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Marode GebäudeOdyssee für Kölner Förderschüler – Kinder werden hin und her geschoben

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Der Haupteingang des Gebäudes Gymnasium Brügelmannstraße in Deutz

Wegen Raummangels an ihren eigentlichen Schulen müssen Förderschüler aus drei Einrichtungen ins Interim im Gymnasium Brügelmannstraße in Deutz. 

75 Förderschulanfänger dreier verschiedenerer Einrichtungen werden sich Räume an der Neuerburgstraße in Kalk teilen. Allerdings erst im übernächsten Schuljahr. 

Wegen der Raumnot an drei der vier Kölner Förderschulen Geistige Entwicklung (GE) drohte der GAU bei der Bereitstellung von Schulplätzen, einer kommunalen Pflichtaufgabe: Es bestand die Gefahr, dass etwa 75 neu angemeldete Kinder mit GE-Förderschwerpunkt im kommenden Schuljahr nicht untergebracht werden können. Schon 2024 hatte die Verwaltung eine ämter- und ressortübergreifende „Task Force“ für die Suche nach zusätzlichen Räumlichkeiten eingerichtet, doch erst kurz vor den Sommerferien konnte das Presseamt der Stadt eine Lösung vermelden.

Demnach sollen sich Schulneulinge, je drei Klassen aus dem Einzugsgebiet der Schulen Kolkrabenweg in Vogelsang und Auf dem Sandberg in Poll sowie eine Klasse aus dem Einzugsgebiet der Schule Auf dem Sandberg in Wahnheide, das Schulgebäude in der Neuerburgstraße 19 in Kalk teilen. Die Container-Anlage mit 14 Klassenräumen plus vier Räumen für Differenzierungsklassen wurde bis zur Fertigstellung des Neubaus an der Dillenburger Straße von der Gesamtschule des Erzbischöflichen Bildungscampus genutzt.

Gymnasium Brügelmannstraße in Köln-Deutz wird Interimsstandort

Um es für den besonderen Bedarf der Förderschüler herzurichten sind allerdings noch Arbeiten erforderlich, die nicht zum Beginn des Schuljahres 2025/26 abgeschlossen sein werden. Im kommenden Schuljahr sollen die Klassen der Förderschulen daher zunächst Räume des Gymnasiums Brügelmannstraße 10 in Deutz nutzen. Dies sei möglich, so der Sprecher der Stadt, weil das Gymnasium Brügelmannstraße und die Gesamtschule Kalk, die dort ebenfalls untergebracht sind, im Schuljahr 2025/26 jeweils nur mit ihrem fünften Jahrgang starten. Sie nehmen daher wenige Räume in Anspruch.

Außenansicht der Kolkrabenschule

Außenansicht der Kolkrabenschule in Vogelsang, Schüler der Schule sollen jetzt nach Deutz pendeln, später nach Kalk.

Ein Umzug der Förderschul-Klassen nach Kalk soll dann nach den Sommerferien 2026 erfolgen, ein Wechsel im Laufe des Schuljahres wird „als nicht zumutbar erachtet“, da diese Schülergruppe „einen äußerst behutsamen Umgang“ erfordere. Das ist nachzulesen in einer Beschlussvorlage, mit der die Integrierte Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanung noch vor Ferienbeginn den Teilstandort Neuerburgstraße vom Rat und von den zuständigen Bezirksvertretungen absegnen ließ.

Viele Förderschüler haben Störungen des Autismus-Spektrums

Cristina Tettamanzi, Schulpflegschaftsvorsitzende am Kolkrabenweg, geht aber davon aus, dass schon der Wechsel nach einem Jahr von Deutz nach Kalk „sehr belastend“ für die Schüler sein wird. In vielen Fällen lägen Störungen des Autismus-Spektrums vor, „die Kinder brauchen Zeit, um sich an den Ort und die Routinen zu gewöhnen.“ Und in der Neuerburgstraße sind die Bedingungen alles andere als optimal: Der Parkplatz der Schule etwa sei „nur für Standard-Pkw dimensioniert“, Spezialfahrzeuge für die Beförderung behinderter Schüler könnten dort gar nicht halten, heißt es in der Vorlage. Immerhin werde die Einrichtung eines Halteverbotsbereichs in Betracht gezogen, der aber begrenzt bleibe: „Eine Erweiterung wäre nur zulasten des öffentlichen Parkens möglich.“

In der Vorlage wird auch eingeräumt, dass die Fahrwege für die Schüler aus dem Einzugsgebiet der Schule am Kolkrabenweg „recht lang“ seien und über den Rhein führten: „Es kann sowohl morgens als auch nachmittags zu Stausituationen kommen.“ Eine Stellungnahme der „Eil-Schulkonferenz“ der Vogelsanger Schule zur Vorlage redet Klartext: Man müsse „von Fahrzeiten ausgehen, die für Kinder nicht tragbar und nicht verantwortbar sind.“

Ohnehin, so die Schulkonferenz, könne man aufgrund der kurzfristigen Entscheidung für den Standort Neuerburgstraße nicht davon ausgehen, dass der Schulspezialverkehr rechtzeitig zu Beginn des Schuljahres funktionieren werde. Auch, was die Erstellung von Personaleinsatz- und Vertretungsplänen angehe, stehe die Schulleitung wegen der späten Entscheidung vor großen Herausforderungen. Und Eltern, die erst spät über den Schulort ihrer Kinder informiert werden, seien stark verunsichert.

Vor allem aber ist die Förderschule Kolkrabenweg wegen des allgemeinen Platzmangels und zusätzlich wegen Sanierungsarbeiten aufgrund einer Schadstoffbelastung des Gebäudes jetzt schon auf drei Standorte verteilt. Das zergliedere die Schulgemeinschaft „massiv“, gibt die Schulkonferenz zu bedenken. Ab dem kommenden Schuljahr werden es vier Standorte sein, zudem sei derzeit unklar, wann die Schüler von diesen Standorten, die allesamt nur zeitlich begrenzt zur Verfügung stehen, wieder an den Kolkrabenweg zurückkehren können. In der Vorlage ist eher vage von einer Suche nach „Folgelösungen“ für die Teilstandorte die Rede.

Weil es derzeit die einzige Möglichkeit sei, den betroffenen 75 Kindern einen Schulplatz zu garantieren, so Cristina Tettamanzi resigniert, sei „eine Ablehnung der Beschlussvorlage rein menschlich nicht möglich“. Das sah man auch bei der Ehrenfelder Bezirksvertretung (BV) so, die sich angesichts der Kürze der Zeit nicht in der Lage sah, inhaltlich zu entscheiden. Man gab die Vorlage ohne Votum an den Rat weiter, der ihr zustimmte. Die BV sucht nun das Gespräch mit der Fachverwaltung.