Gerling-Quartier„Kein Ghetto für Millionäre“

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Am Gerling-Quartier ist die erste Bauphase abgeschlossen. Nun wurde Richtfest gefeiert.

Am Gerling-Quartier ist die erste Bauphase abgeschlossen. Nun wurde Richtfest gefeiert.

Köln – Ein Taxifahrer, der Christian Riener vor ein paar Monaten vom Flughafen Köln-Bonn zum Gerling-Quartier chauffierte, hat bei dem Projektleiter einer der größten Baustellen der Stadt unfreiwillig einen bleibenden Eindruck hinterlassen. „Ich habe ihn gefragt, ob er mir sagen könne, was da gebaut wird. Und seine Antwort war: »irgendeine Seniorenresidenz«.“

Um diesem Eindruck entgegenzutreten, hat die österreichische Immofinanz-Gruppe knapp zwei Monate nach der vollständigen Übernahme des 400 Millionen Euro teuren Bauprojekts zum Richtfest die komplette Chefetage aufgeboten.

Der Anlass: 40 Prozent der Rohbauten des ersten Bauabschnitts sind fertiggestellt. Davon konnte sich am Dienstag auch Oberbürgermeister Jürgen Roters überzeugen. Das Gerling-Quartier werde „kein Ghetto für Millionäre“, sagt Projektleiter Riener. Mit dem Spruch „Marienburg war gestern. Heute ist Gerling-Quartier“ werbe man erfolgreich um jüngere Zielgruppen. Die allerdings auch nicht schlecht verdienen dürfen. Unter 5000 Euro pro Quadratmeter ist beim Kauf einer Eigentumswohnung nichts zu machen.

Die Immofinanz-Gruppe hat nach der Trennung von der Frankonia-Eurobau die Strategie komplett geändert. Die Wohnungsgrößen wurden den Bedürfnissen des Kölner Markts nach unten angepasst, sie liegen jetzt zwischen 80 und 120 Quadratmetern. Bei den Bauarbeiten konzentriert man sich voll auf die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts mit jeweils fünf Wohn- und Gewerbegebäuden einschließlich des ehemaligen Gerling-Hochhauses. Nach langen Verhandlungen mit dem Denkmalschutz seien die Loggien für die Wohnungen im Hochhaus jetzt genehmigt, sagt Riener. „Wir haben allein für dieses Gebäude 100 Voranfragen. Wir mussten die Interessenten vertrösten, weil bisher nicht klar war, ob wir die Loggien errichten können. Jetzt werden wir im Dezember mit der Vermarktung beginnen.“

Allein im Gerling-Haus wird es 43 Wohnungen mit Größen ab 60 Quadratmeter geben, die beiden obersten Stockwerke werden zu Maisonette-Wohnungen mit je 300 Quadratmetern. Darüber liegt noch das Penthouse mit rund 400 Quadratmetern Wohnfläche. Zum Preis für diese Luxuslage schweigt der Projektleiter. „Ich kann nur sagen, dass wir Interessenten haben, die mehr bieten als ich erwartet hätte.“ Und Eduard Zehetner, Vorstandsvorsitzender der europaweit agierenden Immofinanz-Gruppe, ergänzt: „In Moskau zahlen sie für solche Lagen 100 000 Dollar – pro Quadratmeter.“

Ganz so teuer dürfte es im Gerling-Quartier doch nicht werden. Trotz gehobener Preise läuft die Vermarktung nach Angaben Rieners für die drei Gebäude, in denen bereits Wohnungen angeboten werden können, ausgezeichnet. „40 Prozent sind bereits verkauft.“ Den Käufern, die zuletzt in Sorge waren, jahrelang auf einer Baustelle leben zu müssen, habe man versichert, dass der nördliche Teil des Gerling-Quartiers „spätestens Anfang 2014 fertig ist“.

Anspruchsvolles Vorhaben

Das Gerling-Quartier sei für die Immofinanz-Gruppe eine Herausforderung. Schließlich sei es nicht irgendeine Immobilie, „sondern ein sehr anspruchsvolles Vorhaben, mit wir in Deutschland unsere Kompetenz unter Beweis stellen wollen“, so Zehetner.

Vor dem Gerling-Haus werde im Gereonshof ein neuer Stadtplatz mit Restaurants und Geschäften entstehen, ergänzt Architekt Johannes Kisters, der den Gerling-Masterplan erstellt hat. Man habe den Anspruch, die stadträumliche Qualität des Quartiers sichtbar zu machen. „Das ist eine Totalerneuerung auf hohem Niveau.“

Der südliche Bauabschnitt mit fünf Gewerbeimmobilien soll im kommenden Jahr in Angriff genommen werden. Noch sei nicht klar, wie der Rundbau, der Jahrhundertsaal, das Hufeisengebäude und die so genannte Globale am Hildeboldplatz, in der Hans Gerling residierte, genutzt werden.

Das ehemalige Stadtarchiv ist an einen Kölner Investor verkauft worden. Er will es zu einem Boarding-Haus umbauen. Oberbürgermeister Jürgen Roters zeigte sich beim Richtfest erleichtert über den Fortschritt. Das Gerling-Quartier sei für Köln von „erheblicher Bedeutung“. Die Verschmelzung historischer Baukunst mit moderner Architektur „zu einem ganz neuen Stil“ mache es einzigartig in Deutschland.

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