Frauenmorde in KölnFeministin beklagt „männerzentriertes Weltbild“

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Graf Adolf Straße Köln Mülheim

Das Ehepaar lebte in der Graf-Adolf-Straße.

Köln – Der 39-jährige Porzer, der am Samstag seine Lebensgefährtin in ihrer Wohnung in Köln-Lind mit einem Messer erstochen haben soll, könnte noch am Montagabend in Untersuchungshaft gehen. Die Staatsanwaltschaft will bei Gericht einen Haftbefehl gegen den Mann, einen deutschen Staatsbürger, beantragen. Die Ermittler verfolgen Hinweise, wonach die 30-Jährige geplant hatte, sich von ihm zu trennen.

Am Samstag habe sie mit ihm darüber ein Gespräch führen wollen, heißt es. Beide sollen erst seit kurzem liiert gewesen sein. Ob ihr Trennungswunsch auch sein Motiv für die Tat war, ermittelt jetzt die Polizei. Die Frau hinterlässt ein Kind, der Beschuldigte ist aber offenbar nicht der Vater.

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Getötete Frau in Köln: kein Einzelfall

Die Tat in Lind ist bereits die vierte schwere Gewalttat in Köln gegen eine Frau innerhalb der vergangenen beiden Wochen. Drei der Opfer starben. In allen Fällen sind die Tatverdächtigen Männer. Polizei und Staatsanwaltschaft sprechen von einer „zufälligen Häufung“, die Taten stünden nicht miteinander in Verbindung, die Motive der Beschuldigten sind unterschiedlich.

59-Jähriger erschlägt Ehefrau und springt aus dem Fenster

Am 13. April erschlug ein 59-Jähriger in Mülheim nach Angaben der Polizei seine Ehefrau (54) und nahm sich anschließend mit einem Sprung aus dem Fenster selbst das Leben. Was dem vorausging, bleibt womöglich für immer unklar. Weil der Tatverdächtige, ein deutscher Staatsbürger, tot ist, wurden alle weiteren Ermittlungen in dieser Sache eingestellt. Das ist in solchen Fällen üblich.

Beratung und Seelsorge in schwierigen Situationen

Kontakte | Hier wird Ihnen geholfen

Wir gestalten unsere Berichterstattung über Suizide und entsprechende Absichten bewusst zurückhaltend und verzichten, wo es möglich ist, auf Details. Falls Sie sich dennoch betroffen fühlen, lesen Sie bitte weiter:

Ihre Gedanken hören nicht auf zu kreisen? Sie befinden sich in einer scheinbar ausweglosen Situation und spielen mit dem Gedanken, sich das Leben zu nehmen? Wenn Sie sich nicht im Familien- oder Freundeskreis Hilfe suchen können oder möchten – hier finden Sie anonyme Beratungs- und Seelsorgeangebote.

Telefonseelsorge

Unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 erreichen Sie rund um die Uhr Mitarbeiter, mit denen Sie Ihre Sorgen und Ängste teilen können. Auch ein Gespräch via Chat ist möglich. telefonseelsorge.de

Kinder- und Jugendtelefon

Das Angebot des Vereins "Nummer gegen Kummer" richtet sich vor allem an Kinder und Jugendliche, die in einer schwierigen Situation stecken. Erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter 11 6 111 oder 0800 – 111 0 333. Am Samstag nehmen die jungen Berater des Teams "Jugendliche beraten Jugendliche" die Gespräche an. nummergegenkummer.de

Muslimisches Seelsorge-Telefon

Die Mitarbeiter von MuTeS sind 24 Stunden unter 030 – 44 35 09 821 zu erreichen. Ein Teil von ihnen spricht auch türkisch. mutes.de

Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention

Eine Übersicht aller telefonischer, regionaler, Online- und Mail-Beratungsangebote in Deutschland gibt es unter suizidprophylaxe.de

Beratung und Hilfe für Frauen

Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen" ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben. Unter der Nummer 08000 116 016 und via Online-Beratung unterstützen werden Betroffene aller Nationalitäten rund um die Uhr anonym und kostenfrei unterstützt.

Psychische Gesundheit

Die Neurologen und Psychiater im Netz empfehlen ebenfalls, in akuten Situationen von Selbst- oder Fremdgefährdung sofort den Rettungsdienst unter 112 anzurufen. Darüber können sich von psychischen Krisen Betroffene unter der bundesweiten Nummer 116117 an den ärztlichen/psychiatrischen Bereitschaftsdienst wenden oder mit ihrem Hausarzt Kontakt aufnehmen. Außerdem gibt es in sehr vielen deutschen Kommunen psychologische Beratungsstellen. 

An Ostermontag kam eine 36-jährige Mutter zweier kleiner Kinder in einer Wohnung in Nippes gewaltsam ums Leben – mutmaßlich erstochen von ihrem Ehemann (39). Die Familie ist syrischer Abstammung, der Mann soll bisherigen Ermittlungen zufolge nicht akzeptiert haben, dass seine Frau sich für einen neuen Lebensgefährten entschieden hatte. Der Beschuldigte könnte sich „in seiner Ehre verletzt gefühlt haben“, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer.

Und vorige Woche Freitag ging ein 25-jähriger Mann in den Opernpassagen mit einer Schere auf eine Rentnerin los. Die 77-Jährige überlebte schwer verletzt. Der mutmaßliche Täter wurde gefasst, die Polizei beschrieb ihn als „psychisch auffällig“. Er und sein Opfer kannten sich vorher wohl nicht.

„Geschlechterbasierte Gewalt ist Alltag“

Zumindest aber die drei Fälle, in denen Opfer und mutmaßliche Täter in einer – wie auch immer gearteten – Liebesbeziehung standen, lassen unter anderem Feministinnen und Feministen abermals vor geschlechterbasierter Gewalt gegen Frauen warnen. „Auch wenn sich die Täter untereinander nicht kannten und nichts miteinander zu tun hatten, eint sie der Besitzanspruch, das verletzte Ehrgefühl, das sie gegenüber ihren Opfern gegenüber. Das hat ihnen das Gefühl gegeben, der Frau oder der Freundin das Leben nehmen zu dürfen“, sagt Sarah Thibol vom Frauenkollektiv Köln. Verbindend ist das Denken „wenn wir kein gemeinsames Leben mehr führen sollen, dann darfst du gar kein Leben mehr führen“, sagt Thibol.

Motivlage bei Taten in Köln unterschiedlich

Auch wenn sich die Motivlage bei den jüngsten Taten in Köln unterscheidet, liege ihnen ein „männerzentriertes Weltbild“ zugrunde, führt Thibol weiter aus, sagt aber auch: „Daraus, dass es jetzt mehrere solcher tragischen Fälle in Köln gab, würde ich nicht darauf schließen, dass es eine generelle Häufung gibt. Geschlechterbasierte Gewalt ist das ganze Jahr über Alltag in Deutschland.“

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