Flughafen Köln/BonnTierisches Bodenpersonal sorgt für Sicherheit und Sauberkeit

Lesezeit 5 Minuten
Ulf Muuß sorgt mit seinen Frettchen dafür, dass Vögel und Kaninchen der Start- und Landebahn fernbleiben.

Ulf Muuß sorgt mit seinen Frettchen dafür, dass Vögel und Kaninchen der Start- und Landebahn fernbleiben.

Köln – Ist Ihnen am Check-in schon mal ein Frettchen begegnet? Oder ein Mini-Schwein vielleicht, wenn es kurz vor dem Boarding ernst wird? Beides ist eher unwahrscheinlich. Lilou arbeitet nämlich erst seit Dezember am Airport von San Francisco und ist dort als Therapieschwein für die gestressten Fluggäste zuständig. Mit rotlackierten Nägeln, Pilotenmütze und Mini-Weste mit dem Aufdruck „Pet Me!“ (deutsch: Streichel mich!) lädt sie gut gelaunt grunzend dazu ein, angestauten Reisestress bei sich zu entladen.

Ulf Muuß (52) lacht herzlich, als er die Geschichte hört. Muuß ist ein Berufsjäger, wie er im Buche steht: kernig, jägergrüner Fleece, Kopfbedeckung, festes Schuhwerk. Er hat keinen Reisestress, wenn er mit Sandy von der Madlage, dem ersten Diensthund des Flughafens Köln/Bonn, und den Frettchen Mucki, Micky, Heidi und Hannah unterwegs ist. „Ich hatte das mit Sandy auch schon einmal überlegt, einfach zum Streicheln für die Kinder“, sagt Muuß und verwirft den Gedanken im gleichen Augenblick: „Nun ja, aber mein Job ist es, hier unten für Sicherheit zu sorgen.“

Neuer Inhalt (1)

Ulf Muuß arbeitet mit seinen Frettchen an der Flugsicherheit auf dem Flughafen Köln/Bonn.

Hier unten, das ist für den Waidmann da, wo das Rollfeld ist: 2015 sind hier mehr als 128000 Flugzeuge gestartet oder gelandet. Damit das stets sicher geschieht, ist der Job von Muuß und seinem Team, dass rund um Start- und Landebahn raubvogelfreie Zone ist. Seit fünf Jahren ist er leitend für die „Bird Control“ des Flughafens zuständig. Man könnte ihn auch Fachkraft für biologische Flugsicherheit nennen, das klingt aber nicht so gut, findet er selbst und lacht wieder. Gemeinsam mit Diensthündin Sandy und seinen vier Frettchen verfolgt er vor allem einen Auftrag: Das Vergrämen von Federvieh, um einen Vogelschlag zu verhindern.

Alles zum Thema Flughafen Köln/Bonn

Die Frettchen halten Raubvögel und Kaninchen vom Gelände fern

„Wir versuchen es den Tieren so ungemütlich wie möglich zu machen“, sagt Muuß. Dazu gehört auch, die Leib- und Magenspeise der Raubvögel von ihrem Speiseplan zu verbannen: Kaninchen. Die Frettchen jagen diese nicht nur aus ihren Bauten, sie verhindern so auch, dass die Kaninchen sesshaft werden und die Böden an Start- und Landebahn aushöhlen, die so an Tragfähigkeit verlieren würden.

Muuß zeigt an diesem frostigen Morgen bei Bilderbuch-Wetter, wie das vonstattengeht. Hündin Sandy zittert vor Jagdlaune. So viel gibt es aktuell allerdings nicht zu jagen: Durch die seit Monaten umgehende Chinaseuche, eine Viruserkrankung, ist der Kaninchenbestand arg dezimiert.

Sandy ist der erste Diensthund des Flughafens Köln/Bonn.

Sandy ist der erste Diensthund des Flughafens Köln/Bonn.

Vielleicht eine halbe Stunde streicht Muuß mit seiner Hündin und den Frettchen durch die winterharte Besenheide, als ein Kaninchen – von Sandy unbemerkt – über das Flughafengelände flüchtet. Die Jagdhündin wittert erst spät und lässt das Tier schließlich bei den Hangars verschwinden. Töten soll sie die Kaninchen nicht. „Wir wollen die Tiere wenn möglich lebendig mit Fallen oder Netzen fangen“, sagt Muuß, „sie werden dann in den Ostharz verkauft und dort wieder ausgesetzt.“

Unterstützung bei der Kaninchenjagd gibt es für ihn und sein Bodenpersonal seit kurzem auch aus der Luft: mehrere Wüstenbussarde und ein Jagdfalke, trainiert von zwei Falknern, verdeutlichen mit ihrer körperlichen Präsenz zu dem Flugplan angepassten Zeiten, dass auf 1000 Hektar Flughafen kein Platz ist für betriebsfremde Vögel wie Taube, Krähe oder Star.

