„Ich selbst bin total karnevalsjeck“

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Ich heiße Anne Kuras und bin elf Jahre alt. Ich bin ausgesucht worden, weil ich ehrenamtlich im Seniorenheim helfe. Ich rede mit den Leuten, oder manchmal helfe ich auch beim Essenmachen.

Meine Uroma wohnt ziemlich weit weg von hier, deswegen sehe ich sie nicht so oft. Aber immer, wenn wir sie besucht haben, hat sie sich ganz doll gefreut, mich zu sehen. Auf meinem Schulweg – ich bin im FWG und wohne in der Altstadt – komme ich jeden Tag an einem Seniorenheim vorbei. Irgendwann habe ich gedacht, dass es da bestimmt auch Omas gibt, die nicht so oft Besuch kriegen, weil sie vielleicht nur wenige Verwandte haben. Das fand ich voll schade.

Ich habe dann immer wieder meine Mutter gefragt, ob ich da nicht ab und zu hingehen kann. Als sie gemerkt hat, dass ich es wirklich ernst meine, hat sie dort angerufen und sich erkundigt, ob ich auch Besuche machen kann, ohne Verwandte dort zu haben.

Da ist ein Herr im Seniorenheim St. Georg, der ist zuständig für die Ehrenamtler. Meine Mama hat dann auch besprochen, dass die mich betreuen, etwa wenn jemand stirbt, das kommt im Altenheim ja schon mal vor. Dass ich mit sowas nicht allein gelassen werde. Meine guten Freunde finden das total gut, dass ich das mache. Aber es gibt auch welche in der Klasse, die sagen, dass das doch totaler Schwachsinn ist. Mir macht das trotzdem Spaß.

Jetzt gehe ich da seit etwa einem Jahr meistens einmal in der Woche hin. Wenn ich mit Schule und Hausaufgaben fertig bin, so um vier. Ich bespaße die alten Leute dann so bis fünf. Im Altenheim haben die das so unterteilt in verschiedene Etagen, aber ich gehe meistens zu einer bestimmten Gruppe. Die sind dann nicht immer alle da, weil vielleicht welche auf dem Zimmer sind, oder später dazu kommen. Die freuen sich, wenn ich da bin, weil ich dann sowas wie ein Enkel bin. Ich rede mit denen, und erzähle, was so passiert. Ich habe auch schon Poldi, meinen Labrador, mitgenommen. Da freuen die sich noch mehr und streicheln ihn oder schenken ihm Kekse. Manche erzählen mir dann, dass sie Besuch hatten von Verwandten, und was die so erzählt haben.

Aber es gibt auch welche, die hatten noch nie Besuch. Bei denen bin ich dann öfter. Manchmal gehe ich auch zu Einzelnen aufs Zimmer. Die fragen mich dann, wie es in der Schule so ist. Manchmal haben wir auch Themen, in der Adventszeit reden wir über Weihnachtsbräuche. Wenn sie sich noch dran erinnern können, erzählen sie Geschichten von früher. Eine Frau, die nicht von hier kam, hat erzählt, dass sie zum Karneval nach Köln gekommen ist. Das hat ihr so gut gefallen, dass sie regelmäßig wiedergekommen ist. Und jetzt lebt sie hier, im Seniorenheim.

Ich selbst bin total karnevalsjeck, deswegen freue ich mich sooo auf den Zoch. Ich bin schon zweimal mit der Montessori-Grundschule bei den Schollzöch mitgegangen, und dieses Jahr gehe ich zum ersten Mal mit dem FWG – die Fünftklässler dürfen leider nicht. Sonntag ist dann mein Training für Montag.

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