Für Geld von VersicherungDrei Geschwister provozieren gezielt Autounfälle in Köln

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Unfall Symbol

Symbolbild

Köln – Die Masche verursacht der Versicherungswirtschaft jährlich einen Schaden in Milliardenhöhe: „Autocrasher“ provozieren im Straßenverkehr gezielt Unfälle und streichen von den Versicherungen der anderen Autofahrer Geld ein. Oft ist das Vorgehen ein Werk von Banden. In dem Prozess um Betrug und Gefährdung des Straßenverkehrs, der am Montag vor dem Kölner Landgericht begonnen hat, mussten sich drei Geschwister verantworten. Gegen zwei von ihnen, einen 37-jährigen Mann und eine 42-jährige Frau, wurde nach einer Verständigung das Verfahren eingestellt, nachdem sie zugegeben hatten, beteiligt gewesen zu sein; zuvor hatten sie als Auflage je 500 Euro an die Staatskasse gezahlt.

Der Hauptangeklagte Gerd H. (40, Name geändert), gegen den weiterverhandelt wird, muss mit einer Bewährungsstrafe zwischen 21 und 24 Monaten rechnen. Davon sollen elf Monate erlassen werden wegen „rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung“, denn die Taten liegen etliche Jahre zurück. In manchen Anklagepunkten wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt, weil sie bei einer Verurteilung nicht maßgeblich ins Gewicht fallen würden.

Kölner verwickelt immer wieder Autofahrer in Unfälle

Auch Gerd H. legte ein Geständnis ab. Der Anklage zufolge hat er von 2008 bis 2011 immer wieder nichtsahnende Autofahrer in Unfälle verwickelt. Das geschah wiederholt auf Kölns größtem Kreisverkehr, dem Niehler Ei. Gerd H. saß am Steuer von Fahrzeugen, die auf einen Onkel oder seine Schwester angemeldet waren. Mal wechselte er abrupt die Spur, um es zur Kollision kommen zu lassen, mal bremste er plötzlich ab, oder er beschleunigte und fuhr auf. Weitere Orte von Unfällen waren zum Beispiel die Autobahn A1, die Neusser Straße, die Industriestraße in Niehl und die Boltensternstraße in Riehl.

Auch vor Lkws machte Gerd H. nicht Halt; einmal soll sich ein Laster in der Beifahrertür verhakt und den Wagen, in dem Gerd H. saß, zwei Meter mitgeschleift haben. Ein anderes Mal nutzte er der Anklage zufolge einen Moment, in dem eine Frau versuchte, ihr Auto in eine zu enge Lücke einzuparken, und provozierte einen Zusammenstoß. In der Regel hatte es offenbar Erfolg, gegenüber den Versicherungen der Unfallgegner Ersatzansprüche geltend zu machen.

Prozess in Köln: Unfälle „billigend in Kauf genommen“

„Sie hätte merken sollen, dass etwas nicht in Ordnung ist, und Einhalt gebieten müssen“, räumte der Verteidiger der Schwester ein. Es tue ihr Leid, das Verfahren habe sie sehr belastet. Ähnlich äußerte sich der Anwalt, der für den Bruder des Hauptangeklagten sprach. Sein Mandant sei zwar selber an zwei Unfällen beteiligt gewesen, habe sie aber „nicht mit Absicht herbeigeführt“, sondern nur „billigend in Kauf genommen“. Gerd H. hatte seinerzeit einen polnischen Führerschein. Der wurde 2011 beschlagnahmt; nach einem Gerichtsbeschluss bekam er ihn wieder.

Seit dem vorigen Jahr hat er wieder eine deutsche Fahrerlaubnis; die erste war 2006 wegen Trunkenheit am Steuer kassiert worden. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters nach dem Motiv der Taten erwiderte der Angeklagte, der heute in einem Hausmeisterservice mitarbeitet: „Gute Frage: Warum“. Er habe schlicht Geld gebraucht. Zweiter und letzter Verhandlungstag ist der Donnerstag dieser Woche.

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