In der Wahner Heide leben sogar Wasserbüffel

Auf den Ausgleichsflächen in der Wahner Heide leben auch Wasserbüffel.

Auf den Ausgleichsflächen in der Wahner Heide leben auch Wasserbüffel.

Innerhalb der Belegschaft dagegen bleibt der Honig, den die etwa 250000 Bienen des Flughafens produzieren. Etwa 100 Kilo sind das pro Jahr – ein geschmackvolles Nebenprodukt. Denn der eigentliche Grund für den Einsatz von Bienen ist das sogenannte „Biomonitoring“: die Kontrolle der Schadstoffbelastung durch den Flugverkehr. Das Verfahren wird von vielen deutschen Flughäfen genutzt, denn die Bienen nehmen Schadstoffe über Wasser und Luft sowie über die Nektar- und Pollenfracht auf.

„Der Honig wird von zwei unabhängigen Instituten untersucht, so können selbst kleinste Luftverschmutzungen nachgewiesen werden“, sagt Ulf Muuß. Das Verfahren ist allerdings nicht unumstritten. Sein Kollege Achim Hopp (57) schmunzelt und ergänzt: „Wir hatten noch nie Rückstände im Honig, der ist einwandfrei und sehr beliebt.“

Hopp ist Leiter der Umweltabteilung und seit 1994 am Flughafen Köln/Bonn. Als sein Baby könnte man die Pflege der Wahner Heide bezeichnen, die als artenreichstes Naturschutzgebiet Nordrhein-Westfalens nicht nur direkt an den Flughafen grenzt, sondern auch zu dessen Gelände zählt. 5000 Hektar groß ist die Wahner Heide, 1000 davon sind Flughafengelände, 650 weitere bringt der Airport seit 1997 als Ausgleichsflächen in das Naturschutzgebiet ein.

Achim Hopp leitet die Umweltabteilung.

Achim Hopp leitet die Umweltabteilung.

400 Ziegen und 900 Schafe bevölkern die Heide

Acht Esel, 60 Rheinische Glanrinder, ein Dutzend Wasserbüffel, 400 Ziegen und 900 Bentheimer Landschafe grasen für die Flächenpflege der Wahner Heide. „Wir wollen so als Unternehmen Verantwortung übernehmen und auch ein Stück weit für die Lärmbelästigung und weitere negative Aspekte des Flughafenbetriebs entschädigen“, sagt Hopp. Der Flughafen entlastet dabei die öffentliche Hand auch finanziell und kümmert sich um die Finanzierung der Maßnahmen, deren strikte Umsetzung auch von einem externen Wissenschaftler begutachtet wird.

Um die 700000 Euro fließen jährlich in die Pflege der Heideflächen. Der Flughafen kooperiert mit drei Landwirtschaftsbetrieben. Einer ist der von Stefan Mohr und Moritz Pechau. Beide arbeiten seit 20 Jahren mit dem Flughafen und haben sich auf ihrem Hof am Rande der Wahner Heide auf die Landschaftspflege mit alten Nutztierrassen spezialisiert. Das Bentheimer Landschaf zum Beispiel, das als die größte Heideschaf-Rasse gilt. „Das ist nicht nur pure Romantik, die Tiere sind an die Region hier auch hervorragend angepasst“, sagt Mohr. Das Bio-Fleisch der Tiere, das der Esel ausgenommen, verkaufen sie später als Wurst und Steak.

Für Ulf Muuß ist der Job in der „Bird Control“ ein Glücksfall. Als Journalist für Jagdmagazine hat er schon geschrieben, in der Baumpflege gearbeitet. „Das hier ist jeden Tag aufs Neue interessant“, sagt er. Dass er sich in Zukunft auch am Flughafen Köln/Bonn mit Therapieschweinen beschäftigen muss, glaubt er nicht. Hier auf dem Weg in den Urlaub einem Frettchen zu begegnen, ist dagegen gar nicht so unwahrscheinlich.

KStA abonnieren