Orthopädische Schuhe in Köln„Etwa 80 Prozent der Frauen kaufen ihre Schuhe zu klein“

Lesezeit 3 Minuten
Franz Claßen in seiner Werkstatt

Franz Claßen in seiner Werkstatt

Köln – Franz Claßen und sein Sohn Jan sind zwei Männer, die gerne lachen. Doch beim Anblick manch eines Schuhwerks könnten ihnen schier die Tränen kommen. „Circa 98 Prozent der Menschen haben gesunde Gliedmaßen, wenn sie auf die Welt kommen. Doch mit 14 oder 15 hat ein Großteil bereits Schädigungen“, sagt der Mann, der über gleich zwei Meisterbriefe verfügt: einer zeichnet ihn als Schuh- der andere als Orthopädie-Schuhmachermeister aus. Klar, dass er andere Leute erst mal in Bodennähe taxiert.

Schuhe werden zu klein gekauft

Knick- oder Plattfüße bereits bei Jugendlichen seien keine Seltenheit mehr, inzwischen erlebe man auch immer häufiger Hohlfüße. Etwa 80 Prozent der Frauen, so schätzt der Experte, kaufen ihre Schuhe eine Nummer zu klein. Um sich Platz zu schaffen, sei der Mittelfuß praktisch gezwungen, ein wenig abzuheben. Hört man Claßen zu, kann man nur den Eindruck gewinnen, als stünden die beiden Dinger, die zuletzt an unseren unteren Extremitäten dranhängen, in unserer Wahrnehmung ganz weit hinten, obwohl sie es sind, die uns durch ein ganzes Leben tragen müssen.

An Schäden und Verformungen sei die Industrie allerdings nicht ganz unschuldig, sagen Vater und Sohn Claßen übereinstimmend. Manchmal gehe der Schuss auch deshalb nach hinten los, „weil bestimmte Dinge verschwiegen werden“. Etwa, dass die in Mode gekommenen, federleichten „Barfuß-Schuhe“ nur so lange akzeptabel seien, solange sich der Träger auf weichem Boden bewege und nicht auf Asphalt. Dass den beiden Fuß-Spezialisten der ehemalige Außenminister Joschka Fischer ein Dorn im Auge ist, weil er den Turnschuh salonfähig gemacht hat, kann man sich in dem Zusammenhang denken.

Viele Schmerzen hängen mit dem Schuhwerk zusammen

„Wenn man den Füßen so viel Beachtung schenkte, wie den Zähnen, könnten in unserem Gesundheitssystem Milliarden eingespart werden“, sagt Jan Claßen . Genau wie sein Vater erkennt der 33-Jährige bereits am Gang, welche orthopädischen Probleme ein Kunde hat. Die Leute klagten beim Arzt über Fußschmerzen und ahnten nicht, wie stark Schmerzen an der Wirbelsäule, Muskelverspannungen oder Gelenkprobleme an Hüfte oder Knie mit dem Schuhwerk zusammenhingen.

„Unsere Hauptarbeit besteht darin, Disbalancen auszugleichen“, betont Claßen Senior, der sein Handwerk anfangs im 1948 gegründeten, väterlichen Betrieb in Kerpen-Buir gelernt hat. Dort und in Bensberg hat das Unternehmen, das viele Jahre an der Venloer Straße ansässig war, noch immer eine Filiale. Das Diagnosezentrum und die Maßanfertigung befindet sich indes im Mediapark.

Die Werkstatt

Claßen, Diagnosezentrum und Werkstatt für Maßschuhe und Präzisionseinlagen

Im Mediapark 4D.

Telefon: 02 21/52 61 10.

Öffnungszeiten: montags bis freitags 9 bis 18 Uhr.

www.classen-ortho.de

„Was uns besonders macht, ist die Tatsache, dass unsere Einlagen nicht industriell vorgefertigt sind und dass ein fertiger Rohling nur auf die Fußlänge angepasst wird. Wir stellen die Einlage für jeden Kunden zehntelmillimetergenau auf den Fuß angepasst her“, sagt Claßen und erwähnt in dem Zusammenhang die besondere Messtechnik mittels eines 3D-Scanners.

Das könnte Sie auch interessieren:

Natürlich würden sich beide Claßens öfters Kunden wünschen wie ihren über 80-jährigen Stammkunden, der sich innerhalb von vier Jahren 30 Paar Maßschuhe hat anfertigen lassen – inklusive weiß besohlter Bootsschuhe. Der sei halt ein richtiger Fetischist und zahle 2000 Euro pro Paar“, so Jan Claßen. Es geht allerdings auch preiswerter. Die Meisterwerkstatt stellt nämlich auch Flip-Flops nach Maß her.

KStA abonnieren