Streit um Denkmal in EhrenfeldArtilleriehalle könnte Wohnungen weichen

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Die Artilleriehalle am Alpener Platz

Ehrenfeld – Die Frage, wie es am Alpener Platz in Ehrenfeld weiter geht, wird zu einem Lackmustest für das angeblich neu geregelte Verhältnis zwischen Bezirkspolitikern und Stadtrat. Der einstimmige Beschluss, den Bezirksbürgermeister Jupp Wirges als „Sternstunde der Bezirksvertretung“ bezeichnet hatte, bereitet den Parteifreunden im Rathaus Probleme.

Wie berichtet hatte die Bezirksvertretung einen umfangreichen Änderungsantrag des Verwaltungsvorschlags zur Bebauung des Areals „Alpener Straße 2-4“ in Ehrenfeld gefasst. Stand bei der Stadtverwaltung der Wohnungsbau im Vordergrund, hatten die Bezirksvertreter viele andere Nutzungen im Sinn. Man könne doch nicht alles mit Wohnungen „zupflastern“ hatte CDU-Fraktionschef Martin Berg gesagt.

Wagenhalle für das preußische Militär

Die BV wollte neben einem abgespeckten Wohnungsbau einen Mix aus kultureller und gastronomisch-gewerblicher Nutzung sowie den Erhalt einer wenig spektakulären Artilleriehalle, die bislang nicht unter Denkmalschutz steht. Sie diente im 19. Jahrhundert als Wagenhalle des preußischen Militärs.

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„Der Beschluss der Bezirksvertretung ist keine Grundlage, auf der wir aufsetzen wollen“, sagt der Vorsitzende des Liegenschaftsausschusses des Stadtrates, Jörg Frank von den Grünen. Der Beschluss der Kollegen auf Bezirksebene sei „nicht rund“ und in seinen Vorgaben „etwas einseitig“. Auch die eigenen Parteifreunde scheinen den Wohnungsbau „vergessen“ zu haben.

Beitrag gegen Wohnungsmangel

Das Grundstück ist Teil der 2016 beschlossenen stadtweiten „Wohnungsbauoffensive“. Die dafür ausgewählten Areale sollen genutzt werden, um einen Beitrag gegen den gesamtstädtischen Wohnungsmangel leisten zu können. Weil es sich um städtischen Besitz handelt, kann die Stadt bei Konzeptvergaben einen hohen Anteil an Sozialwohnungen einfordern, der über die Vorgaben des für alle Bauprojekte geltenden „Kooperativen Baulandmodells“ hinausgeht. Um möglichst viele Wohnungen in der Alpener Straße zu ermöglichen, müsse die preußische Artilleriehalle wie alle anderen Bauten auf dem Grundstück abgerissen werden. In Ehrenfeld geschieht ähnliches wie in anderen Stadtvierteln, wenn es ans Bauen geht. Es regt sich viel Widerstand.

Überstimmt die Stadt die Bezirksvertretung?

Der Stadtrat kann die Bezirksvertretung auch nach Inkrafttreten der neuen Zuständigkeitsordnung überstimmen. Doch damit wäre die auch von Bezirksbürgermeister Wirges zuletzt so hoch gelobte neue Art der Zusammenarbeit zwischen Zentrale und Bezirk wieder einmal schwer ramponiert. Einen einstimmigen Beschluss der Bezirksvertretung zu kassieren, passt nicht zu den Zusagen, den Politikern auf Stadtbezirksebene mehr Macht und Einfluss geben zu wollen.

„Natürlich nehmen wir die Bezirksvertretung ernst“, so Jörg Frank. Weil man sich mit deren Beschluss auseinandersetzen müsse, habe man die Entscheidung im Liegenschaftsausschuss vertagt. Es gebe Beratungsbedarf, heißt es bei CDU und Grünen.

Die Vergabe im Zuge des Erbbaurechts, wie sie die Bezirksvertretung fordert, könnte auf Stadtebene mehrheitsfähig sein. Es gibt wohl auch Verständnis für die Idee, die Artilleriehalle als besonderes historisches Zeugnis erhalten zu wollen. Aber ob und wie sich das  mit den wohnungspolitischen Zielen verbinden lässt, bleibt bis auf weiteres offen.

Bezirkspolitiker haben "andere Perspektive"

Die SPD-Fraktion im Stadtrat hat einen Kompromiss-Antrag vorgelegt, der versucht, den Beschluss der Bezirksvertretung mit der Idee der Wohnungsbauoffensive zu verbinden. Auch er wurde erst einmal vertagt. Mögliche Investoren sollen sich jeweils mit zwei Konzepten bewerben – eins mit Halle, eins ohne, so die SPD. Dann könne man auf einer fundierten Grundlage über die Vergabe entscheiden. Fände der Antrag eine Mehrheit, wäre der Konflikt allerdings nur vertagt. Die Bezirkspolitiker haben eine andere „Perspektive“ auf bestimmte Projekte, sagt Raphael Struwe, der die SPD im Liegenschaftsausschuss vertritt.

Folgen der Gentrifizierung

So gibt es offensichtlich auch Unterschiede bei der Bewertung der Frage, wie man den unerwünschten Folgen der Gentrifizierung im Veedel entgegentritt. Das Grundstück, um das es geht, liegt in einem Teil Ehrenfelds, der noch nicht so massiv von Zugezogenen, neuen Läden und Mietsteigerungen geprägt ist, wie der hippe Teil des ehemaligen Arbeiterstadtteils vor dem Eisenbahnring. Aber der Wandel ist auch hier in vollem Gange.

In direkter Nachbarschaft des Areals, um das zur Zeit gestritten wird, enstehen derzeit mehrere Neubauten. Eine 113 Quadratmeter große 4-Zimmer-Etagenwohnung kostet 564 000 Euro plus 29 500 Euro für einen Tiefgaragenstellplatz. Geworben wird für „ein Zuhause für Großstadtabenteurer“ mit allem, was man mit dem hippen Ehrenfeld verbindet: „Immer neue Szene- und Designläden“, daneben „Kölns älteste Kaffeerösterei“, „ein Aufguss im Neptunbad“ und „am Abend eine Tour durch die Musikclubs“. Alle Wohnungen sind bereits verkauft.

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