Wein aus EhrenfeldWinzer wollen in Köln produzieren – jeder kann mitmachen

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Jonathan Hollerith und Kai Sommer vor dem Laden in der Körnerstraße

Köln – Schon die Römer sollen in Köln (für heutige Gaumen schwer genießbaren) Wein angebaut haben. Und der selbst ernannte Stadtwinzer Thomas Eichert, der in zehn Jahren rund 1000 Flaschen aus Kölner Trauben gekeltert hat, ist längst nicht der einzige, der in der Stadt Wein herstellt.

Das Weingut-Projekt von Winzer Jonathan Hollerith, seiner Frau Svenja und Kai Sommer ist trotzdem einzigartig – nicht nur für Köln, sondern auch für jede andere deutsche Großstadt: Nach der diesjährigen Ernte werden die drei Köpfe der „Imi-Winery“ in der Leyendeckerstraße in Ehrenfeld bis zu 15.000 Flaschen Rot- und Weißwein keltern – und die Kölner dabei vom Trauben auslesen bis zur Weinprobe aus Barrique-Fässern mitmachen lassen.

Crowdfunding-Projekt für Kölner Wein

Um die Halle, in der der Wein gekeltert und gelagert wird, umzubauen und auszustatten, haben sie ein Crowdfunding-Projekt gestartet – wer bis Mitte März die Idee unterstützt, kann im Herbst – mit etwas Glück bei der Verlosung der Plätze – dabeisein, wenn aus Pfälzer Trauben Kölner Wein entsteht. Im Internet zu finden ist das Projekt unter www.startnext.com/imi.

„Wir wollen das Landleben zurück in die Stadt holen und das Handwerk des Wein-Machens erfahrbar machen“, sagt Jonathan Hollerith, der als Kind auf dem Weingut seines Vaters Joachim in der Pfalz Tanks säuberte und bei der Ernte half, bevor er in Bordeaux arbeitete und in Kalifornien Weinbau und Önologie studierte.

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„Der Weinanbau ist in Deutschland sehr traditionell. In Ländern wie den USA, Kanada, Australien, sogar in Schweden gibt es viele Urban-Winery-Projekte. Früher wurde hierzulande in den Städten geschlachtet, es wurde Käse hergestellt und auch Wein. Diese Traditionen gibt es kaum noch. Das wollen wir ändern und begreifbar machen, was wir da trinken.“ Kooperieren wollen die „Imis“ mit Menschen, die mit selbst mitgebrachten Trauben ihren eigenen Wein herstellen wollen: „Die Presse ist da, wir brauchen sie nicht die ganze Zeit.“

Verstorbener Vater hinterlässt Weingut in der Pfalz

Jonathan Hollerith ist ein einnehmender Typ mit Sieben-Tage-Bart, Base-Cap und einem lustigen pfälzisch-amerikanischen Akzent. Wenn er von Bodenarten, dem Einfluss des Klimawandels auf die Weinregionen oder seiner Philosophie redet (Er arbeitet biologisch, verzichtet auf industrielle Hefen, den Zusatz von Tanninen oder von Zucker), ist zu spüren, dass der Beruf sein Leben ist. Das hängt mit seiner Familiengeschichte zusammen: Jonathans Vater Joachim, Spitzname Imi – nach ihm haben sich die drei Köpfe hinter dem Projekt benannt – starb vor sechs Jahren früh und unerwartet.

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Der Vater hinterließ ein Weingut in der Pfalz, das schon Jonathans Opa, Uropa und Ururopa bewirtschaftet hatten. Jonathan, seine Frau und ihr Freund Kai beschlossen, ihre Jobs zu kündigen und das Weingut am Leben zu erhalten.

Das Ziel: 15.000 Weinflaschen in Köln herstellen

Dauerhaft in der Pfalz leben wollten sie allerdings nicht – seit fünf Jahren betreiben die drei einen Hofladen in der Körnerstraße in Ehrenfeld, 2019 ist ein zweiter Laden auf der Neusser Straße im Agnesviertel dazugekommen. „Wir wollen organisch wachsen. Im Moment stellen wir 20.000 bis 25.000 Flaschen pro Jahr her, unser Ziel sind 60.000 – davon 15.000 in Köln“, sagt Sommer, der sich um den Vertrieb kümmert.

Bislang leitet er nebenher noch ein kleines Textildruck-Unternehmen, während Svenja Hollerith im Krankenhaus arbeitet und Jonathan als Wein-Berater etwas dazuverdient. In ein paar Jahren wollen die drei allein von ihrem Kölner Weinbau-Betrieb und ihren Hofläden leben.

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