„Blood & Gold“Kölner Band macht Filmmusik für Netflix-Welterfolg

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Wolly Düse, Max Jakuschew und Ingo Ruttke von der Kölner Band Skoteenas stehen mit Regisseur Peter Thorwarth auf der Venloer Straße, Ecke Körnerstraße

Wolly Düse, Max Jakuschew und Ingo Ruttke (v.l.) von der Band „Skoteenas“ mit Regisseur Peter Thorwarth auf der Venloer Straße/ Ecke Körnerstraße vor der Werbung für die Serie

Regisseur Peter Thorwarth („Bang Boom Bang“) und Wolly Düse („Cowboys on Dope“) lernten sich auf einer Kölner Party kennen.

Vielleicht verstehen sich Peter Thorwarth und Wolly Düse so gut, weil sie beide 100-prozentige Künstler sind, die nicht nur die Sonnenseiten ihres Berufs kennengelernt haben. Regisseur Thorwarth war nach seinem Sensationserfolg „Bang Boom Bang“ 1999 lange von der Bildfläche verschwunden, drehte in der Folge nur selten Filme, machte hin und wieder Werbung, eher er 2021 mit dem Netflix-Vampirfilm „Blood Red Sky“ in der ersten Woche in 57 Ländern weltweit die Streamingcharts stürmte – und jetzt nachlegte: Die Nazi-Western-Satire „Blood & Gold“ habe es „leider nur in 56 Ländern auf Platz eins geschafft“, sagt ein blendend gelaunter Thorwarth bei Ayran, Fladenbrot und Dips auf der Venloer Straße, Ecke Körnerstraße – vor ihm eine ganze Hauswand mit einem Szenenfoto aus „Blood & Gold“, vor der Thorwarth erstmal ein paar Selfies macht und staunt.

Düse hatte mit seiner Band „Rausch“ Anfang der 1990er Jahre einen Vertrag bei einem Major-Label, die Gruppe spielte im Vorprogramm von „Faith no More“ und im Tanzbrunnen als Vorband von Nirvana – dessen Schlagzeuger Dave Grohl seinerzeit Düses Schlagzeug nutzte, weil die Band mit Verspätung vom Flughafen kam. Mit der Nachfolgegruppe „Cowboys on Dope“ spielte Düse regelmäßig im WDR-Filmpalast und – zum Beispiel – als Vorband der Scorpions.

Der Kölner Song für „Blood & Gold“ erinnert an Tarantinos „Pulp Fiction“

Vergangene Woche ist Düse mit seiner aktuellen Kölner Combo „Skoteenas“ in Spanien durch winzige Clubs getourt, „50, 60 Leute, aber alle fanden es geil“. Wie Regisseur Thorwarth hat Düse immer ein paar Projekte und hundert Ideen in der Schublade, als Produzent, Musiker, Songschreiber. Jüngst war das der Abspann-Song für „Blood & Gold“ – ein Instrumentalstück, das die „Skoteenas“ einspielten und bei dem man unweigerlich an Quentin Tarantinos „Pulp Fiction“ denkt – durchaus gewollt, wie Thorwarth zugibt. „Quentin Tarantino ist mein großer Held, niemand hat mich vermutlich mehr beeinflusst“, sagt er. „Und ehrlicherweise muss man sagen, dass es ‚Blood & Gold‘ ohne Tarantinos Film ‚Inglourious Basterds‘ wahrscheinlich nicht gegeben hätte.“

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Der Nazi-Western „Inglourious Basterds“ mit Christoph Waltz in der Hauptrolle war ein Welterfolg – und wird in „Blood & Gold“ gern zitiert. „Lustigerweise gab es die Idee für ‚Blood & Gold‘ aber schon lange, bevor ‚Inglourious Basterds‘ erschienen ist“, sagt Thorwarth. Die Casting-Agentin habe seinerzeit, es muss 2007 gewesen sein, „irrerweise sogar Christoph Waltz als Obersturmbannführer casten wollen“.

