salierring für 1250 Euro und ein Büdchen mit Paketshop und Bankautomat an der Kyffhäuser Straße zu einem Kaufpreis von 70.000 Euro zu haben. Aus unterschiedlichen Gründen suchen Inhaber nach Nachfolgern.

Da ist zum Beispiel der Mini-Markt mit Souvenir-Shop an der Komödienstraße. Seit 23 Jahren arbeiten hier Nasan Nodinian und seine Frau. Sie sind einst aus dem Iran geflohen. Die beiden haben daheim als Grundschullehrer gearbeitet und hatten mit dieser Ausbildung hier keine Chance. „Wir konnten ja auch kein Deutsch. Und dann wollte ich schnell Geld verdienen und habe mich selbstständig gemacht.“

Doch jetzt ist Nasan Nodinian 68 Jahre alt, seine Frau 65, beide sind nicht mehr ganz gesund. Ihre beiden Kinder sind längst groß und deshalb will sich das Ehepaar zur Ruhe setzen. Denn einen Kiosk zu betreiben, ist in der Regel ein sehr anstrengendes Geschäft. Nodinian steht um 5 Uhr zuhause in Sürth auf und macht kurz vor 6 den Laden auf. Mittags löst ihn seine Frau ab, bleibt bis 21 oder 22 Uhr. Aushilfen haben sie nur selten. Da blieb all die Jahre fast keine gemeinsame Zeit.

Alles zum Thema Büdchen

Büdchen-Stammkunden vom WDR

Dafür hat das Paar viele Stammkunden gewonnen – die kommen von den gegenüberliegenden Banken und Büros und vom WDR. „Die Leute kennen uns. Da sind richtige Freundschaften entstanden.“ Und die Pförtner in den Bürohäusern haben vor allem abends auch immer ein Auge auf den Kiosk.

Auch die umliegenden Hotels bringen Kunden. Für die gibt es auch Drogerieartikel. Eine Frau war besonders begeistert, dass sie hier sogar Enthaarungscreme fand. In der Pandemie blieben leider die Touristen aus, für die es hier unter anderem Kuckucksuhren für mehrere Hundert Euro gibt. Und Magnete mit Köln-Motiven. „Die laufen in normalen Zeiten oft sogar besser als Bier.“

Die Komödienstraße sei ein sehr guter Standort, findet der Betreiber. Er liebt seine Arbeit. Doch die Büdchen-Seeligkeit, die in kölschen Liedern besungen wird, empfinden wohl eher die Kunden, die mal locker um 22 Uhr reinschneien, als die Inhaber, die hier noch um 22 Uhr stehen müssen.

Sohn stellt Anzeige auf Ebay

„Wir wollen jetzt wieder mehr Leben haben“, sagt Nodinian. Sein Sohn hat die Anzeige auf Ebay gestellt. Der Mietpreis für das 80 Quadratmeter große Geschäft wird nicht genannt. Weil es so viele Anfragen gibt, hat der Sohn die Anzeige zeitweise wieder heruntergenommen.

Erste Interessenten waren schon im Laden. Unter anderem eine Familie mit kleinen Kindern. „Da habe sofort gesagt, dass ginge nicht. Als Eltern können sie nicht 16 Stunden arbeiten“, sagt Nasan Nodinian. Er bietet an, seinen Nachfolgern im ersten Monat zu helfen, sich an das Büdchen-Business zu gewöhnen. Er will sich dann auch endlich einer weiteren wichtigen Aufgabe widmen: in Online-Foren in seiner Muttersprache Farsi über die politischen Entwicklungen im Iran berichten.

Auch Walid Elhayani Boulifa sucht bei Ebay nach einem Nachmieter für seinen Kiosk. „Bei Bobby” liegt am Hansaring, ist besonders schön und besonders klein. Zwölf Quadratmeter misst das Retro-Büdchen, das einst eine kleine Verkaufsstelle einer Autowerkstatt war. Betreten kann es der Kunde nicht, gehandelt wird aus dem Fenster heraus. Walid Elhayani Boulifa (31) bringt es fertig, hier auch noch einen Paketshop zu betreiben.

Er ist erst 2000 gestartet. „Der Kiosk ist superschön, die Gegend gut.“ Ringsum ist ein CVJM-Haus, ein Hotel, ein christliche Gemeinde, ein Kino, der Ebertplatz und die Haltestelle Hansaring sind nicht weit. „Der Kiosk läuft gut und hat sich wegen des Fensterverkaufs in der Pandemie als krisensicher erwiesen.“

Zigaretten einzeln verkauft

Doch Walid Elhayani Boulifa wohnt in Sankt Augustin, die morgendliche Fahrt nach Köln wird oft zur Stau-Tortur. Der Kiosk ist in der Regel von 9 bis 21 Uhr geöffnet, es gibt keinen Ruhetag. Die Arbeit teilt er sich mit seiner Frau. Verlässliche Aushilfen zu finden, ist schwer. Eine hat mal Zigaretten einzeln verkauft, da musste sie gehen. Eigentlich müsste der Kiosk auch abends länger aufhaben, denn da könnte man noch mal richtig Umsatz machen. Doch das ist nicht zu schaffen.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Ich habe null Privatleben“, sagt Walid Elhayani Boulifa. Er liebe die Kunden. Während er erzählt, wird er immer wieder von Passanten gegrüßt. Aber der Preis sei zu hoch, er will jetzt auf Hausmeisterservice umsatteln. Der Nachfolger müsste das Inventar und die Ware kaufen und eine Monatsmiete von rund 1400 Euro aufbringen. Und wohl am besten in der Nähe wohnen. Erste Anfragen gibt es bereits.

KStA abonnieren