„Menschen fühlen sich hilflos"Aktivisten demonstrieren gegen hohe Mieten in Köln

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Die Demonstrierenden machten auf steigende Mieten im rechtsrheinischen Köln aufmerksam.

Kalk – Laut Mietspiegel ist der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Mietwohnungen im Stadtteil Kalk in den vergangenen drei Jahren um knapp 15 Prozent gestiegen, von 9,70 Euro auf 11,14 Euro. In Mülheim sieht es nicht besser aus: Dort stieg der Preis im gleichen Zeitraum um über zehn Prozent von 10,71 Euro auf 11,81 Euro.

Grund genug für das Solidaritätsnetzwerk Köln, mit einer Demo durch die beiden Stadtteile am bundesweiten Aktionstag der Solidaritätsnetzwerke in Deutschland teilzunehmen. Er stand unter dem Motto: „Nach der Wahl ist vor der Mieterhöhung – helfen wir uns selbst bei Mietproblemen!“

Arbeiterinnen und Arbeiter besonders betroffen

Am Kalker Markt konnten die Veranstalter rund 40 Menschen zu einer Auftaktkundgebung begrüßen, darunter Vertreter von Initiativen und Organisationen. Das Kölner Solidaritätsnetzwerk wurde vor etwa drei Jahren gegründet, Kalk ist ein Schwerpunkt der Aktivitäten, wie Netzwerk-Mitglied Tim Losowski erklärt: „Es geht um Probleme von Arbeitern, im Beruf zum Beispiel, mit der Verwaltung und bei der Miete selbstverständlich. Von den ständig steigenden Mieten und der Verdrängung aus ihren Veedeln sind Arbeiter in besonderer Weise betroffen, weil die Reallöhne sinken.“

Ohnehin müssten sie einen Großteil ihres Verdiensts für die Miete ausgeben, aber dieser Anteil wachse derzeit ständig an. Hinzu kämen häufig Auseinandersetzungen mit Vermietern, die bei den Nebenkosten tricksten, um noch mehr Geld herauszuschlagen. Oft würden auch notwendige Reparaturen hinausgezögert, und bei Protesten drohe die Zwangsräumung.

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„Oft fühlen sich Menschen in solchen Situationen hilflos und allein. Daher haben wir hier am Kalker Markt und in der Stegerwaldsiedlung in den vergangenen Wochen Mietertreffs organisiert, um die Anwohner über ihre Rechte aufzuklären.“ Wenn es hart auf hart kommt, könne das Solidaritätsnetzwerk Anwälte vermitteln.

So helfe das Netzwerk beispielsweise einer Mieterin in der Stegerwaldsiedlung im Rechtsstreit wegen Schimmelbildung gegen das Wohnungsunternehmen Dewog, die GAG habe man im vergangenen Dezember von der Zwangsräumung einer Kalker Wohnung abhalten können. Auch die Vonovia habe einen lange defekten Aufzug repariert, als das Solidaritätsnetzwerk mit Flyern auf den Missstand aufmerksam machte.

Kritik an Spekulanten

Die Redebeiträge einiger Teilnehmer an der Demo sind grundsätzlicher. Sie kritisieren, dass das menschliche Grundbedürfnis nach einem Dach über dem Kopf Gegenstand von Geschäftemacherei und Spekulation geworden sei und die Politik untätig zusehe. Es sei ein Irrglaube, dass der Markt alles regelt, sagt ein Mitglied der Jugendorganisation Young Struggle. „Das führt nur dazu, dass Menschen, die ihre Wohnung verlieren, an ihrem Wert zweifeln und sich für Versager halten.“

Andere weisen darauf hin, dass die Obdachlosigkeit aufgrund der explodierenden Mieten auch in Köln zunehme, oder geben zu bedenken, dass die Konkurrenz um bezahlbaren Wohnraum rassistisches Denken fördere. „Gerade Frauen haben oft große Probleme, denn sie verdienen durchschnittlich immer noch weniger als Männer. Wenn sie zum Beispiel in einer gewalttätigen Beziehung leben, können sie da oft nicht raus, weil sie kein Geld für eine eigene Wohnung haben“, sagt Charlotte Waldeck vom Frauenkollektiv.

André Salentin vom Verein Obdachlose mit Zukunft hat auf seinem Lastenrad vegane Brötchen für alle mitgebracht, auf seinem Plakat steht: „Kein Kampf ohne Mampf“. Aus einem Lautsprecher kommen Reggae-Klänge und „Bella Ciao“. Dann versammeln sich die Teilnehmer hinter dem Transparent mit der Aufschrift „Mietenwahnsinn stoppen“, und es geht los.

Tim Losowski gibt über Megafon die Sprechchöre vor: „Was das Veedel braucht: Mieten runter, Löhne rauf.“ Passanten klatschen Beifall, auf einigen Balkons des Evangelischen Krankenhauses stehen Menschen und winken. 

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