Regisseur Peter Thorwarth auf der Venloer Straße, Ecke Körnerstraße vor der riesigen Werbung für den Netflix-Film „ Blood & Gold“

Regisseur Peter Thorwarth hat lange in Köln gelebt.

Das Gespräch dreht sich jetzt um zufällige Begegnungen – Thorwarth berichtet, wie er Arnold Schwarzenegger in L.A. treffen wollte, um ihm von einer Filmidee zu erzählen, ihn am Tag des Abflugs zufällig in München auf dem Fahrrad sah, dann mit dem Superstar in einem Flieger saß, aber von der Stewardess nicht zu ihm in die Erste Klasse durchgelassen wurde; Max Jakuschew, Gitarrist der „Skoteenas“, erinnert sich, dass er Quentin Tarantino am Rande der Dreharbeiten von „Inglourious Basterds“ zufällig beim Biertrinken in einem Berliner Club gesehen habe – „aber ihm nicht mit der Bitte um ein Foto auf die Nerven gehen wollte“.

Tarantino habe „Bang Boom Bang“ gesehen – und für exzellent befunden

Übrigens habe der manische Cineast Tarantino „Bang Boom Bang“ gesehen und für exzellent befunden, sagt Thorwarth – das habe er über ein Interview seines Kumpels Steven Gätjen erfahren.  Auch den Trailer von „Blood & Gold“ soll Tarantino gemocht haben.

Wolly Düse lernte Peter Thorwarth kennen, als der Regisseur „2009 gerade nach Köln gezogen war und niemanden kannte“. Bei einer Party der Produktionsfirma Eitel Sonnenschein spielte Düses damalige Band „Cowboys on Dope“ – Thorwarth war „geflasht von der Musik und der Authentizität der Jungs“ und sprach Düse nach dem Gig an. „In den nächsten Jahren war ich dann auf fast jedem Konzert von den Jungs.“

Der Fan wurde irgendwann zum Arbeitgeber: In Thorwarths 2014 erschienener Komödie „Nicht mein Tag“ mit Moritz Bleibtreu und Axel Stein in den Hauptrollen spielen die „Cowboys on Dope“ Soundtrack und Filmmusik ein, auch für den 2019 erschienen Film „Der letzte Bulle“ kümmerten sich die „Cowboys“ um einen Großteil des Soundtracks.

Thorwarth arbeitet gern mit Freunden, von Ralf Richter über Til Schweiger bis zu Christian Kahrmann

„Die Filmbranche ist anstrengend. Da arbeite zumindest gern immer mit Leuten, die ich mag“, sagt Thorwarth. So hat er beispielsweise immer wieder – auch für „Blood & Gold“ – den Kölner Christian Kahrmann besetzt, der nach seiner Rolle als Benny Beimer in der „Lindenstraße“ ebenfalls die weniger leuchtenden Seiten der Filmbranche kennenlernte und zuletzt nach einem schweren Corona-Verlauf lange im künstlichen Koma lag. Kaum erzählt er von Kahrmann und seinem alten Kumpel Til Schweiger („der leider gerade sehr ernsthafte Probleme hat“), da umarmt ihn lachend Kais Setti – Hauptdarsteller aus „Blood Red Sky“, den Thorwarth beim Dreh von Imagefilmen für die Deutsche Bahn kennengelernt hatte.

Noch einen türkischen Mocca, ein paar Anekdoten über „meine Sehnsuchtsstadt Köln“, sein Faible für „Typen, die ein bisschen drüber, aber supercool sind, wie Ralf Richter oder Alexander Scheer“, eine dicke Umarmung mit Wolly Düse, dann muss Thorwarth zum nächsten Termin. „Das Dumme am Erfolg ist, dass man ihn nie so richtig genießen kann, jetzt muss ich hier Freunde treffen, ein Interview geben, dabei schnell was zwischen die Kiemen und wieder weg“, sagt er. Aber dass er sich die Angebote – aus Deutschland, den USA, fürs Kino und für Streamingdienste – nach seinen zwei Netflix-Erfolgen aussuchen könne, „das will ich jetzt nutzen.“

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